Was Tierhalter tun können

Giftköder in Oberneuland

Jeden Tag während jeder „Runde“ geht seit einigen Wochen für die Oberneulander Hundebesitzer zumindest ein ungutes Gefühl mit spazieren.

Ein Mensch hat an verschiedenen Stellen im Stadtteil vermeintliche Giftköder ausgelegt. Vermeintlich, da die Proben noch untersucht werden müssen. Zum Glück ist bisher kein Hund getötet oder stark geschädigt worden, und dieser Mensch hat sein Ziel zum Glück nicht erreicht. Aber die Verunsicherung ist groß und das Schlimmste ist, dass man nicht weiß, wann das alles vorbei ist.
Neu ist das Thema nicht – immer wieder verbreiten sich durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder in den sozialen Medien die Nachrichten, dass Giftköder an beliebten Hundeauslaufflächen oder Hundespaziergehrouten gefunden wurden. Doch in dem aktuellen Fall häuften sich die Fundstellen, die sogar bis in den privaten Bereich eines Hauses reichten und auch ein solcher Fund aus Borgfeld gemeldet wurde.
Natürlich mag man sich daran stören, dass Hundebesitzer die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner nicht entsorgen oder die Tiere ohne Leine frei nach Lust und Jagdtrieb laufen gelassen werden oder sogar Menschen belästigen. Das alles darf nicht passieren, ist beispielsweise der Freilauf doch auch an den meisten Stellen in Bremen, Oberneuland und in der Natur „umzu“ sogar verboten.
Doch keine dieser unrechten Handlungen der Tierbesitzer gibt einem anderen Mitbürger das Recht, das Leben der Hunde zu gefährden. Zumal nicht nur die Hunde gefährdet sind, vielmehr sind von den ausgelegten Ködern auch Katzen, andere Wildtiere oder natürlich auch Kinder in Gefahr. Besonders in dem aktuellen Fall, wo sich die Substanzen auf das umliegende Gras verteilen und somit von anderen Tieren aufgenommen werden kann – sollte es sich tatsächlich um eine Giftbeimischung in Fleisch handeln. Besonders perfide war bei diesem Täter auch die Tatsache, dass er die vermuteten Giftköder gut getarnt, beispielsweise unter gemähtem Gras, versteckt hatte.
Zur rechtlichen Situation ist anzumerken, dass die Juristen zwischen dem Straf- und dem Zivilrecht unterscheiden. Je nachdem begeht derjenige, der das Gift auslegt, eine Straftat nach Paragraph 17 Tierschutzgesetz (Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe) oder eine Ordnungswidrigkeit nach Paragraph 18 des Tierschutzgesetzes (empfindliche Geldstrafe von bis zu 25.000 Euro). Zu dem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz kann auch eine strafbare Sachbeschädigung gemäß Paragraph 303 des Strafgesetzbuches zur Anwendung kommen (Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe).
Zusätzlich hat der Hundehalter die Möglichkeit, auf zivilrechtlichem Wege Schadensersatzansprüche gegen den Täter geltend zu machen. Somit können alle mit der Vergiftung in Zusammenhang stehenden Folgekosten, wie beispielsweise die Tierarztkosten oder auch die Fahrtkosten zum Tierarzt, geltend gemacht werden. Dazu müssen aber alle Unterlagen gesichert werden, da der Hundehalter in der Beweispflicht ist. Zur Verurteilung aber muss der Mensch erst einmal gefunden werden, was sicher nicht einfach ist. Daher hat sich in Oberneuland eine Gruppe von Hundehaltern zusammengefunden, die zum einen durch eine breite Öffentlichkeit aufmerksam gemacht hat und dies auch noch durch Aushänge unterstützt. Hier ist auch die zentrale Telefonnummer der Polizei Bremen vermerkt. Sollte man etwas Verdächtiges beobachten, so kann man dies dort mitteilen, denn die Bremer Polizei ist ebenfalls ausgesprochen wachsam in Oberneuland unterwegs. Außerdem wurde auch eine Anzeige gegen Unbekannt gestellt.

Tipps von Tierärztin Dr. Tanja Kruse

  1. Wenn man einen Verdacht hat, sofort zum Tierarzt oder in die Tierklinik fahren (am besten Telefonnummern immer mit sich führen).
  2. Das „Fundstück“ – falls der Hund es noch nicht verschluckt hat – mitbringen.
  3. Beim Spaziergang mit dem Hund sehr aufmerksam sein und sich auf den Hund konzentrieren.
  4. Hunde am besten angeleint ausführen und genau beobachten – möglichst sich nicht ablenken lassen.
  5. Keine Selbstmedikation versuchen, denn bei schnellwirkenden Giften zählt jede Minute.

Grundsätzlich gilt, dass man keine generelle Aussage zur Wirkung der verschiedenen Gifte machen kann, da diese sehr unterschiedlich ist. Schneckenkorn wirkt sehr schnell, Rattengift dagegen sehr langsam. Jedoch gilt in allen Fällen: Bei Verdacht sofort medizinische Hilfe aufsuchen!

Psychologisches Profil eines Täters?
Von Professor Ekke Dahle, ehemals Hochschule für Öffentliche Verwaltung, Strafrecht/Strafprozessrecht, Kriminologie
Das ist eine sehr komplexe Fragestellung, die nur schwer zu beantworten ist. Vorweg: Dieses Verhalten ist strafbar und durch nichts zu rechtfertigen! Die Gründe, warum ein Mensch Giftköder präpariert und auslegt, sind sehr vielfältig und dürften meist in der Verärgerung über das Verhalten der Hunde oder auch der Hundehalter liegen.
Beispielsweise hat er sich darüber geärgert, dass er, als er das Haus verlassen hat, in einen Hundehaufen getreten ist oder festgestellt, dass wieder eine Hundehinterlassenschaft im Sandkasten des Spielplatzes liegt. Man darf weiterhin nie vergessen, dass es auch Menschen gibt, die schlicht Angst vor Hunden – egal ob groß oder klein – haben. Ein weiterer Auslöser kann sein, dass der Mensch einmal von einem Hund angesprungen oder als Jogger vielleicht gejagt worden ist. Die Gründe, die zu einem solchen kriminellen Verhalten führen, sind sehr vielschichtig. Die meisten Menschen würden aber trotz solcher Ärgernisse niemals darauf kommen, Giftköder auszulegen.

Text und Foto: Christine Bornkeßel