Designklassiker & modernes Design

Möbel, Lampen, Vasen & mehr

Form, Funktion und Emotion – Design-Klassiker faszinieren immer wieder neu.

Ihre Zeitlosigkeit lässt sie immer wieder aufs Neue aktuell wirken, ihr Zusammenspiel von Formgebung und Funktion fasziniert zuweilen über Generationen hinweg: Design-Klassiker begleiten uns unabhängig von Trends und Moden – das gilt für den kleinen Gebrauchsgegenstand ebenso wie für das repräsentative Möbelstück. Gutes Design macht unseren Alltag schöner, weil wir uns immer wieder über ein gut gestaltetes Produkt freuen – über den bequemen Freischwinger, über das formschöne Geschirr, über das so wunderbar durchdachte Einrichtungs-Ensemble. All das löst Emotionen aus, wirkt auf Sinne und Verstand.
Was macht gute Gestaltung aus, wodurch wird ein Gebrauchsgegenstand oder ein Möbelstück zum Design-Klassiker? „Form und Funktion sollten eins sein, verbunden in einer spirituellen Einheit“, so hat es der amerikanische Architekt Frank Lloyd Wright (1867 bis 1959) einmal ausgedrückt. Der deutsche Industriedesigner Dieter Rams, der mit seiner Arbeit für den Hersteller Braun Maßstäbe in Sachen Formgebung gesetzt hat, formulierte zehn Thesen für gutes Design. „Gutes Design ist langlebig“, heißt es bei Rams, 1932 in Wiesbaden geboren, zum Beispiel. Und: „Gutes Design ist konsequent bis ins letzte Detail.“ Und nicht zuletzt: „Gutes Design ist so wenig Design wie möglich.“ Das OBERNEULAND MAGAZIN präsentiert zehn zeitlose Beispiele.

  1. Die Bauhaus-Leuchte
    Er bezeichnete sich nicht als Designer, er bevorzugte stattdessen den Begriff Mustermacher – der Bremer Gestalter Wilhelm Wagenfeld (1900 bis 1990), Bauhaus-Schüler und einer der Pioniere des deutschen Industriedesigns.
    Als „Wagenfeld-Lampe“ ist seine zeitlose Tischleuchte mit der gläsernen Halbkugel heute bekannt, die vor nunmehr fast 100 Jahren am Bauhaus entworfen wurde. Als Geselle in der Bauhaus-Werkstatt war Wagenfeld damals gerade 24 Jahre alt. Heute gilt seine Lampe wegen ihrer durch und durch mustergültigen Gestaltung als weltweit gefeierte Ikone des Designs.
    Walter Schnepel, Gründer des Bremer Unternehmens Tecnolumen, bekam 1979 von Wagenfeld persönlich die Genehmigung, fortan die Lampe nach den Originalentwürfen aus dem Jahr 1924 zu fertigen – als Tischleuchte WA 24 exakt nach den Originalangaben in Maßen und Material. Tecnolumen darf dies als einziges Unternehmen weltweit. Jede Wagenfeld-Leuchte ist fortlaufend nummeriert und trägt die Bauhaus- und Tecnolumen-Signets. Tecnolumen produziert vier verschiedene Versionen, allesamt authentische Entwürfe Wagenfelds. Seit 1986 ist die Leuchte auch im Shop des Museum of Modern Art (MoMA) in New York erhältlich.
  2. Die Stapelliege
    Als der Hamburger Innenarchitekt und Industriedesigner Rolf Heide (1932 bis 2020) im Jahr 1966 seine Stapelliege herausbrachte, lag er damit vollkommen richtig. Sein Entwurf sorgt noch heute vielerorts für einen guten und gesunden Schlaf. „Ob im Kinderzimmer, in der Studenten-WG oder im Gästezimmer – wann immer eine zusätzliche Schlafmöglichkeit gebraucht wird, lässt sich die Stapelliege/das Stapelbett leicht und bequem in Position bringen“, heißt es denn auch beim Hersteller Müller Möbelwerkstätten in Bockhorn.
    Und weiter: „Die zerlegbare Stapelliege besteht aus vier Holzteilen, Rollrosten, Matratzen und Verbindungselementen. Sie ist ausgesprochen raumsparend, weil mehrere Elemente übereinander gestapelt werden können.“ Ein ungemein flexibles Raumwunder von vollendet klarer Gestaltung, das einfach handzuhaben ist – Rolf Heides Stapelliege hat Designgeschichte geschrieben. Stabil und langlebig ist die Liege obendrein. All das ist (weit über das Jahr 1966 hinaus) mehrmals mit renommierten Preisen und Auszeichnungen gewürdigt worden. Hersteller Müller bietet die Stapelliege heute in drei verschiedenen Größen, 20 Designfarben und sechs Holzausführungen an.
