Was das Gartenjahr so bringt

Gartentrends 2022

Wenn es um Gestaltung geht, sind immer ganz viel persönlicher Geschmack und individueller Bedarf im Spiel. So auch im Garten. Nichtsdestotrotz stellt sich am Anfang jeder Gartensaison die Frage nach den aktuellen Trends. Einige Antworten darauf gibt
der Gartenexperte Andreas Leucht aus der Region.

„Wer über Gartengestaltung spricht, redet eigentlich automatisch schon über den wichtigsten Trend“, eröffnet Andreas Leucht das Gespräch über das, was 2022 zwischen Zaun und Terrassentür in Mode sein wird. „Es ist seit über einem Jahrzehnt so, dass es in ist, einen Garten zu haben und es sich dort schön zu machen.“ Den Gartengestalter freut es natürlich, schließlich erfährt sein Gewerk seit Jahren eine stetig wachsende Wertschätzung und die Nachfrage steigt.
„Gute Gartengestaltung ist immer auf Langlebigkeit angelegt“, gibt Leucht zu bedenken. „Dazu passt das Denken in Trends, die sich von Saison zu Saison wandeln, nicht so richtig.“ Deshalb spricht er auch lieber von großen Linien und langfristigen Entwicklungen, die sich im Garten zeigen oder fortsetzen – und die gibt es sehr wohl.

Draußen wohnen

So führt die große Wertschätzung für den Garten ganz allgemein dazu, dass man es sich dort schön machen möchte, ihn individuell und nach seinen Bedürfnissen gestalten und das heißt für viele Gartenbesitzer, ihn zu einem Wohnbereich unter freiem Himmel machen möchte. „Das Design von Gartenmöbeln nähert sich immer mehr dem von Möbeln für das Wohnzimmer an“, hat Andreas Leucht beobachtet. Sofas und Loungeecken für draußen gibt es schon seit Jahren, jetzt sind die wetterfesten Stoffe optisch kaum noch von denen der Indoormöbel zu unterscheiden. Für Licht sorgen Stehlampen, Teppiche auf der Terrasse komplettieren das Wohnzimmerambiente. Damit sich diese Gemütlichkeit auch außerhalb der Zeiten mit perfektem Gartenwetter genießen lässt, wünschen sich Gartenbesitzer verstärkt überdachte Sitzplätze. Eine gute Entscheidung, findet der Gartengestalter: „Als zusätzlicher Sitzplatz ist das toll. Sehr gemütlich und ideal, um die Nutzungszeiten des Gartens in die späten Abendstunden und bis weit in den Herbst auszudehnen.“ Ohnehin bliebt seiner Beobachtung nach das Bedürfnis ungebrochen, möglichst viel Lebenszeit draußen zu verbringen. Deshalb hält neben Esstisch und Loungeecke in immer mehr Gärten eine Outdoorküche Einzug. Von der einfachen DIY- bis zur aufwendigen Designerlösung reicht hier das Angebot. Immer dabei: ein Grill. Denn das Essen soll nicht nur draußen vorbereitet, sondern natürlich auch dort zubereitet werden.

Nachhaltiger Gartengenuss

Dazu passt auch, dass Gartenkräuter im Hochbeet oder Pflanztopf in keinem Garten fehlen dürfen. Oft bekommen sie Gesellschaft von der einen oder anderen Tomate oder Himbeere. Der moderne Nutzgarten heißt Naschgarten, ist so angelegt, dass er wenig Arbeit macht und auf kleinstem Raum für ein wenig eigene Ernte sorgt.
Das illustriert, wie die Gartenbegeisterung an sich, den Wunsch vieler Gartenbesitzer, Naturerleben wieder mehr Raum in ihrem Alltag zu geben. Ihre kleine Landidylle komplettieren dann weiterhin viele Gartenbesitzer mit Hühnern. Außerdem gehört dazu, sich über Nachhaltigkeit Gedanken zu machen. Die zahllosen Berichte über das Insektensterben der letzten Jahre haben dazu geführt, dass die Nachfrage nach bienenfreundlichen Gartenpflanzen deutlich zugenommen hat. „Auch das Bewusstsein für Nachhaltigkeit bei Materialien und Pflanzen wächst“, hat Andreas Leucht beobachtet – und zwar bei Herstellern und Gartenbesitzern gleichermaßen. Möbel aus recyceltem Teakholz oder Kunststoff gibt es mittlerweile ebenso wie eine verstärkte Nachfrage nach heimischem Naturstein und Holz. Gerade beim Naturstein dürfte Corona an dieser erfreulichen Entwicklung nicht ganz unschuldig sein: Die globalen Lieferketten sind auch in diesem Bereich aus dem Takt geraten, die Frachtkosten enorm gestiegen. Andreas Leucht empfiehlt seinen Kunden ohnehin ausschließlich Naturstein aus europäischen Steinbrüchen: „Es gibt so tolle Steine überall in Europa, da braucht man wirklich kein Material aus China oder Indien“, ist er überzeugt.

