Eine halbe Million Haustiere

Fridtjof Michels aus Oberneuland

Er probiere gerne neue Sachen aus, sagt der 21-jährige Fridtjof Michels. Deshalb versuchte er sich an der Imkerei – und blieb dabei. Im Alter von 16 Jahren startete der Schüler in der Imker-AG der Schule mit dem neuen Hobby.

Es folgte trotz seines jungen Alters schnell der Imkerlehrgang auf dem Lehrbienenstand des Bremer Imkervereins. Mit einem Volk startete er, das er von seinem Patenonkel aus Schleswig-Holstein bekam. Im nächsten Jahr waren es schon zwei, aktuell hat der Jungimker acht Völker. Das passt zwar mit Beginn des Studiums nicht zu seiner aktuellen Lebenssituation, aber Vater Klaus hat die Betreuung der Völker zugesagt. Schon Fridtjof Michels Großvater imkerte. Daher liegt die Vermutung nahe, dass seine Affinität für Bienen daher rührt.
In Dadant-US-Beuten hat der 21-Jährige seine Bienen untergebracht. Das Format, sagt er, habe er von seinem Patenonkel übernommen. Mittlerweile ist er davon komplett überzeugt. Laut Umfrage des Deutschen Bienenjournals aus dem Jahr 2017 verwenden 12 Prozent der Imker, davon überwiegend Jungimker, in Deutschland die Dadantbeute. Die Vermutung liegt nahe, dass Imker bei diesem Beutentyp einen größeren Bezug zur wesensgemäßen Imkerei sehen.
Vorteil der Dadantbeute ist, dass es nur einen Brutraum gibt, sodass der Imker die Brutwaben bei der Verwendung dieser Beute nicht im Rotationsverfahren auswechseln kann. Bei diesem Beutentyp tauscht der Imker die Waben nach und nach über die Brutperiode zwischen Frühling und Herbst. Dadant bietet der Königin viel Platz zum Bestiften der Waben. Ungefähr 2000 Eier legt eine Bienenkönigin am Tag. Das nennt man in der Imkersprache auch das Bestiften der Waben. Aufgrund des Absperrgitters kann die Königin, die von bis zu 15 Drohnen begattet werden kann, aber nicht vom Brut- in den Honigraum. Das Ziel sind starke Völker mit viel Brut und einer hohen Ertragsleistung. Zum leichteren Handling gibt es nur einen halben Honigraum. Durch die strikte Trennung von Brut- und Honigraum und Rähmchen liefe man nie Gefahr, dass bereits bebrütete Waben aus dem Vorjahr noch vorhanden sind. Alle drei Jahre, so Michels, müssen die Brutwaben ausgetauscht werden. Im Brutraum befinden sich Stifte, Larven und verdeckelte Maden. Die Stifte seien das Wichtigste, so Michels. „Wenn die da sind, weiß ich, ‚Mutti‘ war in den letzten zwei Tagen zu Hause.“
Die größte Herausforderung bei der Imkerei war für Fridtjof Michels die mangelnde Erfahrung. Gerne holte er sich Rat bei Marten Carstensen, stellvertretender Vorsitzender des Bremer Imkervereins. Mittlerweile sieht Fridtjof Michels auf einen Blick, ob es seinen Völkern gut geht und erkennt rechtzeitig die Schwarmbereitschaft. Dann heißt es, den Honigraum zu erweitern und Drohnenrahmen gegen den Befall der Varroamilbe zu schneiden. Einmal pro Woche entfernt er die Waben. „Dann haben sie erst einmal zu tun und kommen nicht zum Schwärmen“, sagt Michels. Jedes Jahr aufs Neue würde der Befall mit Varroamilben unterschätzt. Er habe dadurch in den vergangenen Jahren fünf bis sechs Völker verloren. In den vergangenen Jahren gab es hohe Verluste durch den Varroabefall der Völker.
Starke Völker, weiß Fridtjof Michels, seien stärker betroffen, weil sie bei anderen Völkern räubern. Nach der zweiten Honigernte müsse man in jedem Jahr mit der Varroabekämpfung beginnen.
Ein gutes Wirtschaftsvolk habe 60.000 bis 70.000 Bienen. Bei dieser Größenordnung sei es sinnvoll, mithilfe von Stockkarten den Zustand und die vorgenommenen Maßnahmen zu dokumentieren, das weiß er aus Erfahrung. „Die Qualität eines Bienenvolks hängt ganz stark von der Königin ab“, sagt der Jungimker. In seinem Garten schwirrt fast eine halbe Million an Carnica-Bienen und produzieren Honig. Diese Art seien gute Sammlerinnen und sehr sanftmütig. Eigentlich produzieren acht Völker ca. 300 Kilogramm Honig. Aufgrund der schlechten Witterung in diesem Jahr aber waren es bislang von vier Wirtschaftsvölkern nur 30 Kilogramm. Bevor die Ernte in Gläser gefüllt wird, muss er für Cremigkeit und Feinkristalligkeit kräftig gerührt werden. Erst dann ist der Honig streichzart.
Das außergewöhnliche Hobby hat Fridtjof Michels schon immer begeistert. Seinen Honig verkauft er an Freunde und Bekannte, der Hausverkauf an der Straße ist allerdings wegen zu geringer Ernte noch geschlossen. Mit 60.000 Haustieren pro Kasten ist der angehende Systems Engineering-Student ausgelastet. „Die Damen bereiten viel Arbeit“, sagt er lachend. In den Anfängen mit wenig Erfahrung kostete ihn die Arbeit am Bienenstock mehr Zeit. Das hat sich gegeben. Und gestochen wurde er im Laufe der Jahre auch immer seltener, in diesem Jahr noch gar nicht. „Je sicherer und entspannter die Handgriffe sind, umso ruhiger sind auch die Bienen. Aber wenn ein Volk richtig aufgebracht ist, dann stechen sie auch durch den Imkerschleier.“ Für solche Fälle hat sich Fridtjof Michels eine robuste Arbeitshose zugelegt, zudem erkennt er Unruhe im Stock sehr viel schneller und kann vorbeugen.
Auch nachts summt es im Bienenstock, denn dann trocknen die Bienen den eingesammelten Honig. Erst bei einem gesetzlich vorgeschriebenen Wassergehalt von 16 bis 17 Prozent darf der Honig geerntet werden. Dann hat er eine Mindesthaltbarkeit von zwei Jahren.


Text und Foto: Sabine von der Decken