Vergessene Musik

Es gibt sie auch heute noch: Verloren geglaubte Kompositionen, die zufällig wieder auftauchen, etwa Igor Strawinskys Chant funèbre, der 2015 bei Renovierungsarbeiten im St. Petersburger Konservatorium vom Archivstaub befreit werden konnte. Aber es gibt auch Werke und Komponisten, von deren Existenz kaum jemand weiß. Solche Schätze zu heben, ist ungleich schwieriger. Das Ergebnis einer solchen „Ausgrabung“ wird nun in Oberneuland zu erleben sein.
Karl Klingler (1879-1971), Großvater von Pastor im Ruhestand Michael Klingler, war Geiger, Bratscher und Komponist. Nachdem er in Berlin an der Königlichen Akademischen Hochschule für ausübende Tonkunst Geige bei Joseph Joachim sowie Komposition bei Max Bruch und Robert Kahn studiert hatte, war er für zwei Jahre Konzertmeister bei den Berliner Philharmonikern, ehe er als Professor und später Nachfolger Joachims an die Musikhochschule berufen wurde. Er wirkte u.a. als Bratschist im Joachim-Quartett, gründete 1905 sein eigenes Quartett – bis er 1936 seine Professur verlor und Auftrittsverbot bekam, weil er sich u.a. weigerte, den Cellisten seines Quartetts, Ernst Silberstein, „auszuwechseln“. Neben zahlreichen Kompositionen verfasste er auch musikpädagogische und -theoretische Schriften.
Francisco Fernández (Viola) und Albert Lau (Klavier) haben Karl Klinglers Bratschensonate nun „vom Staub befreit“ und werden sie zusammen mit Joseph Joachims Hebräischen Melodien nach vielen Jahrzehnten des Archivschlafs wieder erklingen lassen – am  3.10.2023, 18.00 Uhr, Ev. Kirchengemeinde Oberneuland.  

Text: Dr. Antje Müller

Dienstag, 3.10.2023, 18.00 Uhr, Kammermusik für Viola und Klavier

Werke von Joseph Joachim und Karl Klingler, Francisco Fernández, Viola und Albert Lau, Klavier

Eintritt: 15,- Euro (erm. 10,- Euro) an der Abendkasse

Foto: Karl Klingler-Stiftung