2022: Neue (& alte) Themen für Oberneuland

Interview mit Tamina Kreyenhop

In den vergangenen Monaten hat der Beirat Oberneuland mehrere Anträge für den Doppelhaushalt 2022/2023 auf den Weg gebracht. Als Sprecherin des Stadtteilparlaments befragen wir Tamina Kreyenhop, die seit 1999 in unterschiedlichen Funktionen für den Beirat tätig ist, zu einem Ausblick für das kommende Jahr.

Frau Kreyenhop, aufgrund Ihrer langjährigen Tätigkeit für den Beirat Oberneuland können Sie uns sicher einen Überblick geben, inwiefern sich die Themen im Stadtteil in den letzten Jahren verändert haben? Und was die Bürger für 2022 erwarten dürfen?
Tamina Kreyenhop: Im Grunde sind es immer wieder die gleichen Themen. Es hat sich nicht viel verändert.
Allein in den letzten acht Jahren hat der Beirat immer wieder die gleichen Haushaltsanträge für die Verbesserung der Infrastruktur in Oberneuland gestellt.

Sozusagen ein Dauerbrenner für die Ortspolitik?
Ja! Wir sind der Meinung, dass wir bei der Verteilung von Mitteln nicht genügend berücksichtigt werden. Oberneuland ist in den letzten Jahren stetig gewachsen.
Es sind neue Wohngebiete entstanden. Die Stadt hat durch die Verkäufe von Grundstücken, siehe Wohn-und Büropark, Gelder erwirtschaftet. Es findet aber keine Reinvestition in den Stadtteil statt. Und auch die Steuergelder der Oberneulander werden nicht vor ihrer Haustür eingesetzt, was dazu führt, dass unsere Infrastruktur und insbesondere die Verkehrssituation vor dem Kollaps steht. Für die Zukunft geht es jetzt vor allem darum, bereits vorhandene Probleme zu lösen und nicht noch weitere zu schaffen. Damit dürften wir nicht nur im kommenden Jahr, sondern für die nächsten vier Jahre gut zu tun haben.

Wir alle leben sehr gerne in diesem idyllischen „Dorf in der Stadt“. Wie lässt sich Ihrer Meinung nach ‚Ländliches Leben‘ und moderne Stadtentwicklung vereinbaren?
Zu allererst – keine weiteren großen Neubauflächen in Oberneuland. Auch keine Erweiterung des Wohn-und Büroparks. Durch die Versiegelung solch großer Areale kann das Regenwasser nicht genügend abfließen, was auf den Feldern und im Achterdiekpark hinter dem Gebiet schon erkennbar ist. Wir können nicht immer mehr Bebauung zulassen, ohne uns um die nötigen Schul- und Kitaplätze, Einkaufsmöglichkeiten und sozialen Einrichtungen zu kümmern. Sinnvoller ist eine Lückenbebauung und sich Gedanken über die Bebauungsgrenze von 2.000 Quadratmetern zu machen, die in manchen Straßen Oberneulands noch gilt. Etwas kleinere Grundstücke, insbesondere für junge Familien, sind reizvoller und erschwinglicher, da sich die Bedarfe geändert haben. Heute arbeiten in der Regel beide Elternteile, die Versorgung und Betreuung der Kinder muss gewährleistet sein, ein Haus mit Garten sollte keine Belastung, sondern vielmehr einen finanzierbaren Nutzen darstellen.

In den vergangenen Jahren hat es ja schon eine große Umwälzung gegeben. Ältere Bewohner haben ihre Häuser verlassen – junge Familien sind eingezogen oder haben neu gebaut. Welche Auswirkungen hat das auf den Stadtteil?
Damit wären wir schon beim Thema Schule und Kita. Für die Grundschule Oberneuland ergab die Ermittlung von Bedarf und Anforderungen eine vierzügige Grundschule mit genügend Differenzierungsräumen für W&E-Kinder (Kinder mit Förderbedarf in Wahrnehmung und Entwicklung) plus Mensa, mit einer Bedarfsfläche von 5.000 Quadratmetern, von denen durch den Bestand bereits 2.700 Quadratmeter abgedeckt sind. Das bestehende Gebäude kann aus statischen Gründen nicht aufgestockt werden, was einen Neubau mit weiteren 2.300 Quadratmetern erfordert. Bei Erweiterung des Elefanten-Kinderkreis auf sieben Gruppen mit fünf Ü3 und zwei U3 beläuft sich der Bedarf auf 1.500 Quadratmeter, von denen 800 Quadratmeter bestehen, sodass sich ein Neubau-Bedarf von 700 Quadratmetern ergibt.

