Zitronen und Rhododendron

Italienisches Honorarkonsulat auf Gut Landruhe

Mediterranes Ambiente und ein festlicher Empfang mit Konzert: Aus Anlass des italienischen Tags der Republik feierte das italienische Honorarkonsulat in Bremen mit seinen Gästen auf dem Gut Landruhe.
Ein strahlend blauer Sommerhimmel spannte sich über den prachtvollen Park des historischen Guts Landruhe. Das Consolato Onoratio d´Italia Brema und namentlich Marco Fuchs als Bremer Honorarkonsul der Republik Italien gaben sich die Ehre eines Empfangs mit Konzert. Wer zwischen weißen Schirmen und Stehtischen entlang ging und die Stufen zum Gutshaus hochschritt, wurde mit einem traditionellen italienischen Spritz begrüßt. Auszubildende einer Hotelfachschule in Rom bewirteten die Festgesellschaft mit Köstlichkeiten aus der Region Latium.
Der italienische Nationalfeiertag wird im Ausland nachgefeiert
Anlass des eleganten Sommerfests war der italienische Nationalfeiertag. Die Festgesellschaft nahm in der historischen Tenne Platz, im renovierten Saal des reetgedeckten Hauses unter alten Fachwerkbalken. Höhepunkt der Festa della Repubblica Italiana waren die Grußworte vom Bremer Honorarkonsul Marco Fuchs, dem Generalkonsul der Republik Italien in Hannover David Michelut sowie Antje Grootheer, der Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft.
Wurzeln in Südtirol
Marco Fuchs wuchs selbst als Kind eines Südtiroler Vaters in Bremen auf. Sein Vater war einst zum Studium nach Deutschland gekommen und baute in Bremen OHB auf, das Fuchs heute erfolgreich weiterführt.
Bremen ist ein kleiner Ableger vom Generalkonsulat in Hannover. Es war eine Entscheidung Italiens, dass es in Bremen keinen „Fulltime-Konsul“ mehr gibt, der früher in Bremen jahrzehntelang Italien vertrat. Aber Bremen, sagte Fuchs in seiner unterhaltsamen Auftaktrede, sei immer noch ein sehr bemühtes Konsulat, das nicht nur die Hansestadt betreue, sondern auch das niedersächsische Umland. Es sei eine nette kleine Behörde, bei der Italiener zum Beispiel neue Pässe erhalten.
Klassisches Klavier und symphonischer Jazz
Klaviermusik erklang zwischen den Grußworten. Vom Flügel aus ließ der Pianist Luca Sutto Kompositionen von Puccini, Scarlatti, Schubert und Gershwin aus dem Saal in den Garten schweben. Der italienische Künstler spannte einen abwechslungsreichen Bogen zwischen den Regionen nördlich und südlich der Alpen, zwischen Klassik und Populärmusik.
Der Generalkonsul erinnert an den 80. Jahrestag der Befreiung Italiens
David Michelut begrüßte formal protokollarisch die anwesenden Gäste und betonte in seinem Grußwort die deutsch-italienische Freundschaft. Es gebe unendlich viele Bezüge, auch solche zu Norddeutschland. Ins Nachkriegsdeutschland kamen gleich zu Anfang viele Italiener zu VW, um in niedersächsischen Werken zu arbeiten. Michelut betonte, dass nicht nur der 80. Anniversario della Liberazione gefeiert werde, sondern auch der 1955 unterzeichnete Vertrag der Entsendung italienischer Arbeitskräfte. Damals setzten der deutsche Bundesarbeitsminister und der italienische Außenminister ihre Unterschriften unter das bilaterale Anwerbeabkommen. Deutschen Unternehmen war es nun möglich, italienische Arbeitskräfte legal und im großen Stil zu beschäftigen. In der Bundesrepublik entstand in der Folge ein Nebeneinander der an Liebe grenzenden Bewunderung für Italien auf der einen Seite sowie auf der anderen Seite Vorurteile und Vorbehalte gegenüber den „Gastarbeitern“ aus dem Süden Europas.
Italienische Zuwanderung nach 1955
In den folgenden fünf Jahrzehnten kamen fast vier Millionen italienische Staatsbürger zum Arbeiten nach Deutschland. Michelut betonte, dies sei eindeutig ein großer Gewinn für beide Staaten gewesen.
