Überraschung!

Nachdenkliches von Pastor Thomas Ziaja

Ich liebe sauber geplante Tage. Im Kalender stehen klare Blöcke: Vormittags Mails beantworten, mittags eine Besprechung, danach eine Stunde für den Gottesdienstentwurf. Am Abend ein Geburtstagsessen mit Freunden. Solche Tage sind großartig. Sie haben einen klaren Anfang, ein lohnendes Ziel. Alles ist an seinem Platz und am Ende habe ich das Gefühl, dass ich richtig was geschafft habe.

Nur leider klingelt um 10:15 Uhr das Telefon. Telefonieren ist ja fast wie Mails beantworten. Und außerdem war der Name einer Freundin auf dem Display. Ich lächle und gehe ran. Am anderen Ende höre ich eine leise, fast unverständliche Stimme: „Kannst du vorbeikommen?“ Den Grund hat sie mir nicht verraten, aber klar war, dass ich da jetzt hin muss. „Halbe Stunde“, denke ich. „Das passt schon.“

Kurze Zeit später sitze ich auf ihrem Sofa, der Kaffee dampft in der Tasse. Sie redet stockend. Dann fließen die Tränen. Wir reden, wir schweigen, wir lachen sogar zwischendurch. Die Zeit geht dahin. Die Besprechung rückt näher. Ich telefoniere und verschiebe sie. Die Arbeit am Gottesdienst rückt in die Ferne. Irgendwann steht der Kaffee kalt auf dem Tisch. Als ich gehe, ist es Nachmittag, und mein schön geplanter Tag ist dahin.

„Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg; aber der Herr allein lenkt seinen Schritt“, heißt ein Spruch aus der Bibel (Sprüche 16,9). Ich hatte meinen Weg erdacht bis ins Kleinste. Aber an diesem Tag war es, als hätte jemand heimlich die Karte ausgetauscht. Der Tag war weder eine Sackgasse noch ein Umweg. Es war einfach eine ganz andere Straße, die ich nicht auf dem Plan hatte.

Auf meinem Schreibtisch zu Hause liegt die To-do-Liste des Tages. Einiges war abgehakt, anderes nicht. Früher hätte mich das geärgert. Ich hätte Panik geschoben, wie ich das nur aufholen soll. Heute schaue ich auf den Zettel und weiß: Der wichtigste Punkt steht gar nicht drauf.

Ich mag meine Pläne. Sie geben Sicherheit, Ordnung und das Gefühl, alles im Griff zu haben. Aber manchmal nimmt Gott mir diese Landkarte aus der Hand und zeigt auf etwas, das ich sonst übersehen hätte. Und ja, manchmal ist es unbequem, nervig, anstrengend. Doch im Rückblick liegt genau darin oft der Moment, der den Tag trägt.

Am Abend sitze ich dann doch noch mit meinen Freunden beim Geburtstagsessen. Wir stoßen an, lachen, erzählen. Keiner wusste, dass mein Tag nicht so gelaufen war, wie ich ihn morgens aufgeschrieben hatte. Nur ich wusste es, und ich wusste auch, dass er besser gelaufen war, als ich es je hätte planen können.

Nicht alles, was mich aus dem Plan wirft, wirft mich aus der Spur. Manches bringt mich genau dorthin, wo ich hin muss. Meinen Listen fehlt viel zu oft ein Feld mit der Überschrift „Überraschung!“ Eine Leerstelle dafür und dann habe ich wirklich viel geschafft.