Feuerstellenangebote

In diesem Monat geht es um Kamine und Öfen.
Wir wünschen uns schon seit Jahren so etwas. Es wird auch Zeit, denn vor Jahren hörte ich, wie sich ein halbes Dutzend Kollegen über Kachelöfen und Heizkamine unterhielten.
Ich hatte nur eines rausgehört: Ausnahmslos alle hatten so ein Edelteil.
Als Erstes dachte ich: Boh, die haben zu viel Geld.
Dann dachte ich: Boh, ich habe zu wenig Geld.
Als Drittes dachte ich: Warum haben die Kolleginnen und Kollegen es nicht über Jahre wie ich gemacht und das Geld sinnvoll angelegt in CDs, Comics, Ü-Eier und Bücher?
Als Viertes dachte ich: Mist. Alles falsch gemacht.
Als Fünftes dachte ich: Egal, man leistet sich einen Kaminofen, wenn man ihn sich leisten kann oder will. Vollkommen wurscht, wann andere Leute sich dieses wunderbare wärmespeichernde Wohlfühldingsi zulegen.
Als Sechstes kam mir in den Sinn, einfach mal im Netz nach Kaminen und Öfen zu suchen. Beide Suchbegriffe führten zu ähnlichen oder denselben Bildern und zu vielen Angeboten.
Dass es sich bei diesem Wohnaccessoire (Ist das der richtige Ausdruck?) um eine Feuerstelle (Ist das der richtige Begriff?) handelt, die dem Heim temperaturtechnisch, aber auch optisch, mehr Wärme verleiht (Kann man Wärme verleihen? Wenn ja, wie viel Zinsen darf man verlangen?), ist ja klar.
Mein siebter Gedanke war eine weitere Frage: Wie gelingt es dir, immer wieder in Klammern zu denken (und ist das für Leserinnen und Leser nicht unnötig kompliziert)?
Gedanke Nummer acht war: Gib acht. (Hihi.)
Als Neuntes dachte ich, es wäre gut, mich mit der Kamin-/Ofen-/Ofenkamin-/Kaminofen-Problematik auseinanderzusetzen.
Als Zehntes dachte ich: Streiche Problematik, setze Thematik.
Als Elftes erinnerte ein Teil meines Hirns einen anderen Teil des Hirns daran, dass ich googeln sollte. Das tat ich dann auch und als Erstes begegnete mir die Formulierung wasserführende Feuerstelle.
Nun muss ich an dieser Stelle einfügen, dass ich bei dem Wort Feuerstelle erst einmal an Neandertaler denke. Und ich meine jetzt nicht meinen Onkel Rasputin, genannt Rußpartien. Der hatte durch … tja, wie soll ich das sagen … durch den falschen Umgang mit Feuer seine Parzelle in Schutt und Asche gelegt.
Gedanke zwölf: Da steht in einem Internetartikel also: wasserführende Feuerstelle.
Was fällt den Menschen als Nächstes ein? Eine erdführende Luftstelle, eine luftführende Erdstelle?
Als Dreizehntes dachte ich: Lies doch mal weiter. Mir flogen lauter Fachbegriffe um die Ohren, um nicht zu sagen um die Augen:
Kaminöfenwassertaschen, Heizenergieeffizienz, Warmluftkachelöfen, Isolierungsverbesserung.
Gedanke vierzehn: Die Wörter Verbesserung und Verwässerung ähneln sich sehr.
Fünfzehn: Lies den nächsten Absatz. Gesagt, gelesen, gerunzelt, gegrübelt. Wieder tauchten Fachbegriffe auf: Konvektionswärme, Kaminkassetten, Vergussmasse, Schwedenöfen.
Alter Schwede. Was mag sich dahinter verbergen? Ich konzentrierte mich auf den Text. Total raus war ich, nachdem ich dieses Zulu-Wort gesehen und nicht begriffen hatte, was ein Teil der südafrikanischen Bevölkerung mit Kaminöfen der norddeutschen Bevölkerung zu tun hat. Ich starre das Wort an: Zuluftöffnungen.
Als Sechzehntes dachte ich: Ey, das sind alles viel zu viele Informationen. Ich konzentrierte mich auf das Nötigste. Mit halbgeöffnetem Mund, zu einem Drittel raushängender Zunge und dreiviertelgeöffneten Augen starrte ich den kleinen, in Cellophan verpackten Marzipanschornsteinfeger an: „Guck nicht so dümmlich“, muss er gedacht haben.
Gedanke siebzehn war wieder eine Frage:
Wollen wir wirklich eine Feuerstelle in der Stube, wo wir doch schon Heizkörper haben und einen Herd in unmittelbarer Nähe?
Gedanke achtzehn war eine Antwort: Ja.
Als Neunzehntes kam mir der Gedanke: Es müsste eine Zeitschrift geben, ein Fachblatt, oder nee, ein monatliches Magazin aus Oberneuland, das sich, sagen wir, in der Septemberausgabe 2021, mit Kaminen und Öfen beschäftigt, und zwar so, dass jeder es versteht.
Als Zwanzigstes kam mir eine Frage in den Sinn, die sich auf den neunzehnten Gedanken bezog: Wie soll das gehen?
Gedanke einundzwanzig war so naheliegend, dass ich mich wunderte, weshalb es nicht gleich der erste Gedanke war oder wenigstens der zwölfte: Wir gehen einfach in ein Feuer-stellenfachgeschäft, zeigen mit dem Finger auf das Modell, das uns am besten gefällt und sagen gleichzeitig: „Den.“
Mein letzter Gedanke war: Wahrscheinlich werde ich im Feuerstellenfachhandel spontan einen blöden Scherz machen: „Den. – Können Sie ihn als Geschenk einpacken?“

Von Winfried Hammelmann, Oberneulander, Redakteur und Autor