Diesen Faden griff auch die sichtlich erfreute Antje Grotheer auf, die an dem Abend das Land Bremen vertrat. Sie stellte den feierlichen Anlass in einen weiteren politischen Zusammenhang. Man könnte doch folgende Lehre aus der Geschichte ziehen: Die Zusammenarbeit der Staaten Italien und Deutschland hätte beiden mehr gebracht als das bloße Nebeneinander beider Staaten vorher. Und diese optimistische Bewertung wäre hinsichtlich europakritischer Stimmen heutzutage ja nicht mehr selbstverständlich.
Migration und Erinnerungskultur
„Migration und Erinnerungskultur“ war schließlich Thema des Vortrags von Dr. Edith Pichler. Sie ist selbst im norditalienischen Trentino aufgewachsen und heute als Dozentin für Migrationssoziologie an der Universität Potsdam tätig. Die Politologin und Soziologin lieferte einen kurzweiligen historischen Abriss der deutsch-italienischen Verbindungen bis zur Gegenwart und spickte ihn mit unterhaltsamen Details. Wer hätte gedacht, dass der Italiener Farina einst das Kölnisch Wasser erfunden hat? Und welche Bremer wissen, dass ein Großteil der norditalienischen Auswanderer, die in früheren Jahrhunderten ihre Reise über den Atlantik nach Amerika angetreten haben, über Bremerhaven ausgereist sind? Für die Welschtiroler, so Edith Pichler, war es wegen der historischen Teilung Italiens lange einfacher, über die Nordsee in die neue Welt auszuwandern, als über Genua oder andere Mittelmeerhäfen in die Neue Welt zu kommen.
Synonym für guten Geschmack
Klassisch gebildete Menschen erinnern sich an Goethes Italienreisen und sein sprichwörtlich gewordenes Gedicht über das Land, „wo die Zitronen blühn“. Und schon vor Jahrhunderten kamen Italiener nach Deutschland, hob die Migrationssoziologin hervor. Der Erfolg mit dem Handel von Lebensmitteln führte dazu, dass der Besuch beim Obst- und Gemüsehändler sprichwörtlich wurde: Zum Italiener zu gehen wurde zum Synonym dafür, in einen Spezialitätenladen zu gehen, wo es gut duftet und hervorragend schmeckt.
Pasta und Pizza werden zum Lieblingsessen der Deutschen
Die unrühmliche Geschichte politischer Verbindungen Deutschlands und Italiens während des sogenannten Dritten Reiches sparte der Vortrag ebenfalls nicht aus. Die Beziehungen normalisierten sich, als italienische Männer zwischen 20 und 40 Jahren, meist in München, ankamen. Ab dem Jahr 1955 wechselten sie oft aus der Landwirtschaft in die Industrie, wo sie als angelernte Arbeiter in Bremen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Bayern oder eben in Niedersachsen bei VW eine Anstellung fanden. Wolfsburg hat bis heute eine große italienische Community.
Eleganz und Design
Italiener haben sich in Deutschland häufig assimiliert. Viele sprechen in der dritten und vierten Generation die klangvolle Sprache ihrer Vorfahren nicht mehr, berichtete Edith Pichler. Über die Jahrzehnte sind die Deutschen zu großen Fans von Pizza und Pasta geworden, sodass Klischees und Schimpfworte über Italiener, die mit den traditionellen Teigwaren verbunden sind, heute kaum noch kursieren. Das Image des Mittelmeerstaates hat sich sogar ins positive Gegenteil verkehrt: Italien ist zur Projektionsfläche für das Geschmackvolle geworden, es steht für eleganten Lifestyle und cooles Design.
Spezialitäten aus dem Latium
An großen Applaus schloss sich die letzte musikalische Einlage des Tages an: Die deutsche und die italienische Nationalhymne wurden von Pianist Lukas Soto schwungvoll begleitet. Die Festgesellschaft begab sich in den Gartensaal von Gut Landruhe, wo die Auszubildenden der Hotel- und Gastronomiefachschule Amerigo Vespucci aus Rom zwei große Buffets mit Köstlichkeiten anboten. Wer sich darauf gefreut hatte, auch kulinarisch einen echt italienischen Abend zu erleben, kam unzweifelhaft auf seine Kosten. Die Gäste balancierten frittiertes Gemüse, Risotto und duftende Käsesorten durch die großzügigen Säle hinaus in den Garten und ließen den Abend plaudernd zwischen den Rhododendren im Park oder in den prachtvollen historischen Räumen des Herrenhauses ausklingen. FB