Durch Bienen total angepikst

Hobbyimker aus der Region: Dr. Michael Fakharani

Es gibt Bienen und es gibt Bienen. Die einen sind normale Honigbienen, die anderen stubenfliegengroße, stachellose Bienen (Apis meliponini), die ihren Honig in becherförmigen Harzgefäßen lagern. Sie und die Wundheilkraft ihres Honigs lernte Dr. Michael Fakharani bei seinen Aufenthalten in Tansania kennen.

Seit zehn Jahren fährt der Bremer Orthopäde mehrmals pro Jahr in den Süden des ostafrikanischen Landes, um hier an einer Klinik „pro bono“ Klumpfüße zu operieren. Dabei fiel ihm in der Wundversorgung großer Fleischwunden der Einsatz einer „komischen Flüssigkeit“ auf. Es handelt sich um „stingless bee honey“ SBH, der sich durch einen hohen Anteil an antioxidativen, antimikrobiellen und entzündungshemmenden Substanzen auszeichnet. Die dunkelbraune Flüssigkeit ist zudem feuchtigkeitsspendend und granulationsfördernd, sodass Wundangiogenese und Sauerstoffversorgung der Haut angeregt werden. Wenig süß und leicht säuerlich wird der SBH in Tansania nicht in der Ernährung, sondern nur in der Medizin verwendet.
Als Hobbyimker mit mittlerweile nur noch drei Völkern auf dem Oberneulander Golfplatz und als Mensch, der den armen Menschen in Tansania helfen möchte, sah er eine Chance in der Verbindung von SBH und Witwen, die am Rande der Gesellschaft stehen.
Das Schicksal der mittellosen Witwen, die ihre Kinder in das Krankenhaus brachten, rührte ihn und seine Frau Heike an. Daraus entwickelten sie ab 2016 das Witwen-Honig-Projekt Mikindani, mittels dessen mittlerweile sieben Witwen die Imkerei erlernten und sich mit dem Verkauf von SBH an die örtlichen Krankenhäuser in Nyangao und Ndanda sowie von Honig von Honigbienen und deren Wachs ein Einkommen erwirtschaften.
2017 erhielten die Imkerinnen eine Anschubfinanzierung resultierend aus Spenden sowie die Unterstützung durch den Imkerverein Bremen und den Rotary Club Oyten. Dank der Unterstützung sind die Beschaffung und örtliche Herstellung von Bienenstöcken, die Durchführung von Imker- und Hygienekursen und die logistische Anleitung zur Vermarktung des herkömmlichen Honigs für mehrere Jahre gesichert.
2022 gründeten die tansanischen Imkerinnen die „Mikindani-Witwen-Honig-Kooperative“ und richteten ein Bankkonto ein, über das die sieben Honigdamen allein verfügen können. Und das, obwohl vier der sieben Imkerinnen Analphabetinnen sind. Einmal pro Jahr kontrolliert Fakharani die Buchführung der sieben Honigdamen. „Die Frauen sind sehr gewissenhaft“, sagt er voller Zufriedenheit.
Dass das Projekt funktioniert hat, hängt mit der Motivation der Frauen, die außerhalb der Gesellschaft standen, zusammen. Ihr Antrieb ist es, ihre Kinder zu versorgen und zur Schule schicken zu können. „Das hat funktioniert“, sagt Fakharani voller Freude und Stolz. Mittlerweile genießen die Frauen viel Ansehen in ihrem Dorf und werden aufgrund ihres Fachwissens zum Einfangen von Bienenschwärmen gerufen. Ziel sei es, dass das Projekt nachhaltig fortgeführt wird, so der Bremer Orthopäde.
Entscheidend bei dem Witwen-Honig-Projekt sei, dass es sich um eine überschaubare kleine Gruppe von Frauen handelt. Aus diesem Grund baut Fakharani an einem 300 Kilometer entfernt liegenden Krankenhaus ein zweites Witwenprojekt auf. Plan ist, im Rahmen von Ernährungsberatung den Frauen die positiven Effekte von Honig der Honigbienen auf die Entwicklung von Kindern näherzubringen.
Über jede Entwicklung und jeden Schritt wird Dr. Michael Fakharani mit kleinen Filmen auf dem Laufenden gehalten. Mittlerweile wollen die Honigdamen mehr und haben sich durch die Schulung eines Trainers noch mehr Imkerwissen angeeignet. Mithilfe von Mikrokrediten erwarben sie ein Grundstück, um mehr Honigbeuten aufhängen und damit die Ernte vergrößern zu können. Denn im Gegensatz zu Honigbienen produzieren die stachellosen Bienen pro Beute nur 600 Gramm. Dr. Michael Fakharani hat dafür gesorgt, dass die Imkerinnen einen guten Preis für ihren Honig zur Wundbehandlung von den Krankenhäusern erhalten. Zukünftig aber, so kündigt er an, wird er sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen und die Honigdamen eigene Preisverhandlungen führen lassen. Hatten die Frauen früher pro Tag für sich und ihre mindestens drei bis vier Kinder 1 Euro zur Verfügung, hat sich ihr Einkommen durch das Witwen-Honig-Projekt verdreifacht.
13.000 Euro generierte Dr. Michael Fakharani durch den Verkauf des Bienenhonigs, den seine Völker auf dem Gelände des Golfplatzes sammeln. Die Einnahme eines jeden im Golfclub verkauften Honigglases kommt zu 100 Prozent den tansanischen Witwen zugute und hilft so, ihren Unterhalt selber verdienen zu können. 13.000 Euro sind der Grundstock, aus dem Mikrokredite zur Anschaffung des Grundstücks, einer Ziege, Hühner, von Nähmaschinen, einem Plumpsklo oder einem Wellblechdach getätigt werden können. Für jede finanzielle Transaktion ist allerdings die Unterschrift von Vorsitzender, Schatzmeisterin und Schriftführerin der „MIKINDANI-Witwen-Honig-Kooperative“ nötig. „Ich mache es, weil es mir Freude bereitet und mich wie in einer Familie aufgenommen fühle“, sagt der Bremer Orthopäde, der zum Operieren mit Interplast-Germany in das Land kam und die Honigbeuten der stachellosen Bienen entdeckte.
www. honigprojekt-tansania.com

Text und Foto: Sabine von der Decken

Zum Foto: Heike und Michael Fakharani kamen zum Operieren nach Tansania und organisierten mithilfe des von ihnen ins Leben gerufenen Witwen-Honig-Projekts Hilfe zur Selbsthilfe.