Frischer Wind und neue Ideen

Führungswechsel beim Sasu

Am 1. September 2024 hat die 24-jährige staatlich anerkannte Sozialarbeiterin Lina-Marie Dorn die pädagogische Leitung des Jugendzentrums Sasu in Oberneuland übernommen. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Jana Witte, die bereits seit drei Jahren im Team ist, bringt sie frischen Wind und neue Ideen ins Haus. Beide setzen sich dafür ein, das Sasu als offenen, kreativen Ort für Jugendliche der Region zu gestalten und attraktive, selbstbestimmte Angebote zu schaffen.
Im Gespräch mit dem Oberneuland Magazin bei einem Tee in entspannter Runde teilen Lina-Marie Dorn und Jana Witte ihre Visionen, Ideen und Erfahrungen für das Jugendzentrum und sprechen darüber, was die Arbeit im Sasu für sie besonders macht.

Lina-Marie, was sind Deine persönlichen Werte und Schwerpunkte in der Jugendarbeit?
Lina-Marie Dorn: Chancen schaffen. Ich finde das Thema Integration in der Jugendarbeit superwichtig. Vor dem Sasu habe ich in einem Kinderheim im Bereich unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gearbeitet. Da habe ich festgestellt, dass häufig die soziale Integration noch recht schwierig ist. Viele sind zum Beispiel im schulischen Bereich gut angekommen und auch gut eingegliedert, haben aber noch keinen richtigen Freundeskreis und keine deutschen Freunde. Das Jugendzentrum bietet da eine gute Chance für Integration.

Wie geht Ihr diese Thematik im Sasu an?
Lina-Marie Dorn: Vor meinem Start im Sasu gab es schon eine enge Zusammenarbeit mit dem von der AWO geführten Übergangswohnheim im Vinnenweg. Dies möchten wir weiter ausbauen und uns mehr vernetzen.
Jana Witte: Da ist aufsuchende Arbeit gefragt. Wir haben z.B. einen Flyer in vereinfachter Sprache für unsere Angebote, den wir per Mail senden. Der Weg zu uns stellt für einige Jugendliche und ihre Eltern manchmal eine Barriere dar. Wir wünschen uns da eine ehrenamtliche Person, die „connecten“ kann und z.B. wöchentlich zu einer bestimmten Uhrzeit interessierte Jugendliche einsammelt, gemeinsam mit ihnen zum Sasu fährt und diese dann auch wieder zurückbringt. Das wäre eine große Hilfe.

Wie sehen Eure aktuellen Angebote und Projekte aus?
Lina-Marie Dorn: Wir bieten täglich offene Treffen. Für unser Kochangebot lassen wir über Instagram abstimmen, was gekocht werden soll. Wöchentlich gibt es dann noch feste Sportangebote im Haus. Unser Ziel ist es, Jugendlichen hier im Sasu einen offenen Raum zur Begegnung zu bieten. Zurzeit versuchen wir unser Angebot zu diversifizieren und suchen dafür Personal. Bei schönem Wetter geht es auch mal nach draußen zu unseren Gartentagen. Zusätzlich bieten wir mittwochs einen Kurs zum Absolvieren eines Surf-Scheins an. Dank der Telekom-Stiftung haben wir neue Gaming-PCs; um diese nutzen zu können, brauchen die Jugendlichen den Kurs. So möchten wir sicherstellen, dass die PCs verantwortungsvoll genutzt werden.
Jana Witte: Wir arbeiten hier nach dem Jugendschutz. Deswegen ist es sehr, sehr wichtig, die Jugendlichen da zu sensibilisieren, dass hier im öffentlichen Raum nicht alle Spiele erlaubt sind, und wir erklären auch, warum das so ist. Ergänzend zu den aktuellen Projekten: Jeden ersten Freitag im Monat gibt es bei uns die Girl-Gang. Dann ist das Sasu nur für Mädchen geöffnet. Wie in den meisten Jugendzentren ist die Klientel hier primär männlich gelesen. Einige Mädchen mit Migrationshintergrund dürfen z.B. nicht kommen, wenn Jungs da sind, und einige fühlen sich an einem Mädchen-Tag auch sicherer. Das Angebot wird gut angenommen.

Gibt es im Zuge der neuen Leitung schon Pläne und Projekte für 2025?
Lina-Marie Dorn: Ja, aktuell sitzen wir an der Idee eines Elterncafés. Hintergrund: Viele Eltern holen ihre Kinder hier wöchentlich vom Judo oder Karate ab und warten draußen oder im Auto. Für diese Eltern möchten wir daher gerne auch einen Begegnungsraum schaffen, wo wir dann Kaffee und Kuchen anbieten. Daraus würde sich auch ein neues Angebot für die Jugendlichen ergeben, die dann gemeinsam mit uns für das Café zweimal die Woche Kuchen backen. Dieser soll dann gegen eine Spende verkauft werden. Damit möchten wir auch neue Eltern von neuen Jugendlichen erreichen.