Das heißt, dass die Gebäude von Kita und Grundschule größer werden und die Spiel- und Freizeitflächen dementsprechend kleiner?
So sieht es momentan aus. Die Grundschule muss dringend für unsere Kinder erweitert werden. Das hätte man aber auch schon beim letzten Schulneubau in 2013 ahnen können. Leider wurde hier im wahrsten Sinne des Wortes ‚zu klein‘ gedacht. Wenn wir aber Kita und Schule, aufgrund der örtlichen Nähe, als Einheit sehen, den Kindern einen ausreichenden Bewegungsraum erhalten wollen und dafür den Bereich der Freiwilligen Feuerwehr in der Mühlenfeldstraße mit einbeziehen, könnte großzügig geplant werden. Zusätzlich wäre hier eine Art ‚Bürgerhaus‘ z.B. für die rund 30 Vereine in Oberneuland möglich. Das würde allerdings heißen, dass die Feuerwehr ein neues Gebäude erhält. Prädestiniert dafür wäre das Grundstück an der Ecke Rockwinkeler Landstraße, kurz vor der Einfahrt in den Tunnel. Dieser neue Standort wäre für die Feuerwehr bei Einsätzen auch wesentlich verkehrsgünstiger, schneller und sicherer, da die Ausfahrt auf die Mühlenfeldstraße viel zu eng für die Einsatzfahrzeuge ist. Leider ist eine Finanzierung derzeit schwierig.

Der Ausbau der Mühlenfeldstraße ist ja ein weiteres Thema auf der Agenda des Beirats?
Tatsächlich nicht nur die Mühlenfeldstraße, sondern im Grunde alle Hauptverkehrsstraßen in Oberneuland. Die Mühlenfeldstraße gilt immer noch als ‚nicht erschlossen‘, ist aber dem kommunalen Zentren- und Nahversorgungskonzept zugewiesen. Der Zustand der Straße macht einen maroden Eindruck. Besonders problematisch wird es, wenn sich größere Autos, Lastwagen und Busse begegnen, die dann auf den Bürgersteig ausweichen und somit zur Gefahr für Fußgänger und Radfahrer werden. Angesichts des anstehenden Ausbaus der Grundschule und des Kindergartens könnte sich die Gefahrensituation weiter zuspitzen. Deshalb fordern wir die entsprechenden Haushaltsmittel an, um die Straße im Bereich zwischen der Rockwinkeler Heerstraße und dem Bahnhof auszubauen und die komplette Erschließung sicherzustellen.
Ähnliches gilt für die Oberneulander Landstraße, deren Schlaglöcher immer tiefer und der Verkehr immer mehr wird. Aufgrund der Länge könnte die Straße zunächst in Teilen saniert und dabei evtl. Ausweichzonen, die den Verkehrsfluss entschärfen, geschaffen werden. Die Bedürfnisse von Fußgängern und Radfahrern werden einfach ignoriert, was in der Innenstadt möglich ist, scheint im ländlichen Randgebiet aussichtslos.

An der Oberneulander Landstraße liegen ja auch zahlreiche Parks, die durch Spaziergänger und Fahrradfahrer hoch frequentiert werden.
Wunderschöne ehemalige Landgüter, teilweise mit einem sehr alten Baumbestand.
Alle Parks werden durch den Umweltbetrieb Bremen betreut, deren Mitarbeiter sich aber vorrangig um die Verkehrssicherheit in den Parks kümmern und nicht um die Pflege der zum Teil über 100 Jahre alten Bäume. Was dazu führt, dass aus Sicherheitsgründen eher gefällt als erhalten wird. Hier wäre zu überlegen, ob zumindest von den vom Förderkreis Overnigelant e.V. eingeworbenen Spenden, neben UBB, weitere Gartenbau-Fachbetriebe für die Pflege der Parks beauftragt werden könnten, deren Leistungen später von UBB abgenommen werden. Damit könnten sogar Kosten gespart werden!

Welches Thema wird in 2022 als Erstes angegangen?
Für den Beirat und viele interessierte Oberneulander ist die Bebauung des Mühlenfeldes ja schon länger ein Thema. Aber nun wird es offiziell und öffentlich: Im Januar 2022 wird der Bebauungsplan für das Mühlenfeld öffentlich ausgelegt und im Ortsamt Oberneuland, bei der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau und auch online unter www.bauleitplan.bremen.de für einen Monat einsehbar. Ein Thema, das den Stadtteil stark bewegt und viele der eben schon erwähnten Probleme zusammenfasst.
Wir erhoffen uns hier noch immer Möglichkeiten, um eingreifen zu können.

Das Interview führte Meike Müller