Als Oberneuland die Skulpturen nicht haben wollte

Rückspiegel

Was gab das damals für einen Wirbel im Dorf! Dabei fing alles so harmlos an. Aus dem Bürgerverein kam der Gedanke, für den Kirchenvorplatz eine zu Oberneuland und seiner Tradition passende Skulptur zu schaffen. Man brachte auch gleich eine Idee mit: die Figur eines Hochzeitsbitters in Erinnerung an einen Brauch, der heutzutage noch üblich ist. Der inzwischen verstorbene Bildhauer Claus Homfeld sollte sie entstehen lassen. Die Kosten wurden auf 25.000 Euro geschätzt, und man war sich sicher, dafür genügend Spendengelder zusammen zu bekommen. Im Beirat gab es einmütige Zustimmung. Das war im Jahr 2009.
Was vielleicht nicht gleich bedacht wurde: Der Kirchenvorplatz ist öffentlicher Grund, da kann nicht so einfach eine Skulptur aufgestellt werden. Dort ist Kunst im öffentlichen Raum angesagt, da muss seitens der Stadt ein Wettbewerb unter Künstlern ausgeschrieben werden. Das kam nicht ganz ungebeten, denn so wurde gleich die Finanzierung angeschoben, man würde einen deutlich kleineren Betrag an Spenden aufbringen müssen. 34 Modelle wurden von Künstlern eingereicht. Claus Homfelds Hochzeitsbitter war dabei. Drei Tage lang waren die Entwürfe im Gemeindehaus öffentlich ausgestellt. Eine Jury aus Kunstsachverständigen und Oberneulander Bürgern nahm ihre Arbeit auf. Präferiert wurde ein Entwurf von Klaus Effern.
Mit einem Bezug zur nahen Kirche stellte er zwei männliche Figuren vor, die Jesus und Johannes den Täufer darstellen sollten. Über 600 Oberneulander protestierten in einer Meinungsumfrage des Bürgervereins gegen diese Entscheidung. Im August 2011 konnten alle, die sie sehen wollten, im Atelier des Künstlers die bis dahin gediehene Arbeit in voller Größe betrachten. Die riesigen hölzernen Figuren fanden bei den meisten wenig Zustimmung. „Lassen Sie diesen Kelch an uns vorübergehen“, meinte einer der Anwesenden. Die unterschiedlichen Meinungen wogten weiter hin und her, bis hinein in den Beirat, der sich anfangs für eine Aufstellung entschied. Damit war die Debatte freilich noch nicht beendet. Die Oberneulander wollten lieber gar keine Skulpturen als diese. Dabei blieb es schließlich.
Klaus Effern hat dennoch nicht umsonst gearbeitet. Die beiden Figuren stehen heute in Bronze gegossen nicht weit entfernt im Schweizer Viertel und heißen jetzt „Neue Argonauten“. EM