Jana Witte: Wir haben jetzt auch einen Newsletter eingeführt, um auch digital über unsere monatlichen Programmpunkte zu informieren. Dazu folgt bald noch ein Infokasten, den wir über die Jugendglobalmittel vom Jugendbeirat finanziert bekommen haben. Damit möchten wir unsere Außenwirkung verstärken.

Wie geht Ihr mit den aktuellen Herausforderungen wie z.B. mentaler Gesundheit, Mobbing oder auch Nutzung sozialer Medien um?
Jana Witte: Wir bilden uns regelmäßig fort. Wir waren aktuell erst beim jährlichen Mediensucht-Fachtag. Wichtig ist: mit den Jugendlichen im Gespräch zu bleiben und zu schauen, was gucken und hören die eigentlich? Wir haben immer ein offenes Ohr für die Jugendlichen und das wissen sie auch.

Lina-Marie Dorn: Dadurch, dass die Anzahl der Jugendlichen im Sasu überschaubar ist, leben wir einen ziemlich engen Kontakt und können in unserer Beziehungsarbeit viel auf Themen eingehen, für die zu Hause vielleicht nicht viel Zeit und Raum da ist. Hinhören und ins Gespräch gehen ist uns ganz wichtig.

Wie erreicht Ihr die Jugendlichen in Oberneuland?
Jana Witte: Wir nutzen unseren Instagram-Kanal und versuchen auch über den Jugendbeirat, neue Jugendliche zu erreichen. Auch Netzwerkarbeit mit Schulen ist etwas, das wir langfristig angehen möchten. Wir versuchen immer, sehr nah an den Jugendlichen dran zu sein und gezielt zu fragen, worauf sie Lust haben und was sie machen möchten. Vereinzelt fragen wir auch: Warum schafft ihr es eigentlich nicht, ins Jugendzentrum zu kommen? Unsere Erfahrung: Die Oberneulander Jugendlichen sind sehr beschäftigt.

Was sind aus Eurer Sicht die Herausforderungen in der Jugendarbeit?
Jana Witte: Verstärkt die Themen Social Media und das Zocken. Einige Jugendliche wissen manchmal nicht, was sie sonst noch machen können, außer vor der Playstation zu sitzen. Damit beschäftigen wir uns hier täglich. Im Sasu ist der Konsum von Playstation oder Switch zeitlich begrenzt. Danach sitzen sie hier und müssen überlegen, was sie alternativ noch machen können. Wir gehen dem nach und fragen: Warum ist es eigentlich für dich cooler, Uno auf der Playstation zu spielen, anstatt die Karten in der Hand zu halten? Es entwickelt sich alles weiter und das Handy wird heute multifunktional genutzt. Unsere Aufgabe ist es, zu schauen, was passiert da eigentlich. Solange die Jugendlichen ihr Gerät auf 100 % Lautstärke haben, sind wir mittendrin, und das öffnet Gesprächsräume.

Gibt es eine besondere Erfahrung, die Euch in der Zeit beim Sasu inspiriert oder bewegt hat?
Jana Witte: Ja, unser Heidepark-Ausflug. Es waren sehr viele junge Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund dabei, die mitfahren durften und dafür unfassbar dankbar waren, an so einem Event teilzunehmen und sich das auch leisten zu können. Zu sehen, dass es den Teilnehmenden so viel Spaß bereitet und dass unsere Angebote angenommen werden, freut uns sehr und macht es auch so wertvoll.
Lina-Marie Dorn: Für mich ist es eine besondere Erfahrung, wie gut hier die Beziehungsarbeit funktioniert, auch wenn man die Jugendlichen nicht alle täglich sieht. Das motiviert.

Angenommen, Ihr könntet Euch jetzt mit Eurem früheren „Jugend-Ich“ zusammensetzen – was wäre der wichtigste Ratschlag, den Ihr geben würdet?
Jana Witte: Mach dein Ding! Mach einfach, das passt schon und alles wird gut.
Lina-Marie Dorn: Du kannst viel mehr, als du glaubst.

Habt Ihr noch eine Botschaft, die Ihr an die Jugendlichen hier in Oberneuland senden möchtet?
Beide: Kommt vorbei!

Lina-Marie Dorn: Wir können hier ganz viel machen. Ihr könnt eure Wünsche äußern und wir sind sehr offen: ob Sport- oder Bastelangebot, einen Ausflug zu planen oder Musik zu machen. Wir haben hier sogar ein Tonstudio. Im Sasu gibt es viele Räume, wo ihr euch auch als Gruppe treffen könnt, z.B. um zu tanzen oder auch um TikToks aufzunehmen. Die Jugendlichen können sich hier auch engagieren. Aktuell ist die Stelle unseres Bundesfreiwilligendienstes noch vakant!

Jana Witte: Das Sasu ist ein Raum, der immer offen für Ideen ist und mitgestaltet werden darf. Wir freuen uns auf euch!

Lina-Marie Dorn (ergänzt): … und falls ihr zu viel zu tun habt, um herzukommen: Folgt uns auf Instagram! Wir haben immer mal wieder schöne Angebote oder Partys, wie z.B. die jährliche Halloween-Party.

Vielen Dank für das Gespräch.


Text und Fotos: Doreen von Oesen