Als Annemarie Mevissen ihre Zeichnungen ausstellte

„Halten Sie hier doch mal an, ich möchte etwas zeichnen“, so ungefähr sprach Annemarie Mevissen zu ihrem Chauffeur auf dem Heimweg nach Oberneuland. Dass sie über einen eigenen Fahrer verfügte, verdankte sie ihrer Position im Bremer Senat. Von 1951 bis 1975 war sie Senatorin, die sich vorrangig den Belangen der Jugendlichen widmete. Acht Jahre davon fungierte sie als Bürgermeisterin. Überregional bekannt wurde sie bei ihrem Auftreten anlässlich der Straßenbahnunruhen 1968 – als es Jugendlichen gelang, den Betrieb der Bremer Straßenbahn wegen einer Tariferhöhung stillzulegen. Die Lage drohte zu eskalieren. Da kletterte Annemarie Mevissen auf eine Streusandkiste, verschaffte sich mit einem Megaphon Gehör und fand die richtigen Worte, um die Gemüter zu beruhigen. Durch ihr furchtloses Eingreifen machte der Satz die Runde, sie sei der einzige Mann im Bremer Senat …
Zurück zum Halt in Oberneuland. Mit schnellen, geübten Strichen skizzierte sie ein Bildchen der Häuser an der Oberneulander Landstraße. Mit einem Kugelschreiber, den sie gerade zur Hand hatte. „Schon fertig?“, staunte der Chauffeur, und die Fahrt ging weiter. Mit Malen und Zeichnen verschaffte sich Annemarie Mevissen einen Ausgleich zur anstrengenden politischen Arbeit. Ihre Gemälde wurden in mehreren Ausstellungen gezeigt und in Büchern veröffentlicht. Die etwa 40 Zeichnungen jedoch bewahrte sie in einer Mappe auf. Ihre Galeristin befand, auch die sollten einmal komplett präsentiert werden.
Endlich, im Mai 2002 wurden die Zeichnungen im Klatte-Hoff im Rahmen eines Kaffee-Klönschnacks gezeigt. Annemarie Mevissen, nunmehr im Ruhestand, war selbst anwesend und wurde vom Heimatvereen Oberneeland und seinem Vorsitzenden Gerd Meier herzlich begrüßt. Die Bildchen waren prachtvoll präsentiert. Jeweils zu dritt auf großem grauen Untergrund. Mit wenigen Strichen hatte die Künstlerin das Wesentliche ihrer Motive herausgearbeitet. Und sie wurden vom Publikum erkannt: „Das ist doch Höpkens Ruh. Und hier die Villa im Ichon-Park, warte mal, der Zaun steht doch bei …“
Annemarie Mevissen starb 2006 im Alter von 92 Jahren. Das ist jetzt 15 Jahre her. EM