Haustreppen & Treppenhäuser
Ja, ich liebe Treppen. Ich wusste das bis eben auch nicht. Aber dann habe ich in das aktuelle Oberneuland Magazin geschaut, Treppen gesehen und festgestellt, dass sie mir sehr zusagen.
Theoretisch könnte man an dieser Stelle auf dem Treppen-Absatz kehrtmachen und umschwenken auf ein anderes Thema. Aber nein. Ich sehe das als Herausforderung an, die es Stufe für Stufe zu erklimmen gilt.
Treppen sind mir schon deshalb sympathisch, weil sie einen nach oben bringen, also weiterbringen. Das hat etwas Positives. Mich haben sie (den Werdegang betreffend) in die Schule gebracht, in ein Kreditinstitut, ins Abendgymnasium, an die Uni, in einige Radiosender, in mehrere Verlage.
Treppen haben mich auch herausgebracht aus Schulen, einem Kreditinstitut, aus dem Abendgymnasium, aus mehreren Radiosendern, aus mehr als einem Verlag. Angelehnt an einen bekannten Spruch des berühmten Humoristen Loriot möchte ich sagen: Ein Leben ohne Treppen ist möglich, aber sinnlos. Wenn man beispielsweise unser Haus betrachtet: Ohne Treppe käme ich schwer ins Arbeitszimmer, was schon deshalb doof ist, weil ich diese Zeilen dann hier nicht hätte schreiben können. Wir würden auch nicht in den Keller kommen. Die Vorstellung, dass man lediglich mit Seilen von Stockwerk zu Stockwerk kommt, finde ich mehr als unschön. Selbst wenn die Seile Lianen wären, wirds nicht besser, weil ja gar nicht der Platz zur Verfügung stehen würde, sich von Liane zu Liane zu schwingen, außer ein Architekt hätte die Lianenschwingbereiche sehr großzügig gestaltet. Der Preis wären klitzekleine Schlafnischen, ein winziges Wohnzimmer und eine klitzekleine Küche.
Abgesehen davon wäre ich gar nicht in der Lage, mich Tarzan ähnlich fortzubewegen.
Ich sag’s mal so: Bei einem Körpervergleich mit dem Dschungelhelden kann man mit viel Fantasie Ähnlichkeiten ausschließlich im
Gesicht sehen. Oder anders ausgedrückt:
Andere haben ein Sackgesicht, bei mir ist der ganze Körper ein Sack.
Ich bleibe dabei: Treppen sind toll. Ein Traum von mir war ja lange Zeit eine Wendeltreppe, die zu einem Turmzimmerchen führt, in dem ich dann Schrift stelle. Unser Haus lässt das nicht wirklich zu. Ja, es ist ein sehr aktives Haus, mit dem man sprechen kann. Habe ich erst neulich wieder getan: „Na kleines süßes Oberneulandhäuschen, was hältst du von einem Neuanstrich von außen?“ Damit wollte ich mich einschleimen. Unser Haus liebt es, angestrichen zu werden, also mit Pinseln quasi gestreichelt zu werden. „Und wie wäre es, mal wieder von innen einen Neuanstrich zu bekommen?“ Das ist für unser Haus, wie für Menschen … schwer zu sagen … vielleicht das Lieblingsessen, durch das man sich innen wohlig warm fühlt. Kann man nichts falsch machen. Jetzt kam ich auf den Punkt, der mir so am Herzen liegt. „Und wie wäre es mit einem Wendeltreppchen, das zu einem Turmzimmerchen führt?“ Ich vernahm ein Knarzen, ein kalter Windhauch ging durchs Wohnzimmer und ein Dachziegel rutschte vom Dach herunter. Das wertete ich eindeutig als: „Nein.“
Ich war echt sauer und sagte: „Solange du deine Füße unter unseren Tisch stellst …“
Ich brach ab, weil das irgendwie nicht passte. Zweiter Versuch: „Es wird gegessen, was auf den …“ Ich brach erneut ab. Dritter Versuch: „Ich will eine Treppe. Eine Wendeltreppe. Eine wunderbare Wendeltreppe!“ Ich stampfte mit dem Fuß auf.
Unserem Haus fehlten die Worte. Und so haben wir in meinem Arbeitszimmer eine Wendeltreppe eingebaut. Sie endet an der Decke, führt also ins Nichts bzw. zu nichts, gibt mir aber das Gefühl, doch ein Stockwerk höher gehen zu können. Dieses Gefühl wird durch eine riesige Fototapete an der Decke verstärkt, die ein rundes Zimmer über mir zeigt, wie es aussehen würde, wenn man durch eine Glasdecke gucken würde.
Die Wendeltreppe war teuer, aber schön. Das Deckentapetenunikat war unbezahlbar und teuer. Unbezahlbar, weil es eine fantastische Illusion darstellt, angefangen von der weitergeführten Wendeltreppe bis zum gläsernen Tisch, auf dem man die Schreibutensilien erkennen kann und einen Computer im viktorianischen Stil. Doch, das geht.
Nun wäre ich ein schlechter Journalist, wenn ich nicht auch die andere Seite beleuchten würde, die andere Treppenseite. Wörtlich genommen gibt es ja nicht bei allen Treppen eine … ähm … eine Gegenseite, aber bei einigen schon. Unsere Treppe ins erste Stockwerk zum Beispiel, die kann man ja, wenn man in den Keller geht, von der unteren Seite betrachten. Es ist ebenfalls eine Treppe, für Menschen ungeeignet, für Spinnen und Insekten sehr geeignet. Man kauft also beim Erwerb einer solchen Holztreppe im Grunde eine Doppeltreppe.
Okay, aber mit der anderen Seite des Themas Treppe meine ich natürlich die Nachteile dieser mehrstufigen Teile, die uns auf eine andere Ebene bringen.
Also gut, wenn es ums Steigen geht, dann sind mir Treppen, die nach unten führen, lieber als viele Stufen, die nach oben führen.
Treppen hoch laufen ist okay, wenn es sich um 15 – 20 Stufen handelt. Wenn es aber mehr Stufen oder – noch schlimmer – mehrere Treppen sind, die man täglich bewältigen muss, dann sind Treppen auch … (Ich darf jetzt nichts Falsches schreiben, weil es in dieser Oberneuland Magazin-Ausgabe ja auch um Treppen geht.)
… dann sind Treppen auch … (wenn ich allerdings etwas Richtiges schreibe, kommt vielleicht eine Treppen herstellende Firma auf mich zu und möchte, dass ich für ihr Treppenfachmagazin „Stufe für Stufe“ regelmäßig eine Kolumne schreibe oder wenigstens Treppenwitze oder dass ich eine Lesung bei ihnen mache.)
… dann sind Treppen auch … eine besondere Herausforderung, die an Sport grenzt und somit zur Gesundheit beiträgt. Das ist doch voll toll. Ich interessiere mich für Treppen. Ich mag Treppen. Ich liebe Treppen. Ich stehe auf hohe (Treppen-)Absätze. Liebe machen auf einer Treppe ist toll. Hoch und runter ist super. An Geländern wird mir warm um … mehrere Körperteile. Ich stehe auf Stufenhaarschnitte, auch unter den Achseln. Kurzum (auch wenn es nach falschem Deutsch klingt): Ich bin Treppe.