Jubiläum – 50 Jahre Volkshochschule Lilienthal
1974 begann die Volkshochschule Lilienthal ihre Arbeit mit gerade einmal zehn Veranstaltungen. Zwei Jahre danach hatte sie bereits doppelt so viele Hörer wie zu Anfang. Es kamen Nebenstellen in Worpswede, Ritterhude und Grasberg hinzu. Heute sei das Programmheft fast so dick wie der Quelle-Katalog, meinte gut gelaunt der Landtagsabgeordnete Axel Miesner bei seinen Grußworten zum Festakt am 30. August. Er habe in der VHS Schreibmaschine-Schreiben gelernt. Die Leiterin der VHS, Dr. Martina Michelsen, hieß neben ihm Bürgermeister Kim Fürwentsches (er hatte einmal einen Portugiesisch-Kurs belegt) und die Direktorin des VHS-Landesverbands Niedersachsen, Berbel Unruh, willkommen. Jede der 57 Volkshochschulen im Bundesland sei anders, habe andere Akzente, berichtete sie. Die VHS Lilienthal richte den Fokus vor allem auf kulturelle Bildung und sei besonders durch die in jedem Semester wechselnden Schwerpunkt-Themen hervorgetreten. Ihre Ausstrahlung gehe über die Region hinaus, auch bis nach Bremen.
„Erwachsenenbildung und Demokratie“, so der Titel des Festvortrags von Prof. Dr. Bernd Käpplinger von der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Vereinspolizei-liche Interventionen verhinderten in den Anfängen, dass sich eine Volkshochschule überhaupt so nennen durfte. Hochschule und Volk – das passte nicht zusammen. Die Eliten wollten unter sich sein. Ja, selbst in jüngerer Zeit hat der Name einen abmindernden Beigeschmack, wenn zum Beispiel der Spiegel im Jahr 2020 die Podcasts der Virologin Sandra Ciesek rügt, sie klängen ein wenig nach Volkshochschule oder aber die Süddeutsche Zeitung noch im Februar dieses Jahres titelt: „Liebe Provinzdeppen, kommt alle in die VHS“. Nun – das soll man wohl nicht so ernst nehmen. Es gehöre heute zum Selbstverständnis der Erwachsenenbildung, ihre Geschichte als Demokratiegeschichte zu lesen. Dies blende zwar aus, dass es auch andere Begründungen und Realisationen in Geschichte und Gegenwart gibt, die beileibe nicht auf demokratischer Basis stehen oder der Demokratie dienlich sind. Zum Beispiel während der Nazizeit. So, dass der britische Diplomat Sir Robert Vansittart 1945 meinte, die Deutschen seien nicht demokratiefähig. Es ist anders gekommen. Deutschland hat doch eine demokratische Entwicklung genommen. Und die Volkshochschulen haben einen wesentlichen Teil dazu beigetragen. Bereits 1994 war der Umweltschutz ein Thema, und seit spätes-tens 2021 ist Integration eine Selbstverständlichkeit für die Volkshochschulen. Nicht nur die ausgesprochen politischen Kurse im Programm der VHS Lilienthal haben etwas mit Demokratie zu tun, auch in zahlreichen anderen Themen spielen politische Überlegungen eine deutliche Rolle.
Der zweite Teil des Abends wurde von der Akkordeonspielerin Mariska Nijhof musikalisch begleitet. In Gesprächsrunden und einem kleinen Quiz mit Martina Michelsen und Silke Paar vom Beirat der VHS zeigten ehemalige und aktive Mitarbeiter, wie lebendig sie „ihre“ Volkshochschule empfinden. Uwe Kempf zum Beispiel, der die VHS mit begründet hat, Christine Beulshausen, die vorherige Leiterin, die Dozentinnen Imke Schubert und Annette Umlauft, Marten König, das jüngste Beiratsmitglied und die Dozentin Christel Gaiser-Wolff. Im Publikum sah man Freunde und Sympathisanten der VHS: die ehemaligen Bürgermeister Detlef Stormer und Willi Hollatz, die Künstlerinnen Antke Bornemann und Yuki Klink, Harald Kühn, Martina Sackmann und so viele andere. Der Schroetersaal war „ausgebucht“.
Text und Foto: EM