  3. Das Freischwinger-Duo
    Bitte Platz zu nehmen! Klassiker hat der Möbelhersteller Thonet mit Sitz im nordhessischen Frankenberg reichlich im Programm – zu den weltweit bekanntesten davon zählen die beiden Stahlrohr-Freischwinger S 32 und S 64. Sie wirken vertraut und innovativ zugleich, als Freischwinger stehen sie zudem für größten Sitzkomfort.
    „Zu ihrer Popularität trägt die reizvolle Verbindung des Neuen mit dem Bewährten bei: Thonets Tradition in der Herstellung von Bugholzmöbeln mit charakteristischem Wiener Geflecht, in Kontrast zum revolutionären Einsatz von Stahlrohr“, heißt es beim Hersteller. Und: „Sitz und Rückenlehne aus gebogenem Massivholz mit Rohrgeflecht verkörpern Tradition, das Gestell Gegenwart und Zukunft. Ihre Vielseitigkeit macht sie zu den bis heute meist verkauften ,Freischwingern.“ Die Freischwinger fühlen sich in den unterschiedlichsten Umgebungen zu Hause, sie passen zu einer kompromisslos modernen Einrichtung, aber auch zu einem Stilmix verschiedener Epochen.
    Der Architekt, Designer und Stahlrohrmöbelpionier Marcel Breuer (1902 bis 1981) entwarf den S 32 (und die Variante S 64 mit Armlehnen) in seiner Berliner Zeit 1928. „Thonet produziert die beiden Modelle seit 1930. Durch ihre ästhetische Reduktion und Klarheit kombiniert mit dem luftigen Geflecht passen die Klassiker in unterschiedlichste Umgebungen wie Konferenzräume, Wartezonen, Restaurants und in die Wohnung“, so der Hersteller über das Freischwinger-Duo.
  4. Der Kaffeehausstuhl
    Mit Bugholz den Bogen heraus haben! Möbel aus gebogenem Holz haben den Hersteller Thonet bekannt gemacht – besonders deutlich manifestiert sich dies in dem berühmten Thonet-Kaffeehausstuhl 214 (klassisch aus Buchenholz). Sechs Bauteile, zehn Schrauben und zwei Muttern: Auf diese knappe Formel lässt sich der Entwurf des Thonet-Kaffeehausstuhls Nr. 14 (heute eben: 214) bringen.
    Denn mehr brauchte der Tischlermeister und Unternehmensgründer Michael Thonet (1796 bis 1871) anno 1859 in Wien nicht, um eines der gelungensten Industrieprodukte überhaupt und einen Klassiker der Designgeschichte zu erschaffen. Er zeigte mit dieser Ikone des modernen Möbeldesigns frühzeitig und beispielhaft, was die viel zitierte„Reduktion auf das Wesentliche“ tatsächlich bedeutet – und schuf mit ihr zugleich die Grundlage für eine massenhafte Serienfertigung, wie es bei dem Unternehmen weiter heißt. Denn: „In die Einzelteile zerlegt passten 36 Stühle in eine Seekiste – so konnten sie in alle Welt verkauft und verschifft werden.“ ,Und so ist es dann auch gekommen. Wobei der Stuhl sich nicht allein in Kaffeehäusern durchgesetzt hat, sondern auch im Wohnbereich. Zum Jubiläum des 1819 gegründeten Unternehmens brachte Thonet den Stuhl auch als Sonderedition auf den Markt – in vier zeitgenössischen Two-Tone-Farbstellungen (Schwarz, Weiß, Samtrot und Salbei). Die Besonderheit: Die Verbindungselemente des Stuhls waren dabei um einige Nuancen heller gebeizt als Sitzring und Stuhlbeine. „So richtet das Farbenspiel den Blick auf die geniale minimalistische Konstruktion und holt ihre klassische Silhouette gleichzeitig in einen zeitgenössischen Kontext“, hieß es dazu.
  5. Das Rams-Regal
    „Seit 1959 stellen wir langlebige Möbel her“, heißt es beim Hersteller Vitsœ – ein Satz, der als klares Bekenntnis zu Designklassikern verstanden werden darf. Und richtig: Vitsœ wurde 1959 von Niels Vitsœ (1913 bis 1995) gemeinsam mit Otto Zapf gegründet, um die Möbelentwürfe des deutschen Industriedesigners Dieter Rams herzustellen. Zapf, der das Unternehmen 1969 verließ, hatte Vitsœ und Rams miteinander bekanntgemacht.
