Der Kreis schließt sich

Reit- und Fahrverein Oberneuland feierte 100-jähriges Bestehen

Schon 1885 wurden Tierschauen, Trab- und Galoppwettbewerbe sowie Ringstechen, dessen Tradition bis heute beibehalten wurde, auf dem Gelände „Jürgens Holz“ durchgeführt. Der RFVO wurde aber als „Reitverein des Hollerlandes zu Oberneuland“ erst im Jahr 1922 in einer Zeit, in der das Pferd überwiegend als Arbeitspferd und nicht als Sport- und Freizeitpferd genutzt wurde, ins Leben gerufen.
Als besonders weitblickend bezeichnete Detlef Farwick, seit 1964 Mitglied im RFVO, in seiner Rede die Gründung des Reit- und Fahrverein Oberneuland. Dreizehn Oberneulander und Osterholzer Landwirte verschrieben sich mit Vereinsgründung der Erlernung der Reitkunst und aller mit dem Pferde zusammenhängenden, für den Reiter und Landwirt notwendigen Kenntnissen. Denn sie erahnten bereits damals den Wandel der Landwirtschaft durch Mechanisierung und die damit verbundenen anderweitigen Aufgaben für das Pferd. Zur Verfolgung ihrer Ziele schrieb sich der Verein die „Förderung der Zucht des Hannoverschen Pferdes“ auf die Fahnen. Denn eigentlich war es in erster Linie ein Zusammenschluss von Züchtern, die bei der Austragung von Reitwettbewerben im Springen und in der Dressur ihre züchterischen Erfolge präsentierten und sich mit anderen Vereinen darin maßen.
Gründungsmitglieder waren Arend Osmers, Heinrich Bartels, Johann-Martin Tietjen, Ludwig Gehrken, Johann Seekamp, Heinrich Tietjen, Johann Rinkelürs, Ernst und Hinrich Klüver, Hermann Behrens, Hans Schnakenberg, Eberhard und Hermann Lachmund, Hinrich Plate und Georg Jürgens. Ihr Reitplatz lag auf dem Land von Georg Jürgens, hinter Jürgens Holz, und in der Zuwegung von Hof Osmers, heute Zufahrt zum ÖG. Turniere fanden im Gut Hodenberg und auf der Reitanlage von Willi Schopp statt. Die ersten Reiterinnen kamen vermutlich erst in den 1950er, 1960er Jahren zum Verein.
Anfang der 1980er Jahre stießen die Fahrer zum RFVO, die Lehrgänge bei Bernhard Wendt sen. und Klaus Gärtner Uelzen belegten. Heute gibt es nur noch drei aktive Fahrer im Verein. Parallel wuchs damals eine Jugend-Reiter-Gruppe unter Leitung von Sandra Freese, heute Wendt, heran. „Wir waren lange Jahre ein Reit- und Reiseverein, denn der Verein hatte bis 2007 keinen festen Sitz“, erklärten Annett Pawlitzky, seit 2012 Reitlehrerin im Reit- und Fahrverein Oberneuland, und Marietta Emigholz, erste Vorsitzende des RFVO seit 2014. Bis 2007 wurde der RFVO durch Oberneuland geschoben, immer auf der Suche nach einem Unterschlupf. Geritten wurde auf Schopps Weide und in dessen Reithalle, in der auch viele Reiterbälle gefeiert wurden. Der zweite Reitplatz befand sich bei Lür Kaars am Hodenberger Deich. Viele Jahre wurden Reit- und Fahrturniere wie auch Landesmeisterschaften auf dem Gelände ausgetragen. Eine „Bewegungshalle“ war in Planung, bis dem damaligen Vorsitzenden Arthur Schnitger (1972 bis 1999) von der Stadt mitgeteilt wurde, dass das Gelände als Ausgleichsfläche für Kleingärten dienen solle und dem Reitverein nicht mehr zur Verfügung stehe. Daraufhin zog der Verein auf den Platz An der Dicken Eiche. Alles, wofür man Platz brauchte, wie Ringstechen, Geländelehrgänge, Training für die Vorführungen in der Stadthalle, Turniere und Fahrtraining mit Bernhard Wendt, fand fortan dort statt. Mit Bau des Kindergartens aber entfielen die Parkmöglichkeiten, die beim Turnier benötigt wurden, und der Verein war wieder heimatlos.