Urlaub im Garten

In einem gewissen Widerspruch zum gestiegenen Nachhaltigkeitsbewusstsein im Garten steht ein anderer großer Trend: der Wunsch von immer mehr Gartenbesitzern nach einer eigenen Badegelegenheit. Da sind zum einen die mehr oder weniger großen und eigentlich immer nicht besonders schönen Aufstellpools, die es seit einigen Jahren in jedem Baumarkt und beim Discounter gibt. Aber auch der professionelle Pool- und Schwimmteichbau erlebt einen gigantischen Nachfrageboom. Wassergärten – also Anlagen, in die das Badeparadies harmonisch integriert ist – gehören zu den meistnachgefragten Planungen bei Gartenprofis wie Andreas Leucht, der dafür gleich mehrere Erklärungen hat: „Die Pandemie ist sicher ein Grund: In Zeiten, in denen man nicht reisen kann und auch sonst viel zu Hause ist, will man es sich dort so angenehm wie möglich machen.“ Einen weiteren Grund für die enorm gestiegene Nachfrage nach Badegärten sieht der Experte im Klimawandel: „Auch wenn der Sommer 2021 nicht so dolle war – davor gab es drei sehr lange und sehr heiße Sommer. In denen ist der Entschluss gereift, sich einen Pool oder Schwimmteich bauen zu lassen, und diese Entschlüsse wurden dann 2021 in die Tat umgesetzt.“ Oder werden es 2022, wie die aktuelle Auftragslage vermuten lässt. Auch die niedrigen Zinsen und der anhaltende Boom auf dem Immobilienmarkt dürften dazu beitragen, dass viele Menschen derzeit besonders bereit sind, auch größere Summen in ihren Garten zu investieren – ein Vorgehen, dass sich nachweislich auszahlt, denn Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Immobilie mit einem professionell angelegten und gut gepflegten Garten – ob mit oder ohne Pool – deutlich im Wert steigt.

Klimawandel im Blick

Auch im kleineren Format ist Wasser als Gestaltungselement weiterhin auf dem Wunschzettel der Gartenfreunde: Wasserspiele in jeder Form sind sehr gefragt. Bei der Pflanzenauswahl haben Gartengestalter wie Andreas Leucht den Klimawandel ganz oben auf der Agenda: Stauden und Gehölze, die mit den Wetterextremen zwischen anhaltender Trockenheit und Starkregen gut zurechtkommen, stehen auf immer mehr Pflanzlisten.
Bei aller gewünschten Naturnähe gehört zu den vorherrschenden Entwicklungen auch, dass immer mehr Technik Einzug in die Gärten hält, das Smart Home bekommt sein Freiluft-Pendant in Gestalt von Rasenrobotern, intelligent gesteuertem Sonnenschutz und automatischer Bewässerung. Das zielt, wie eigentlich alle Trends vom wohnlichen Garten bis zum Badegarten, darauf ab, dass man den Garten vorrangig als Genuss- und Erholungsort versteht – und genau das sollte er aus Sicht von Andreas Leucht auch sein, denn er ist überzeugt: „Es gibt keinen besseren Ort, um Kraft zu tanken und zu sich selbst zu kommen, als den eigenen Garten.“

Foto: Gärtner von Eden