Naturschutz macht nicht an Landesgrenzen halt

Projekt „Auenlandschaft Untere Wümme“ bewilligt

Was lange währt, wird endlich gut. So könnte der Prozess für die Bewilligung des Projekts „Auenlandschaft Untere Wümme“ im Rahmen des Bundesprogramms „Blaues Band Deutschland“ überschrieben sein. Schon 2017 beschloss die Bundesregierung, zur Renaturierung der Bundeswasserstraßen und deren Auen das Bundesprogramm „Blaues Band“, ein flankierendes Förderprogramm zur naturnahen Auenentwicklung, ins Leben zu rufen. Davon profitiert jetzt auch die Wümme, die infolge des Unterweserausbaus einem unnatürlich starken Tidenhub ausgesetzt ist. Deren Auenlandschaft ist wertvoller Teil des länderübergreifenden Biotopverbundes Bremen/Niedersachsen. Mit ihrem Projekt „Blaues Band Untere Wümme“ will die NWNgGmbH – Tochter der Stiftung NordWest Natur – nun auf einer Fläche von 78 Hektar naturnahe Auengewässer als Lebensraum für auentypische Pflanzen und Tiere schaffen und einen möglichst intakten Wasserhaushalt im Bereich von Schilfröhrichten herstellen.
Das Projekt „Blaues Band“ wird über die Maßnahme „Auenrenaturierung an Fließgewässern“ im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) gefördert. Ziel ist es, die Potenziale naturnaher Fließgewässer und Auen für den natürlichen Klimaschutz, zur Klimaanpassung und zur Sicherung der biologischen Vielfalt zu nutzen. Für das siebenjährige Projekt „Auenlandschaft Untere Wümme“ werden Kosten in Höhe von 7,7 Millionen Euro veranschlagt. Im Rahmen des ANK übernimmt das Bundesumweltministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) mit 5,672 Millionen Euro 75 Prozent. Die verbleibenden 25 Prozent werden gedeckt durch 996.000 Euro von der Senatorin für Umwelt, Klima und Umweltschutz Bremen, einem Eigenanteil der Stiftung NWNgGmbH in Höhe von 631.000 Euro und durch Mittel des niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz in Höhe von 245.775 Euro. Ergänzend werden Grundstücke eingebracht.
Ziel der Maßnahmen ist die Verbesserung des Zustands und die Vergrößerung der Bestände wassergebundener Arten und Lebensräume. Bei der Projektumsetzung findet eine enge Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren wie Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Weser-Jade-Nordsee, Landkreis Osterholz, Niedersächsischem Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN Verden sowie dem Bremischen Deichverband am rechten Weserufer statt.
Flussauen sind von Natur aus ganzjährig wassergeprägt. Wasserstände können hier durchaus schwanken, ein täglich wiederkehrender starker Abfall des Wasserspiegels ist jedoch nicht natürlich und ökologisch schädlich. Zu einer naturnahen Flussaue gehört eine Vielzahl unterschiedlicher Gewässer mit ihrer typischen Pflanzen- und Tierwelt. „Solche Gewässer gibt es zurzeit im Naturschutzgebiet der Unteren Wümme zwischen Borgfeld und Wasserhorst praktisch gar nicht!“, sagt Projektleiter Gunnar Oertel. Wie eine an Kleingewässern reiche Auenlandschaft aussieht, vermitteln Führungen mit der Stiftung NordWest Natur im benachbarten Naturschutzgebiet der Borgfelder Wümmewiesen. Mit dem Projekt Auenlandschaft Untere Wümme will die Projektträgerin NWN gGmbH an geeigneter Stelle in der Aue für mehr Naturnähe sorgen. „Im Mittelpunkt des Auenprojektes stehen die ganzjährige Vernässung von Schilfröhrichten und die Entwicklung naturnaher Auengewässer. Infolge der starken Strömung und extremer Wasserstandsschwankungen fehlen die für einen naturnahen Fluss typischen Wasser- und Uferpflanzen. Die geplanten strömungsberuhigten Flachgewässer sind daher von großer Bedeutung für eine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt. Sie sollen unter anderem Nahrung und Aufzuchträume für Fische und Lebensraum für Libellen bieten“, so Projektleiter Gunnar Oertel.
Während der ersten Projektphase in 2024/2025 sind der Grunderwerb in den Planbereichen des Projektes sowie die Vergabe und Durchführung umfangreicher biologischer Untersuchungen von Biotoptypen, Flora, Vegetation und Fauna Arbeitsschwerpunkt. Der Start der biologischen Untersuchungen ist für Oktober 2024 im Bereich Fischfauna geplant. Dem voraus gehen vorbereitende Untersuchungen (Kampfmittelsondierung etc.).
Da die Maßnahmen in Naturschutzgebieten stattfinden, haben Spaziergänger in aller Regel wenig Chance, spektakuläre Bautätigkeiten mitzuverfolgen. Eine erste Umsetzung von Maßnahmen findet am Kreuzdeich im Vorland beim Deichverband am Lehesterdeich mit der Entwicklung von Nassröhricht statt, die der Verhinderung des Leerlaufens der Gräben bei Niedrigwasser im Fluss dient.
Erst in eine spätere Phase des Projekts fällt die für das Niederblockland geplante Wasserhaltung bei einem Süßwasserwatt im Vorland, die für Spaziergänger und Radfahrer gut erlebbar sein wird. Aktuell fällt dieses Biotop fast täglich trocken. Mithilfe der ausgeführten Maßnahme soll es ganzjährig Wasser führen, um Tiere und Pflanzen in diesem Bereich ansiedeln zu können.
Nicht im Nahbereich der Deiche und daher den Blicken Interessierter verborgen bleibt die Anlage einiger naturnaher Auengewässer.

Text und Foto: Sabine von der Decken