Blühpatenschaften auf Hof Kaemena
Nachhaltigkeit und bedrohte Wildbienen sind Hajo Kaemena ein besonderes Anliegen. Aus diesem Grund nimmt der Oberneulander Landwirt einen Hektar seiner Ackerflächen aus der landwirtschaftlichen Nutzung heraus und überlässt diese Fläche bedrohten Insektenarten. Das aber funktioniert nur mithilfe von Menschen, die für den Erhalt der Natur bereit sind, Blühpatenschaften zu übernehmen. Mittlerweile unterstützen bereits 32 Blühpaten diese Aktion auf Hof Kaemena.
Der Zehn-Kilo-Sack mit Regio-Saatgut für das norddeutsche Tiefland ist nicht nur schwer, sondern vor allem sehr teuer. Denn es ist ein ganz besonderes, speziell auf den Bedarf der Wildbienen auf Hof Kaemena abgestimmtes Saatgut. Ab Mai sät Kaemena dieses für heimische Feldraine und Säume bestimmte Saatgut mit Hornklee, Schafgarbe, Glockenblume, Habichtskraut, Kuckuckslichtnelke und vielen anderen regionalen Kräutern auf seinen Flächen aus. Ein Drittel aller nestbauenden Wildbienen sind auf den Pollen standorttreuer Blühpflanzen in der Nähe und entsprechender Nisthilfen angewiesen, da ihr Flugradius je nach Art nur 50 bis 300 Meter beträgt. „Bedrohte Wildbienen nutzen keine Sonnenblumen“, sagt Hajo Kaemena und räumt damit mit dem Irrglauben über üppig blühende Wildblumenwiesen auf. Die Blüten der Spezialsamenmischung sind eher unspektakulär.
Die von ihm ins Leben gerufene Aktion ist aber nicht nur kostenintensiv, sondern auch arbeitsaufwendig. Denn er lässt Flächen nicht nur brach liegen, sondern bereitet sie mit aufwendiger Bodenbearbeitung für die Bedürfnisse der Insekten vor. Ziel von „Kaemena blüht“ ist es, aus Ackerflächen wieder Biotope werden zu lassen und mit den Blühstreifen vornehmlich Wild- statt Honigbienen zu helfen. Von anderen Projekten unterscheidet sich Hajo Kaemenas Blühprojekt durch Langfristigkeit, vor allem aber durch die wissenschaftliche Begleitung durch den Wildbienenexperten Rolf Witt aus Edewecht, der nicht nur viel Wert auf die richtige Bepflanzung legt, sondern auch auf das Vorhandensein von Nisthilfen zur Überwinterung.
Mit ihrer Bestäubungsleistung übernehmen Wildbienen eine zentrale Rolle im Naturhaushalt und sind von großer Bedeutung für den Erhalt der heimischen Lebensgemeinschaften. Von den mehr als 550 Wildbienenarten, die vier bis acht Wochen alt werden und maximal 1,2 Gramm wiegen, nisten dreiviertel nicht in Nisthilfen und Insektenhotels, sondern im Boden. Den hat Hajo Kaemena auf den von ihm für die Ansiedlung von Wildbienen vorgesehenen Flächen aufwendig bearbeitet. Weil viele Wildbienen unterirdisch nisten, sei es wichtig, so Kaemena, das Gelände im Anschluss mehrere Jahre unberührt zu lassen. Im Laufe ihres kurzen Lebens bauen die Weibchen vier bis 30 Brutzellen, aus denen erst nach einem Jahr die fertigen Wildbienen schlüpfen. Ein Viertel seiner landwirtschaftlichen Flächen nutzt der Oberneulander Landwirt für den Anbau von Spargel und Erdbeeren. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, versichert er. Die Erweiterung der Flächen für Wildbienen mithilfe von Blühpatenschaften aber ist möglich. Jeder Pate erhält von ihm eine Urkunde.
Besonderer Clou dabei sind die von Hajo Kaemena produzierten und mit eigenen Briefmarkenmotiven frankierten Postkarten. „So werden sie tatsächlich verschickt.“ Schon ab 29 Euro pro Jahr kann man eine Blühpatenschaft für 12,5 Quadratmeter übernehmen. Nach oben ist alles offen. In Form eines „Tagebuchs“ will er die Entwicklung von Blühstreifen, Sandflächen und Totholzbereichen fotografisch dokumentieren, Wildbienenarten im Sommer bestimmen lassen und die Informationen in sozialen Netzwerken unter www.kaemena-blüht.de weitergeben. Außerdem ist sein Plan, „Trampelpfade“ anzulegen, auf denen die Blühpaten die naturnahen Wiesenflächen besuchen und beobachten können. Parallel zur Aussaat hat Kaemena in diesem Frühjahr 50 heimische vom NABU empfohlene Sträucher gekauft, um damit Hecken am Rande der Blühstreifen anzulegen. Wildkräuter und Sträucher hat er so ausgesucht, dass die Nahrung der Wildbienen bis zum Frost gewährleistet ist.
www.kaemena-blüht.de
Text: Sabine von der Decken, Foto: Hajo Kaemena