Rasenfrei grün

Rasenflächen sind ein zentraler Bestandteil vieler Gärten – ganz unabhängig von der Grundstücksgröße. Sie stehen für Frische und Vitalität, sind für viele Menschen ein Synonym für Garten schlechthin. Doch ein Garten kann auch mit wenig oder sogar ganz ohne Rasen ein toller Ort sein. Gestaltungsprofi Torsten Koplin erklärt, welche Vorteile es hat, auf Rasen zu verzichten, und wie man auch ohne ihn einen ästhetisch wie funktional attraktiven Garten gestaltet.
Kein Garten ohne Rasen. So denken viele Gartenbesitzer. Doch es gibt gute Gründe, das Konzept Rasen zu überdenken – sowohl aus ökologischer als auch aus ästhetischer Sicht sowie unter dem Aspekt der Pflegeleichtigkeit. Das überzeugt auch immer mehr Gartenbesitzer. Diese Erfahrung hat Torsten Koplin gemacht. „Viele Gartenbesitzer über alle Altersschichten hinweg haben zum Beispiel ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass ihr Garten einen Beitrag dazu leisten kann, die Biodiversität zu stärken“, sagt Koplin. „Und das gelingt deutlich besser, wenn man eine ökologisch wenig ergiebige Rasenfläche durch ein vielfältig und mit Blick auf die Bedürfnisse von Insekten zusammengestelltes Staudenbeet ersetzt.“
Großer Pflegeaufwand
Geradezu verblüffend ist das Festhalten so vieler Menschen an ihrem Rasen, wenn man einmal den Pflegeaufwand betrachtet, den ein solcher grüner Teppich erfordert – vor allem dann, wenn man berücksichtigt, dass Pflegeleichtigkeit bei fast allen Gartenbesitzern ganz weit oben auf der Liste ihrer Wünsche für ihren Garten steht. „Rasenpflege wird oft unterschätzt“, weiß Torsten Koplin aus Erfahrung. „Rechnet man allein die Zeit zusammen, die das in der Wachstumsperiode wöchentlich nötige Mähen erfordert, ist ein Rasen weitaus pflegeintensiver als jedes Beet“, bringt er es auf den Punkt. „Hinzu kommt noch der Aufwand fürs Düngen und Vertikutieren“, ergänzt der Gartengestalter.
Was man ebenfalls nicht vergessen sollte: Ein Rasen braucht regelmäßig Wasser, um so auszusehen, wie seine Fans ihn sich wünschen: sattgrün, vital und dicht. Mit zunehmendem Wassermangel wird allerdings genau das zur Herausforderung. So manche Gemeinde hat in den zurückliegenden Jahren das Wässern von Rasenflächen in den Sommermonaten bereits untersagt, weshalb sich viele über weite Strecken des Sommers in Beige statt Grün präsentieren. Auch stellt sich die Frage, ob man den großzügigen Einsatz von Wasser, den ein Rasen erfordert, auch wenn er weiterhin gestattet bleibt, mit seinem ökologischen Gewissen vereinbaren kann.
Ästhetischer und ökologischer Mehrwert
Torsten Koplin ist davon überzeugt, dass Gärten auch ohne Rasenflächen großartig aussehen und reichlich Aufenthaltsqualität bieten können. „Wer auf Rasen verzichtet, schafft Raum für andere Gestaltungselemente“, stellt er klar. Besonders für kleine Gärten empfiehlt er meist, ganz auf Rasen zu verzichten und die so gewonnenen Flächen lieber anderweitig zu nutzen: „Für die Nutzbarkeit und die Ästhetik eines kleinen Gartens ist es oft ein riesiger Gewinn, statt Rasen beispielsweise einen weiteren Sitzplatz anzulegen. Mit großzügigeren Beeten bringen wir dann außerdem viel zusätzliches Grün in den Garten, das noch dazu sowohl optisch als auch biologisch weitaus vielfältiger ist als eine simple Rasenfläche“, so der Gartengestalter.
Weniger ist mehr
Es muss natürlich nicht gleich der Komplettverzicht auf den Rasen sein. Neben der Reduzierung der Rasenfläche zugunsten anderer Gestaltungselemente kann es sowohl ästhetisch als auch mit Blick auf die Biodiversität eines Gartens eine interessante Alternative sein, den vorhandenen Rasen einfach nicht mehr komplett zu mähen. „Mit dem Mäher in eleganten Schwüngen um einen Bereich herumkurven und das Gras wachsen lassen: Das kann ein sehr attraktives Gartenbild erzeugen, macht die Rasenfläche abwechslungsreicher und spart auch noch Arbeit“, ermutigt der erfahrene Gartengestalter. Auch Wildblumen lassen sich in eine solche Wieseninsel einsäen, doch diese Entscheidung muss durchdacht sein: „Mit Wildblumenmischungen holt man sich eine hohe Dynamik in den Garten. Sie versamen sich, bleiben nicht auf der ursprünglichen Fläche. Außerdem kann sich das Bild einer solchen Fläche schnell wandeln. Denn schon nach dem ersten Jahr fallen einzelne Sorten ganz aus oder werden nach und nach von konkurrenzstärkeren verdrängt.“ Blumenzwiebeln sind übrigens eine weitere Möglichkeit, Farbtupfer in die ungemähte Fläche zu bringen.
Abwechslungsreiche Gartenbilder
Wer bewusst auf Rasen verzichten möchte, dem bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, die frei werdenden Flächen anderweitig zu nutzen. Beete mit üppig wachsenden Gehölzen und Stauden statt kurzlebigen Pflanzen sorgen für dauerhaftes Grün und sind deutlich pflegeleichter als Rasen. „Hier kann man super mit Blühzeitpunkten und Farbkonzepten arbeiten, sodass die Beete ganzjährig attraktiv sind und immer wieder neue Gartenbilder entstehen. Im Gegensatz zum Rasen geben Pflanzen mit verschiedenen Höhen dem Garten eine dritte Dimension. Das erzeugt Dynamik und eine schöne räumliche Wirkung“, erklärt der Profi.
Teppichbildende Alternativen
Hin und wieder werden die Gartenexperten auch nach Alternativen zum Gras als Rasenpflanze gefragt. Doch bei aller Vielfalt stößt die Flora an diesem Punkt an ihre Grenzen: Andere Pflanzen, die sich wie Gräser flächig pflanzen lassen, einen dichten grünen Teppich bilden, schnittverträglich und gut begeh- und sogar bespielbar sind, gibt es nicht wirklich. Wem es weniger um Funktion als um Optik geht, der hat allerdings einige Möglichkeiten: „Teppichbildende Pflanzen wie Römische Kamille (Chamaemelum nobile) oder verschiedene Thymiansorten eignen sich gut für kleinere Flächen und können zwischen Schrittplatten oder am Rand von Gartenwegen schöne Akzente setzen. Für schattige Plätze eignet sich die Dreiblättrige Waldsteinie (Waldsteinia ternata)“, rät Torsten Koplin. „Für größere Grünflächen empfehlen sich Stauden wie Sternmoos (Sagina subulata) oder Fiederpolster (Cotula squalida). Diese Pflanzen bilden weiche Polster und erfordern wenig Pflege, bieten aber dennoch eine gleichmäßig grüne Fläche“, fasst der Gartenprofi zusammen.
Es muss also nicht immer Rasen sein. Vielmehr gibt es zahlreiche Alternativen, um den Garten mit wenig Pflegeaufwand in eine ganzjährig attraktive, grüne Fläche zu verwandeln, die gleichzeitig auch noch ökologisch wertvoll ist und zur Biodiversität beiträgt.