Zwischen Skalpell und Skulptur

Wie der Oberneulander Ralf Brixel im Ruhestand Lichtkunst erschafft

Von der Chirurgie zur kreativen Lampengestaltung: Ralf Brixel, 69 Jahre alt, gestaltet mit großer Leidenschaft Lampen aus alten Bauteilen, Fundstücken und historischen Elementen. Was früher im OP mit Präzision und Verantwortung begann, findet heute in seiner Werkstatt eine Fortsetzung – mit Ideenreichtum, künstlerischer Intuition und viel handwerklichem Können.
Ideen aus dem Zufall – wie Lampen mit Charakter entstehen
Wenn Ralf Brixel von seinen Lampen erzählt, funkeln nicht nur die Materialien. Jedes Objekt erzählt eine Geschichte. Oft beginnt sie mit einem Zufallsfund: alte Teile einer Schnapsbrennerei, Kupferfüße von Badewannen oder Treppenpfosten. All das kann Ausgangspunkt für ein neues Lichtobjekt sein. „Ich habe kein fertiges Bild im Kopf“, erzählt Brixel. „Die Ideen entwickeln sich beim Stöbern, Kombinieren und Ausprobieren.“ Für Brixel steht das Zusammenspiel von Form, Funktion und Ästhetik im Mittelpunkt. Farben, Lichtreflexionen und kleine Details wie z.B. goldene Innenbeschichtungen von Glühbirnen oder stilisierte Elemente machen somit jede Lampe zum Unikat.

Handwerk mit Seele
Der kreative Prozess ist geprägt von handwerklichem Geschick, Geduld und einem starken Tüftlergeist. Schwierigkeiten wie das Verbinden unterschiedlichster Materialien oder das sichere Verlegen von Kabel löst Ralf Brixel mit Einfallsreichtum – manchmal mit eigens geschnittenen Gewinden oder z.B durch Einsatz von Spiegelschrauben. Selbst der Einsatz von Diamantbohrern und das Umarbeiten alter Lampenschirme aus den 60er- und 70er-Jahren gehören für ihn dazu. Ein besonderer Reiz liegt im Unvorhersehbaren: „Viele Stücke finden mich“, sagt er lächelnd. In der Bremer Bauteilebörse, beim Spaziergang oder auf Flohmärkten entdeckt Brixel regelmäßig Schätze. Seine Frau – selbst homöopathische Ärztin – bringt sich oft mit Namensideen für die Lampenwerke ein und erkennt oft auch im Zufall eine tiefere Bedeutung. Für Brixel ist das ein durchaus wiederkehrendes Lebensmuster: „Dinge tauchen im richtigen Moment auf“, sagt er. „Die Lampen sind nicht perfekt oder industriell gefertigt, aber gerade dies macht ihren Charme aus“, so Brixel. „Kleine Macken oder sichtbare Spuren der Vergangenheit verleihen den Lampen Charakter“, ergänzt er.

Vom OP-Tisch in die Werkstatt
Nach einem jahrzehntelangen Berufsleben als Chirurg in einem Bremer Krankenhaus ließ Ralf Brixel den OP-Tisch vor acht Jahren hinter sich – aber nicht die Präzision. In seiner kleinen Werkstatt fließen dieselben Prinzipien weiter: Strukturverständnis, Materialgefühl und das berühmte Gefühl des Flows, das Chirurgen oder Kunstschaffende kennen. „Ob beim Fassen eines Kabels oder beim Setzen eines Schnitts – beides braucht Vorstellungskraft, Wissen und alternative Lösungswege.“ In der Rückschau spricht Brixel offen über die Herausforderungen seiner aktiven Zeit – Notfälle, Verantwortung, emotionale Belastung. Zuhören und Vertrauen schaffen, das waren seine Prinzipien in der Medizin.
Auch Musik war immer präsent: Brixel spielte jahrelang Cello und beschreibt die Verbindung von Ausdruck, Technik und Emotionen. Auch hier lassen sich Parallelen zur Chirurgie und zur Lampenkunst finden.
Der Ruhestand als kreative Spielwiese
Für Brixel ist die Rente kein Rückzug, sondern ein Aufbruch. Mit Humor und Energie verwirklicht er Projekte, für die früher die Zeit fehlte. Er begrünt Dächer, gestaltet Hochbeete, sägt jedes Jahr mehrere Anhänger voll Holz für den Kamin und findet Inspiration im Alltag. Was ihn besonders inspiriert, sind Materialien wie Holz, Keramik oder Metall. Auch Naturbeobachtungen, wie Stücke aus Lindenbaumrinde am Wegesrand oder Baumpilze, werden Teil seiner Kunst. Sein Antrieb? „Ich gebe nie auf!“, sagt Brixel mit Nachdruck.

„Einfach machen!“
Sein Appell an alle, die sich im Ruhestand neu erfinden wollen: „Nicht warten – machen! Wünsche verwirklichen, egal wie klein. Eine To-do-Liste ist keine Pflicht, sondern ein Geschenk an sich selbst“, so Brixel. Ob Malen, Bauen oder Musizieren – wichtig sei laut Brixel, dass es aus einem selbst komme.
Verwurzelung in Oberneuland
Dass Ralf Brixel heute mit so viel Schaffenskraft tätig ist, hat auch mit seinem Umfeld zu tun. „Oberneuland ist für mich ein Ort der Ruhe, erzählt er. Gleichzeitig schätzt er das Persönliche: „Man erkennt sich, trifft Bekannte beim Spaziergang oder auf dem Marktplatz beim Edeka – das hat etwas sehr Verbindendes“, so Brixel.

Vernissage
Ein nächster Meilenstein steht bereits bevor: Am Freitag, 19. September 2025, um 18.30 Uhr, lädt Ralf Brixel zur Vernissage seiner Werke ein – bei Regen wird das Event auf den 26. September verschoben. Unter dem Label SecondLampDesign – Lampomania zeigt er ausgewählte Lampen in einer atmosphärischen Open-Air-Ausstellung.

Eine Anmeldung ist erforderlich unter: SecondLampDesignLampomania@gmx.de

Text und Fotos: Doreen von Oesen