Ordnung machen

Von Pastor Thomas Ziaja

Während ich in der Sommerpause so meinen Schreibtisch aufräume – was soll man bei dem wunderbaren Bremischen Sommer dieses Jahres auch sonst tun – kommt mir der Gedanke, dass Gott das wohl auch so gemacht hat; damals, ganz am Anfang.
Gott hatte tolle Ideen: das Schnabeltier und Schäfchenwolken, die Aale und den Bärenklau, den Riesenalk und das Bärtierchen. Projektskizzen türmten sich auf seinem Schreibtisch. So viel war in Gottes Sinn und irgendwie brachte er all das ins Sein. Manches radierte er wieder weg, anderes wurde zum Erfolgsmodell. Diese ganz widersprüchlichen Wesen hätten gut neben-, über- und untereinander leben können.
Ziemlich bald aber fing Gott an, die Dinge zu ordnen. Licht und Finsternis wurden getrennt, damit Tag und Nacht nicht übereinander herfallen. Wasser und Land spalteten sich auf, damit die Erde nicht ersäuft und das Nass nicht vertrocknet. So ging es bis zum Schluss. Warum aber?
Am Ende kam der Mensch in diese Welt hinein und fand sie gut geordnet vor. Für das Chaos ist der Kopf des Menschen aber nicht geschaffen. Er braucht statt-dessen eine Ordnung, ein System, damit ihm der Kopf nicht platzt und das Leben nicht aus dem Ruder läuft. Doch leider neigt der Mensch dazu, es so zu machen wie ich. Er türmt Problem auf Problem zu einem Gebirge und müht sich dann ab, es wieder kleiner zu machen. Doch nebenbei türmen andere Menschen auch ihr Chaos vor sich auf und die Bemühungen führen ins Nichts.
Als ich in diesem verregneten Sommer in Bremen meinen Schreibtisch aufräume, denke ich das alles so vor mich hin. Im Juni waren wir hart an der Dürre, jetzt
saufen wir bald ab. Beim Schreiben stürmt es vor meinem Fenster wie im Herbst, aber es ist August. Das alles ist kein Beweis, aber es stimmt mich sehr nachdenklich, wie viel Chaos, das Menschen ganz unabsichtlich schaffen, diese Erde noch verträgt und wie gut alles doch einmal eingerichtet war. Gott hat den Schreibtisch sortiert, bevor er sein Projekt startete. Schritt für Schritt entstand so eine gute, heile Welt. Erst als der Mensch kam, wurde aus der guten Ordnung wieder ein Chaos, das Gott hätte beherrschen können und der Mensch nicht aushalten kann.
Manchmal droht mein Kopf zu platzen, dann schaffe ich Ordnung. An meinem Schreibtisch liegt nun eine Karte mit einem Wort aus der Bibel: »Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.« Bei allem, was in Zukunft auf meinem Tisch landet, bei allem, was ich anfange und tun werde, frage ich mich: Ist das gut oder macht es Chaos? Passt es in das hinein, was Gott gut für mich geordnet hat, dann los! Falls ich daran Zweifel bekomme, schiebe ich es lieber zur Seite.
Wenn wir gar nicht erst Chaos entstehen ließen, sondern einer guten Ordnung einfach ihre freie Bahn ließen mit Bärenklau und Schäfchenwolken nebeneinander, ohne das eine oder das andere beherrschen zu wollen, dann leuchtet mitten unter uns das auf, was nur für uns Menschen gemacht wurde, eine heile Welt, die ich das Reich Gottes nenne. Weniger von meinem Chaos vor mir und in dieser Welt und mehr von der Ordnung Gottes, die bunt und manchmal ganz schön schräg ist, das könnte die Lösung sein – denke ich so beim Aufräumen.