Von der Zucht verlagerte sich der Schwerpunkt des Reitvereins im Laufe der Jahrzehnte immer mehr in Richtung Reitsport. Mitte der 1990er Jahre startete auf der Anlage von Detlef Farwick der Schulbetrieb unter freiem Himmel. Obwohl der Verein lange Jahre keine Halle besaß, war der Zusammenhalt unter den Mitgliedern immer besonders gut. Maßgeblichen Anteil daran hatten die ersten Vorsitzenden Arthur Schnitger und George C. Muhle (1999 bis 2003), die dem Verein immer wieder Perspektiven aufzeigten. Und obwohl der RFVO keine eigene Anlage besaß, veranstaltete er trotzdem zwei Turniere pro Jahr. „Der Verein haben viel getan, um die Mitglieder zusammenzuhalten“, resümieren sich Annett Pawlitzky und Marietta Emigholz. Denn der RFVO war immer um ein großes Angebot bemüht. Maßgeblich daran beteiligt war auch Sandra Freese, die als Vereinsreitlehrerin den Reitsport 15 Jahre lang leitete. Mit Jugendcamps, Vierkampfprüfungen, Zeltlager mit Wattritten und Lehrgängen auf der Wiese An der Dicken Eiche trug sie maßgeblich zum Zusammenhalt bei.
Schon im Jahr 2000 kam der Verein zurück auf den Osmershof, allerdings ohne Halle. Das Weihnachtsreiten fand auf Hof Sündermann oder im Reitverein Hubertus statt, für das Schaubild in der Stadthalle wurde im Schimmelhof oder An der Dicken Eiche geübt. 2007 wurde dann endlich der Traum des Reitvereins durch die Arbeit der Vereinsführung von George C. Muhle wahr, und der RFVO wurde Besitzer einer Reithalle, Stallungen und Casino.
Einschneidendes Ereignis war dann 2014 der Verkauf der Anlage an Familie Felderhoff. Seitdem seien sie nur noch Mieter und das sei gut so, betonten Emigholz und Pawlitzky. Als ihnen 2019 unerwartet die Pacht eines großen Grünlandstreifens gestrichen wurde, stand der RFVO mit 16 Schulpferden wieder auf der Straße. Wenn Nachbar Jürgen Bartels dem Verein nicht aus großer Verbundenheit Flächen zur Verfügung gestellt hätte, wäre der Verein am Ende gewesen, sagte Marietta Emigholz voller Dankbarkeit. Die damit verbundenen Anschaffungen von Weidehütten machte eine große Spendenbereitschaft möglich. Wie bei allen Vereinen sind auch im RFVO die Mitgliederzahlen leicht rückläufig. Aktuell hat der Verein 187 Mitglieder. Auch die Kostensteigerungen gingen am Reitverein nicht vorbei und machen ihm zu schaffen. Während der pandemiebedingten Ausfälle halfen Sponsoren und die Eltern der Reitkinder dem Verein über die schwierige Zeit. „Dafür sind wir hochdankbar“, so die erste Vorsitzende Marietta Emigholz und Annett Pawlitzky.
Mit der Entscheidung, die Jubiläumsfeier auf den Platz An der Dicken Eiche zu verlegen, schließt sich der Kreis für den Oberneulander Reitverein. Lange hätten sie darüber nachgedacht, in welcher Form das Fest gefeiert werden solle. „Wir gehen zurück ins Dorf“, so Annett Pawlitzky, „und veranstalten ein Familienfest mit Hüpfburg, Ponyreiten, Steckenpferdhindernisparcour und Huf-eisenwerfen.“ Ein Turnier fand an diesem Sonntag nicht statt, auch keine Vorführungen, dafür aber gab es eine historische Bildergalerie. Nachkommen der Gründungsmitglieder besuchten den Erlebnistag. Für besondere Verdienste ehrte Marietta Emigholz Jürgen Bartels, Detlef Farwick und Berlind Nommensen mit Urkunde und Ehrennadel.

Text und Fotos: Sabine v.d. Decken