Sommerliches Picknick
und „Viel Lärm um nichts“ auf Gut Hodenberg
Wie immer gut gelaunt begrüßte Stiftungsvorstand York Stahlknecht am ersten Sonntag im September das Publikum zu einer Inszenierung der Bremer Shakespeare Company von „Viel Lärm um nichts“ auf der Bühne des Heckentheaters des Gut Hodenberg. Seit 1996 lädt die Stiftung „Der Hodenberg“ die Bremer Shakespeare Company für ein Theater-Event im Freien ein.
„Vor 28 Jahren gastierte die Bremer Shakespeare Company zum ersten Mal auf dieser Bühne – mit dem gleichen Stück“, erinnerte sich York Stahlknecht. Seitdem sei die Zeit geradezu „verflogen“: „Kurz darauf bin ich als Zwanzigjähriger für mein Studium nach München gezogen. Mittlerweile habe ich eine tolle Familie und bin stolz, wieder auf Gut Hodenberg zu leben.“ Die Aufführungen der Bremer Shakespeare Company seien eine Institution und hätten als feste Konstante seine Lebenszeit auf positive Weise beeinflusst, berichtet Stahlknecht. Wie wichtig es sei, „die Zeit so zu nutzen, damit es unsere Zeit ist“, hätte Lilly Rickmers mit der Gestaltung der Freilichtbühne Anfang des 20. Jahrhunderts für sich und andere umgesetzt. „Sie in der Zeit zu halten und regelmäßig zu beleben, ist die Aufgabe der Stiftung, die durch die Unterstützung des Publikums und durch Spenden seit nunmehr 28 Jahren sehr gut gelingt“, so York Stahlknecht.
Geradezu aktuell – fast schon zeitgenössisch – könnte man die Werke von William Shakespeare bezeichnen. Schon vor über 400 Jahren wusste er um die Themen, die unsere Zeit bestimmen. Um die Einsamkeit des modernen Menschen, der getrieben wird von seinen Träumen, Ängsten, Begierden und Fantasien. Zugleich war Shakespeare noch ein Mann des mittelalterlichen Moraltheaters, in dem es um den ewigen Widerstreit von Laster und Tugend ging. In diesem vormodernen Denken war das Theater eine Metapher für die Welt. Und Shakespeare durfte mit voller Lust am derben Spiel auf direkte Wirkung zielen, auf die Unterhaltung eines Publikums, das sich aus allen Gesellschaftsschichten zusammensetzte und auf seine Kosten kommen wollte.
Voll auf ihre Kosten kamen bei herrlichem Spätsommerwetter auch die Zuschauer am 1. September auf Gut Hodenberg. Nachdem viele schon „eine gute und ausgelassene Zeit“ beim vorhergehenden Picknick im Park des Guts hatten, füllten sich die Reihen des Heckentheaters um 17 Uhr, um die Akteure der Bremer Shakespeare Company beim lautstarken Auftakt von „Viel Lärm um nichts“ zu begrüßen.
Die Bremer Shakespeare Company hat das Verwirrspiel um Liebe, Intrigen, Täuschung, Verrat und Eifersucht für die Saison 2024/25 neu inszeniert und dabei alte Rollenklischees abgelegt: Viele Frauenrollen sind mit Männern besetzt, alle Männerrollen von Frauen. Da ist es teilweise gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten, zumal sich die Schauspieler um Markus Seus und Petra Janina Schultz zeitweise gesichtslos oder in wuscheligen Ganzkörper-Girlanden präsentieren. Ansonsten wird die Szenerie von militärischen Tarnmustern sowie Glitzer, Tüll und der Farbe Pink beherrscht, um trotz Geschlechtertausch „typisch“ männliche bzw. weibliche Attribute zu unterstreichen.
Im idyllischen Messina, wo Herzog Leonato die beiden Kriegshelden Claudio und Benedick empfängt, entfacht ein Maskenball ein regelrechtes Liebeschaos, in dem keiner mehr weiß, wer wem trauen kann und warum man wen eigentlich liebt. Die scharfzüngige Beatrice und der wortgewandte Benedick liefern sich geistreiche Wortgefechte, während Hero und Claudio von eifersüchtigen Intrigen bedroht werden. Die Liebe entsteht immer vor den Blicken der anderen und ist eingefädelt durch Hörensagen und von Gerüchten.
Wenn Shakespeares Original auf Verwirrung abzielte, dann toppt die Inszenierung der Bremer Shakespeare Company das Ansinnen des Literaten durch Effekte, die oftmals befremdlich, aber niemals peinlich wirken. Wie im Original ist es das Tempo der Gespräche, der Wortwitz und sind es die vielen kleinen Anzüglichkeiten, die den Charme von „Viel Lärm um nichts“ ausmachen. Und wie schön ist es dann doch, dass nach ungefähr acht Intrigen zwei Frauen und zwei Männer erst gewollt – dann nicht gewollt oder vielmehr erst nicht gewollt, dann doch gewollt – zu glücklichen Paaren werden. Ganz schön viel Lärm um nichts – oder?
Text und Foto: Meike Müller