Galerie Mönch: X-TIME die Definition von Zeit

Als Newcomer kann man den Künstler Berend Bode sicher nicht bezeichnen, schließlich malt der Bremer seit seinem vierten Lebensjahr und schon mit zwölf hat der 48-Jährige seinen ersten Kunstpreis erhalten. Aber in der Oberneulander Galerie Mönch ist Bode, obwohl fast um die Ecke lebend und arbeitend, tatsächlich zum ersten Mal zu sehen. Bis zum 27. Oktober kann die Ausstellung „X-TIME“ immer sonntags von 16 bis 18 Uhr oder jederzeit nach telefonischer Vereinbarung besucht werden.

Es gibt Bilder, die soll man „lesen“, und es gibt Bilder, die muss man einfach auf sich wirken lassen. Es gibt Bilder, die etwas „sagen“, und es gibt Bilder, die eine Atmosphäre ausstrahlen. Auch Berend Bodes Bilder bringen eine Atmosphäre in den Raum, der man nicht entgehen kann – und man darf diese auch nicht übergehen, wenn man sich ans Lesen macht, denn die sollte die Auslegung bestimmen. Diese Atmosphäre ist nicht durch die profane Einheit des Bildthemas bestimmt. Diese fehlt bei Bode in der Regel – trotz der plakativen Mitteilungen. Sie ergibt sich auch nicht aus der Physiognomie des Bildes, denn auch die Einheit eines Anblicks tritt dem Betrachter nicht entgegen. Sie wird vielmehr gerade durch Unlogik und Zerrissenheit des Bildinventars bestimmt. Die Werke von Berend Bode zeigen keine Dinge, sondern Symbole, besser: symbolisches Inventar, und sie zeigen auch keine Menschen, sondern Stellvertreter. Insbesondere durch die Maltechnik macht Bode deutlich, dass er sich durchaus in einer Welt des „Spürbaren“ bewegen will. Aber was ist das für eine Welt?
Als eine der wichtigsten künstlerischen Reflexionen benennt Bode das Thema Zeit. Dieses Thema taucht immer wieder auf und bestimmt seine Bildwelt in verschiedenen Formen. In seinen großformatigen Werken vervielfältigt er förmlich Zeit und Raum, dabei wirken Bodes dargestellte Figuren und Szenerien oft eigenartig ungleichzeitig – als würden sich mehrere Zeitebenen überlagern. Es zeigen sich Personen oder Szenen aus den Werken alter Meister oder moderner Künstler, die sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten in derselben Gegend oder im selben Raum aufgehalten haben könnten. Sie stehen in keiner offensichtlichen Beziehung zum Umfeld oder zueinander, haben keine gemeinsame Geschichte. Das Verfließen der Zeit wird symbolisch in zerrinnenden Gegenständen, wie es bereits der Surrealismus, insbesondere Salvador Dali erprobte, festgehalten. Eine Art „Schlierenmalerei“ erfasst zahlreiche Oberflächen und versetzt das Dargestellte in eine Unschärferelation. In anderen Werken fühlt man sich in symbolisch aufgeladenen düster-zwischenweltlichen Bildwelten versetzt, in denen der Maler die Zeit förmlich einfriert.
Schon als Vierjähriger kam der in Oberneuland lebende Künstler mit Pinsel und Farbe in Berührung – Mutter Traute Bode ist ebenfalls Künstlerin und lernte ihr Fach bei Professor Jürgen Waller. Bereits 1988 gewann Bode als Zwölfjähriger den Internationalen Jugendkunstpreis von Tokio. Dies bildete eine große Motivation weiterzumachen, tiefer in die Materie einzutauchen und sich noch als Schüler intensiv der Kunst zu widmen. Nach dem Abitur studierte Berend Bode von 1998 bis 2004 „Freie Malerei“ an der Hochschule für Künste bei Prof. Karin Kneffel und Prof. David Bade. 2002 gewann er den Werner-Kühl-Preis. Ein Jahr später den Kunstpreis der BLB Bremer Landesbank Immobilien für die Darstellung um das Bauprojekt Bremen Obernstraße. Seit 2010 stellt er in mehreren internationalen Ausstellungen und Projekten in New York auf der PooL Art Fair, im Art Space Beijing, in Wuhan, Rom, Paris, Venedig und den Niederlanden aus. Im Anschluss an die Ausstellung bei Christine und Jochen Mönch werden Berend Bodes Bilder in der Bunkerhill Galerie im ehemaligen Flakbunker in Hamburg St. Pauli zu sehen sein.
Zugegeben: Bodes Sujet ist weder heiter noch optimistisch – eher „schwere Kost“ – geprägt von surreal-expressiver Mehrdeutigkeit. Aber die Auseinandersetzung mit dem Künstler und seiner Intention lohnt sich, weil sie auf äußerst spannende Art und Weise eine enorme Bandbreite an Interpretationen und Definitionen ermöglicht.

Text und Foto: Meike Müller