Backstage bei der Oberneulander Speeldeel

Geheime Orte

Jeden Herbst amüsieren sich Hunderte von Zuschauern über die Aufführungen der Oberneulander Speeldeel.
Wie aber sieht es dabei hinter der Bühne aus? Das wollte Redakteur Eberhard Matze als heimlicher Besucher der Komödie Sluder Tanten Theater zu gerne wissen. Also war er eine dreiviertel Stunde vor Beginn dort und schaute sich neugierig um.

Richtig eng kann es zugehen, besonders direkt hinter den Kulissen. Da kommen kaum zwei Leute aneinander vorbei. Aber noch ist es nicht so weit. Erst einmal hat Gabi Zwickies alle Hände voll zu tun. Sie ist heute dran mit der Maskierung. Zum Glück hat dieser Raum genügend Platz. Mit einem großen Spiegel, Schminktisch, mehreren Stühlen und einer Kaffee-Ecke. Hier warten nachher auch die Akteure auf ihren nächsten Auftritt. Nennen wir ihn einfach Aufenthaltsraum. Sabine Junge ist am Spiegel als Erste dran, doch Britta Braun darf ebenfalls nicht warten, mit den beiden beginnt die erste Szene.
Mittlerweile sind die Plätze im Saal besetzt. Michael Blome tritt heraus, begrüßt die Zuschauer und wünscht allen einen vergnüglichen Abend. Das hat hier schon Tradition. Gleich hinter der Tür sitzt Rolf Junge. Er hat alles im Blick. Auf vier Monitoren kann er sowohl die Bühne als auch den Zuschauerraum sehen. Er ist wohl hier der Inspizient: „Nö, der Technik-Affe“, raunt es aus dem Hintergrund. Jedenfalls muss er jetzt für den reibungslosen Ablauf sorgen. Sofort spielt er die Musik ein. Udo Jürgens, das „Ehrenwerte Haus“. Und Friedel Blome dreht an der Kurbel: Der Vorhang geht auf, das Spiel beginnt. „Pass auf, dass dich niemand sieht“, mahnt Spielleiter Michael Blome, während ich jetzt hinter der Bühne von einem Winkel zum anderen schleiche. Zusätzlich muss ich darauf achten, keinem im Wege zu stehen. Charlie Brockhoff zum Beispiel, der gleich am Fenster erscheinen muss und Kirsten Böschen mit ihrer Posttasche. Das mit den Fenstern an den Seiten der Bühne ist neu bei diesem Stück. Charlie und Britta Braun, auch Lena Ziganke, müssen sich weit hinaus lehnen, damit sie selbst von den Zuschauern, die auf genau der gleichen Seite sitzen, wahrgenommen werden.

Inzwischen habe ich mich zu Ursel Blome vorgearbeitet. Sie sitzt in einem Kabuff dicht neben der Bühne, hat den Text vor sich und liest ihn ständig halblaut mit. Sie ist die Souffleuse. Durch einen schmalen Spalt und auf einem Monitor erkennt sie, was auf der Bühne los ist und wann sie helfen muss. Ein einfacher Job? – Denkste! Sie hat ein Mikrofon neben sich liegen und sagt die Szenen an: „Am nächsten Morgen“. Spielt aber auch in diesem Stück aktiv eine Rolle, nämlich die der Oma Wisch, die keiner sieht. Die sich aber lautstark bemerkbar macht, wenn ihr etwas nicht passt. Dazu muss sie die Stimme erheben. Und wo wir gerade bei Ursel Blome sind: Anna Kooken und Hilde Pott (also Britta Braun und Sabine Junge), die beiden Klatschtanten im Stück, treffen sich dort zum gemeinsamen Kaffeetratsch mit Pottkooken. Genau dieser Kuchen ist nämlich echt, und niemand anderes als Ursel Blome bringt den immer wieder frisch gebacken von zu Hause mit!
Mittlerweile hat Gabi Zwickies weiter zu tun. Sie muss dem Claus Deters eine neue Perücke verpassen. Mit Lockenwicklern! Zur selben Zeit im Umkleideraum wechseln Lena Ziganke und Charlie Brockhoff in Windeseile schon wieder die Kostüme – fünf Mal passiert das in diesem Stück. Michael Blome kommt dazu. Während Waltraut Wedemeyer in ihrem schicken grünen Kostüm das bereits hinter sich hat und auf den nächsten Auftritt wartet. Neben der Uhr in diesem relativ ruhigen Raum wie auch im Umkleidezimmer zeigt ein Monitor an, wie weit die auf der Bühne sind.

Während der Pause treffen sie sich bei der Regie zum Verschnaufen. Nach zehn Minuten werden sie unruhig. Wo ist Rolf abgeblieben? Der muss doch klingeln, damit die Zuschauer wieder ihre Plätze einnehmen. Und schon drückt jemand auf den Knopf (ich verrate nicht, wer). Rolf kommt zurück: „Klingeln tu ich!“, schimpft er halb empört. Ja, nichts bleibt dem Zufall überlassen. Selbst für das Verhalten beim Applaus gibt es klare Anweisungen: Licht aus und Vorhang zu / alle in Reihe und zweimal verbeugen / Vorhang wieder zu, alle ab / einzeln auftreten und verbeugen / gemeinsam rufen: Oma Wisch! / Auftritt Ursel in der Mitte, verbeugen / gemeinsam verbeugen / Vorhang nochmals schließen / nach Bedarf wieder öffnen. Ehrlich gesagt: Vom Stück selbst habe ich nicht allzu viel mitbekommen. „Aber zuletzt musst du nach draußen gehen. Die stehen da allesamt auf der Bühne und starren durch ihre Ferngläser“. Gesagt, getan …

Text und Foto: Eberhard Matzke