Surreale Welten aus dem Dachatelier
Berend Bode
Zweifelsfrei: Die Kunst von Berend Bode ist eine höchst komplexe, hoch spannende Welt der rätselhaften Chiffren und Bedeutungsträger der großen Flächen und metaphorischen Blasen. Angesiedelt zwischen Abstraktion und Figürlichkeit hat diese ausdrucksstarke Malerei die formale Freiheit und die narrative Viel- und Mehrschichtigkeit zum Thema.
Hin und her schwankend zwischen Aktualität und Reflexion durchweht alle Bilder des Oberneulander Malers der Geist von Geschichte und Gegenwart und umgibt das Werk somit mit einem Fluidum der Zeitlosigkeit und Gleichzeitigkeit. Anfang 2021 ist der Bremer Künstler Berend Bode mit seiner Familie nach Oberneuland gezogen. Im Achterdiek haben der Maler, seine Frau Siqi und die beiden Kinder ein schönes und ruhiges Zuhause gefunden, das zudem Platz für ein Atelier im Dachgeschoss bietet.
„Wir haben lange nach einem geeigneten Haus gesucht, das unseren Bedürfnissen entspricht und auch für unsere Kinder ein friedliches Umfeld bietet, der Kindergarten in der Nähe und später die Schule gut zu erreichen ist“, erzählt Berend Bode.
Berend Bode wurde 1976 in Bremen geboren. Kindheit und Jugend verbrachte er in Huchting.
Schon als Vierjähriger kam er mit Pinsel und Farbe in Berührung – Mutter Traute Bode ist ebenfalls Künstlerin und lernte ihr Fach bei Professor Jürgen Waller. „Meine Mutter nahm mich oft mit ins Atelier und somit stand schon früh für mich fest, dass ich ein Künstlerleben führen möchte. Später war Professor Waller mein Rektor, ich habe ihm aber nie erzählt, dass ich der kleine Junge aus dem Atelier bin“, erinnert sich Bode. Auch seine beiden Geschwister haben sich im künstlerischen Bereich betätigt.
Bereits 1988 gewann Bode als 12-Jähriger den Internationalen Jugendkunstpreis von Tokio. Dies bildete eine große Motivation weiterzumachen, tiefer in die Materie einzutauchen und sich noch als Schüler intensiv der Kunst zu widmen. 1997 sollte ein einschneidendes Erlebnis seinen weiteren Weg prägen, von dem er auch heute noch mit großer Begeisterung spricht. „Ich lernte während meiner ersten Ausstellung in der Villa Ichon den kubanischen Fotografen Alberto Korda kennen, mit dem ich damals gemeinsam ausstellen durfte und persönlich traf. Durch seine Erzählungen und seine Lebensgeschichte eröffnete sich mir eine völlig neue Welt. Das zeitgeschichtliche Geschehen – insbesondere im Zusammenhang mit Gestaltung, Kunst und Kreativität spielten dabei eine große Rolle.“ Korda war eigentlich Werbe- und Modefotograf. Berühmt wurde er allerdings durch das legendäre Foto, das er 1960 von Che Guevara machte. Da keine Zeitung das Bild wollte, schenkte der Fotograf es einem italienischen Verleger. Veröffentlicht wurde es nach der Ermordung Guevaras 1967, dadurch wurde es zur Ikone der Populärkultur und Symbol der 68er-Bewegung, vielfach adaptiertes Kunstwerk und zuletzt noch Logo der Werbeindustrie. „Mein Interesse an politischen Geschehnissen wurde zudem durch die Geschichte meines Großvaters geweckt, der im Dritten Reich als Sozialdemokrat und Widerstandskämpfer verfolgt wurde“, so Bode.
Nach dem Abitur studierte Berend Bode dann von 1998 bis 2004 „Freie Malerei“ an der Hochschule für Künste bei Prof. Karin Kneffel und Prof. David Bade. 2002 gewann er den Werner-Kühl-Preis. Ein Jahr später den Kunstpreis der BLB Bremer Landesbank Immobilien für die Darstellung um das Bauprojekt Bremen Obernstraße. Ab 2010 stellte er in mehreren internationalen Ausstellungen und Projekten in New York auf der PooL Art Fair, im Art Space Beijing, in Wuhan, Rom, Paris, Venedig und den Niederlanden aus.
In den großformatigen Ölgemälden zeigt Berend Bode neben den immer wiederkehrenden Themen der Menschheit wie Leben, Liebe, Gewalt, Tod, Angst, Schlaf, Hoffnung und Glück vor allem politische und sozialkritische Themen. Bildideen und Inspirationen findet der Künstler in der Gegenwart, aber auch in alten Filmen, Pressefotos, bei den alten Meistern, historischen Ereignissen oder Persönlichkeiten sowie in privaten Familienaufnahmen und Geschichten. Er zeigt menschliche Figuren in traumartigen Szenen und in einer dem Comic verwandten Bildsprache, mit opulentem Einsatz der Ölfarben und großer Detailgenauigkeit. Es ist keine heiter-optimistische Welt, die der Künstler darstellt – eher „schwere Kost“ – geprägt von Mehrdeutigkeit. Die surreal-expressiven Werke sind zwar inspiriert vom aktuellen und historischen Weltgeschehen – aber immer steht der Mensch im Mittelpunkt. Die Themen wurzeln zumeist in irgendeiner Weise in der Realität – auch wenn sie nicht realistisch sind. In vielen der Bilder schwebt ein deformiertes klassisches Motiv wie in einer Blase über dem Hauptmotiv, die eine zweite Bildebene darstellt und in Korrespondenz zum Hauptthema steht. Wie Puzzleteile fügen sich Bildinhalte und Stile zusammen und ergeben als großes Ganzes eine neue Komposition.
Das kleine Atelier unter dem Dach des Hauses im Achterdiek strahlt zwar eine gewisse Gemütlichkeit aus, bietet Nähe zur Familie, die Berend Bode sichtlich genießt, aber die großformatigen Bilder – oftmals an die drei Meter breit – brauchen weitaus mehr Platz. Deshalb arbeitet Bode zusätzlich in einer alten Halle in Bremen-Strom. Wie bei vielen anderen Künstlern auch, haben die vergangenen Monate zahlreiche Pläne zunichtegemacht. So konnten geplante Ausstellungen nicht stattfinden oder für Interessierte nur virtuell besucht werden. Aber auf das zweite Halbjahr 2021 sieht Berend Bode durchaus optimistisch, denn es sind bereits Ausstellungen in Hamburg sowie China und für 2022 in Worpswede und Frankfurt geplant.
Text: Meike Müller, Foto Berend Bode