    Rams war Designer bei dem Elektrogerätehersteller Braun – und arbeitete als Möbelgestalter fortan zusätzlich für Vitsœ. Unter den vielfach prämierten Möbeln gehört das Regalsystem 606 aus dem Jahr 1960 zu den bekanntesten Ergebnissen dieser Zusammenarbeit. „Das Regalsystem 606 ist ein zeitloser Klassiker. Es lässt sich leicht beim Umzug mitnehmen und passt sich dank beständiger Erweiterungen und Verbesserungen wechselnden Anforderungen an“, so der Hersteller. Über die Grundidee des modularen Systems heißt es: „Die Basis des Regalsystems bilden E-Profile aus Aluminium und Trägerstifte. Tablare, Kästen und Tische werden mit Hilfe der gekerbten Stifte einfach an gewünschter Position in die E-Profile eingehängt – ganz ohne Werkzeug.“
    1985 lernten Niels Vitsœ und Dieter Rams den Engländer Mark Adams kennen, der wenig später die Tochterfirma Vitsœ Ltd gründete. Nach Vitsœs Pensionierung wurde Adams Geschäftsführer. Im Jahr 1995 verlagerte er den Firmensitz und die Produktion nach Großbritannien. Der Rams-Fokus ist natürlich geblieben.
  6. Der Bildhauertisch
    Am Coffee Table kommen Lounge, Lässigkeit und Lifestyle auf besonders stilvolle Weise zusammen – wenn es sich denn um einen Coffee Table mit Stil handelt. Der Hersteller Vitra zum Beispiel fertigt einen echten Coffee-Table-Klassiker, ein wahres Schmuckstück künstlerisch vollendeter Reduktion: Zwei im rechten Winkel zueinander stehende Holzbeine (die in schwarzer Esche, Ahorn und Nussbaum erhältlich sind) tragen eine schwere und robuste Glasplatte. Damit ist alles gesagt,
    zugleich behauptet sich das Möbelstück als künstlerisches Statement im Raum. Es fügt sich ein und bewahrt dabei seine Eigenständigkeit.
    Der amerikanisch-japanische Bildhauer, Designer und Landschaftsarchitekt Isamu Noguchi (1904 bis 1988) hat den Coffee Table im Jahr 1944 entworfen. Seit 2002, seit nunmehr 20 Jahren also, produziert Vitra in enger Abstimmung mit der Isamu Noguchi Foundation in New York Re-Editionen seiner Entwürfe. „Der Coffee Table übersetzt die biomorphe Formensprache der Plastiken des Bildhauers und Designers Isamu Noguchi in einen skulpturalen Couchtisch“, heißt es bei Vitra.
  7. Das Pop-Sofa
    Togo – eine Sofa- und Sessel-Linie des Herstellers Ligne Roset, ein kuscheliger Klassiker, dessen Ursprünge in den 1970er Jahren liegen. Funktion und Emotion – Pop pur: „Die niedrige Sitzhöhe und die muldenförmigen Sitzflächen und Rückenlehnen laden zur Entspannung ein“, so der Hersteller über die „Sitzlandschaft der unbegrenzten Möglichkeiten”. Und wir entspannen uns dabei einmal mehr auf einem Werk des Pioniergeists: „Das erste Vollschaum-Polstermöbel aus einem Guss als Spiel mit einer elementaren Form, einfach und zugleich äußerst raffiniert für den legeren, ungezwungenen Lebensstil.“
    Verantwortlich für die fließend-kuschelige Gestaltung der Togo-Landschaft ist der Designer Michel Ducaroy (1925 bis 2009), der in den 60er und 70er Jahren frühzeitig mit damals neuen Materialien wie Schaumstoffen und Polsterwatte zu arbeiten begann – und die popkulturellen Möglichkeiten dieser Materialien in die Sitzmöbelwelt übertrug. Das von der Pop Art inspirierte Togo-Sofa gilt als sein bekanntester Entwurf. Ligne Roset hat die Togo-Modellreihe – bestehend aus Sessel, Zweisitzer, Dreisitzer, Eckteil, Hocker und Zweisitzer mit Armlehnen – 2013 mit einem Liegesofa ergänzt.
