Kränze für Familie, Freunde und Nachbarn

Das Wort Kranz wird aus dem althochdeutschen Wort krenzen hergeleitet, was umwinden bedeutet.

Im Gegensatz zu einem Gesteck werden Blätter, Blumen und Zweige oder andere Materialien ringförmig zusammengefügt. In der griechischen Antike galten Kränze als Siegespreis bei sportlichen oder musischen Wettkämpfen, der Lorbeerkranz bei den Pythischen Spielen in Delphi, wo anfänglich vorwiegend musiziert wurde oder der Eichenzweig bei den Olympischen Spielen in Olympia. Für die Errettung eines Mitbürgers aus Lebensgefahr oder die Erstbesteigung feindlicher Stadtmauern, bei einer Belagerung, wurden Kränze aus Eichenlaub, im Römischen Reich, als Auszeichnung verliehen. Heute noch werden unterschiedlichste Kränze zu verschiedensten Anlässen aus Lorbeer- oder Eichenlaub sowie Tannengrün gebunden. Von Region zu Region wird es unterschiedlich gehandhabt, wer den Kranz bindet und wann dieser angebracht oder aufgestellt wird. Banden anfänglich die Männer den Kranz, damit er anschließend von den Frauen mit Schleifen, Rosen und anderem Dekorativen bestückt werden konnte, wird es heute offener gehandhabt.

Auch in Oberneuland gibt es seit vielen Jahren einen Freundeskreis, welcher Kränze zu verschiedenen Jubelhochzeiten bindet. „Wir treffen uns in einer gemütlichen Runde, jeder bringt eine Kleinigkeit zu essen und trinken mit. Das Tau und Gestell für den Kranz oder ein Herz sowie Grünes, der Jahreszeit angepasst, werden ebenfalls mitgebracht. Beim Schmücken des Kranzes sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt“, weiß Birgit Frese. Während zur Grünen Hochzeit ein Herz mit frischem Tannengrün und weißen Blumen gebunden wird und Glück wünschen soll, kann es zur Hölzernen Hochzeit schon etwas rustikaler einhergehen. Das Holz steht für Stabilität und Beständigkeit, die man ja nach zehn Ehejahren schon unter Beweis gestellt hat. Gleichzeitig darf an der Ehe weiter gearbeitet werden und wo gehobelt wird, fallen ja bekanntlich Späne. „Wir haben einmal ein Tau nur mit Spänen für ein großes Portal gebunden“, erinnert sich Birgit Frese, „Herzen aus Holz, Kochlöffel und Holzschuhe werden gerne in die grünen Kränze gehangen.“

Nach 20 Jahren wird die Porzellan-Hochzeit gefeiert, das ist eine lange, kostbare Zeit und die Zerbrechlichkeit einer Ehe wird angedeutet. Sinnbildlich soll das Tafelservice erneuert werden, da das alte Porzellan Risse und verblasste Farben haben kann, ähnlich wie in einer langjährigen Ehe. Es ist Brauch, das alte Porzellan, wie beim Polterabend vor 20 Jahren, zu zerschmettern, um alle vergangenen Sorgen zu vernichten. Damit die Liebe nicht verblasst, müssen auch mal ein paar Teile erneuert werden. Ein Vierteljahrhundert, 25 Jahre, eine Zeit, in der Paare viele Höhen und Tiefen erlebt haben. Die Ehe ist so fest und wertvoll wie Silber und das darf groß gefeiert werden. „Ein Herz mit silberner Zahl, Hortensien oder Blumen je nach Jahreszeit und silbernen Schleifen, wird für dieses besondere Hochzeitsjubiläum gebunden. Auch zur Rubinhochzeit binden wir einen Kranz, diesen schmücken rote Rosen und Schleifen sowie Blumen aus roten Servietten“, erwähnt Birgit Frese. Der 40. Hochzeitstag ist nach einem dunkelroten, glänzenden Edelstein benannt, die Liebe hat sich über die vielen Jahre intensiviert und ist für beide so wertvoll wie ein Rubin.

Ein Ehepaar, welches das 50-jährige Jubiläum erreicht, hat auch etwas Gold verdient. „Einen Kranz mit goldenen Schleifen und passenden Blumen haben wir bisher noch nicht gebunden, auch die darauffolgenden Jubiläumskränze nicht, darauf sind wir selber gespannt“, lacht Birgit Frese. Das Datum des Kränzens ist sehr unterschiedlich und richtet sich entweder nach der standesamtlichen oder kirchlichen Trauung. Birgit Frese erzählt: „Irgendeiner weiß immer, wann der nächste Kranz gebunden wird; bei wem der Freundeskreis sich trifft, wird spontan entschieden. Heimlich und leise wird der fertige Kranz dem Jubelpaar vor die Tür gestellt oder über der Haustür angebracht. In der Hoffnung, dass jemand zu Hause ist, klingeln wir, denn das Jubelpaar muss nun einen ausgeben, in gemütlicher Runde lassen wir den Abend zusammen ausklingen. Nach 14 Tagen bringt das Brautpaar den Kranz zum nächsten Jubiläumspaar, dieses muss ihn bei einem Umtrunk entsorgen. Eine weitere, besondere Überraschung ist es, wenn der Freundeskreis auch das Restaurant oder die Örtlichkeit, in der gefeiert wird, dem Jubiläum angepasst, geschmückt und dekoriert hat.“ Es ist schön, dass es Menschen gibt, die diesen alten Brauch in unserem Stadtteil aufrecht erhalten und damit ihren Freunden und Nachbarn zeigen, dass sie das Erreichen eines Ehejubiläums wertschätzen.

Text: Susanne Wokurka, Foto: privat