  8. Das Kastenmöbelprogramm
    Diese Kommode macht überall eine gute Figur, einfach everywhere. Und so heißt sie dann auch: Everywhere. „Everywhere ist ein sehr vielseitiges Kastenmöbelprogramm, das die durchgängige Möblierung einer Wohnung mit einem einzigen Programm ermöglicht: Wohnzimmer, Esszimmer oder Eingang sowie TV/Hifi-Container.“ Mit diesen nüchternen Worten fasst der Hersteller Ligne Roset zusammen, was der Designer Christian Werner, 1959 in West-Berlin geboren, konzipiert hat – ein System, das sich unterschiedlichsten Anforderungen und Bedürfnissen anpasst. Erhältlich sind Garderoben und Schränke, Kommoden und Anrichten – aber auch TV- und Wand-container sowie Schreibtische und PC-Möbel.
    Werners Arbeiten finden sich in den Kollektionen und Programmen etlicher namhafter europäischer Hersteller, darunter sind neben Ligne Roset beispielsweise auch De Sede, Duravit, Thonet und Leolux. Zudem realisierte der Industriedesigner verschiedene innenarchitektonische Projekte. „Werners Formensprache ist reduziert, er sucht die Spannung im Einfachen und orientiert sich nicht an kurzfristigen Trends. Dabei hat er stets den Menschen im Blick, den er mit seinen Entwürfen erreichen möchte, denn Design ist für ihn Ausdruck von Emotion und Sinnlichkeit mittels Form und Material“, heißt es auf der Website des Designers. Everywhere von Ligne Roset steht geradezu beispielhaft für diese Worte.
  9. Die Nachhaltigkeits-Vase
    Der finnische Architekt, Stadtplaner und Möbeldesigner Alvar Aalto (1898 bis 1976) hat programm- und imageprägend für die finnische Designmarke Iittala gearbeitet, seine Iittala-Vase ist weltweit bekannt. Jetzt hat der Hersteller den Design-Klassiker in einem neuen und nachhaltigen Gewand herausgebracht, sprich: aus recyceltem Material.
    Iittala hat bewusst neue recycelte Produkte aus Glas, Keramik und umweltschonenden Textilien ins Programm aufgenommen. „Iittalas Ansatz zur Nachhaltigkeit basiert auf seiner Designphilosophie: Ziel ist es, fortschrittliche und funktionale Objekte mit ästhetisch ansprechendem Design und künstlerischen Qualitäten zu schaffen. Das Geschirr wird so zu einem zeitlosen Gegenstand und wird nie weggeworfen“, erklärt der Hersteller. Und weiter: „Neben dem zeitlosen Design konzentrieren sich Iittalas Nachhaltigkeitsziele auf verantwortungsvolle Arbeitsweisen in der gesamten Wertschöpfungskette und auf den bewussten Einsatz von Materialien. Dies schließt die Verwendung von nachhaltig produzierten Rohstoffen und die verstärkte Verwendung von recycelten Materialien mit ein.“
    Bis 2030, so das Ziel, sollen alle Abfälle aus eigenen Betrieben recycelt oder wiederverwendet werden, ohne dass Abfälle auf Deponien landen. „Dieses Ziel wurde in der Iittala Glasfabrik in Finnland bereits erreicht.“
    2019 hat Iittala das erste Glasprodukt präsentiert, das vollständig aus recyceltem Glas hergestellt wurde – seither geht es auf diesem Weg kontinuierlich und mit Tempo voran. Und die Aalto-Vase aus 100 % recyceltem Glas gehört natürlich dazu.
  10. Die Scheren-Ikone
    Als echter Designklassiker gilt die Schere von Fiskars mit dem ikonischen orangefarbenen Griff. Und auch hier geht der Trend zur Nachhaltigkeit – kurzum: Die in Finnland hergestellte ReNew-Schere ist eine Neuauflage der beliebten Schere. Sie besteht zu 80 Prozent aus recycelten Materialien und ist zu 100 Prozent recycelbar. Der Griff ist nun nicht mehr orange-, sondern beigefarben.
    „Für die Schere werden Verpackungsabfälle, recycelter Stahl und recycelte Papierfasern verwendet, um eine Schere herzustellen, die dieselbe hohe Qualität und überlegene Leistung aufweist, die die Fiskars-Schere zu einer Ikone gemacht hat, die von Milliarden Menschen geliebt und verwendet wird“, teilt der Hersteller dazu mit. „Jede Schere wird in der Fabrik in Finnland von Hand getestet, um sicherzustellen, dass sie nicht nur gut aussieht, sondern sich auch gut anfühlt und gut klingt.“
    Die ReNew-Linie umfasst sieben Scheren. Ihre Griffe bestehen aus Zellulosefasern und recyceltem Kunststoff, die Klingen aus recyceltem Stahl. Die Verpackungen sind aus recycelten Papierfasern hergestellt. So kommen Design und Nachhaltigkeit gleichermaßen auf einen guten Schnitt. Text: Claudia Kuzaj, Foto: Tecnolumen