Von hier nach dort
Zwei Sonderausstellungen
Ob zu Hause oder unterwegs: Man weiß immer, wo man sich gerade befindet (meistens jedenfalls). Ebenso weiß man stets, welches Ziel man ansteuert und wie man dahin kommt. Sei es zum Einkaufen, auf dem Weg zur Schule, zur Arbeit, um Freunde oder Verwandte zu besuchen, unterwegs ins Kino oder zu einem Konzert. Das Orientieren und Navigieren hierbei ist eine Selbstverständlichkeit, man macht sich darüber keine Gedanken. Geht man auf Reisen, sieht das schon anders aus.
Sehr oft wird einem das Nachdenken darüber erleichtert, nimmt man eine Pauschalreise. Spannender wird es für Menschen, die individuell unterwegs sein wollen, die ein Abenteuer erleben möchten oder einfach nur einen Mietwagen buchen. Dazu bedarf es gewisser Vorbereitungen und Kenntnisse. Wie aber erging es den Entdeckern der Welt, denen, die sich in unbekannte Gefilde wagten? Selbst heutzutage in unserer hoch technisierten Welt kommt es vor, dass sich jemand verirrt. Wie kommt man da wieder heraus?
Mit diesem Themenbereich beschäftigt sich die derzeitige Wanderausstellung im Focke-Museum, die sich zwar in erster Linie an junge Menschen ab acht Jahren wendet, die aber selbst Erwachsenen neues Wissen vermittelt. Es fängt schon damit an, dass man sich im Museum selbst zurechtfinden muss. Rufus, ein Storch, weist mit seinem Flügel den Weg nach oben. Zu ihm gesellen sich dort Felix, der Kartograf, Ansgar, ein alter Seebär, Malu von einer Insel im Pazifik, Ayla, die Weltumseglerin, Sabine, die Astronautin und schließlich Chris, ein Junge von uns mit seinem Skateboard. Symbolfiguren, meisterhaft gezeichnet, die praktisch durch die Ausstellung führen. Der Storch weiß durch seinen Magnetsinn immer, in welche Richtung er zu fliegen hat, den Menschen erklärt er den Kompass. Felix hilft dabei, selbst eine Karte zu zeichnen. Ansgar kennt sich mit der sicheren Navigation auf dem Meer aus. Das gilt auch für das Inselmädchen Malu, die sich auf dem Meer an den Sternen, dem Himmel, Wasser, Wolken und Wind orientiert. Ayla liebt das Abenteuer. Mit ihrem Boot segelt sie allein auf den Meeren der Welt umher. Dabei helfen ihr alte und moderne Techniken beim Navigieren. Sie verlässt sich auf ihr GPS, weiß aber auch mit dem Sextanten umzugehen. Ganz anders Sabine. Als Astronautin sieht sie die Erde von außerhalb, und sie erklärt uns die Bedeutung der (unsichtbaren) Längen- und Breitengrade, die uns dabei helfen, den Standort zu bestimmen. Chris schließlich steht mit beiden Beinen auf der Erde. Niemand kennt die Stadt so gut wie er. Er findet immer den schnellsten Weg, ob nun mit Bahn und Bus oder auf seinem Skateboard.
Junge Leute kann man kaum in ein Museum locken, wenn sie Ausstellungsstücke lediglich betrachten dürfen. Hier können sie an sechs Mitmach-Stationen selbst überlegen und ausprobieren, wie Navigation funktioniert. Zum Beispiel bringen sie ihr Schiff mithilfe des Polarsterns auf Kurs (ohne dabei auf eine Sandbank zu geraten). Oder sie bestimmen mit einem Sextanten ihren Standort. Sie lernen spielerisch, eine Landkarte nach Norden auszurichten und können vor Ort selber Karten zeichnen. Dass man seinen Weg nicht nur sehen, sondern auch hören und fühlen kann, erleben sie bei der Labyrinth-Karte. Sie hören Geschichten über das geheimnisvolle Bermudadreieck, über verschwundene Inseln und einsame Leuchttürme. Aber auch über alte Handelsrouten der Hanse quer durch Europa. Ein Navigationspass begleitet sie von Station zu Station und wird zuletzt ausgewertet. Damit es kein Gedränge gibt, gehen beim Besuch von Schulklassen maximal fünf Kinder an eine Station.
Mehr als zwanzig historischen Objekten ist der direkte Zugriff verwehrt. Dafür sind sie zu wertvoll und zu alt. Sie stehen hinter Glas. Ein Fluidkompass, ein Sextant, eine Sonnenuhr mit Mittagskanone, ein Jakobsstab, ein Handlot, ein Pinnkompass, ein Globus von Martin Behaim, ein Kartenzirkel, ein Graphometer … Hilfsmittel, die Menschen über die Jahrhunderte erfunden haben, um besser navigieren zu können. Wer darüber hinaus noch mehr Instrumente sehen möchte, kann sich am Ende des Raumes die Treppe hinab ins Schaumagazin begeben. Dort findet man sie unter dem Buchstaben N (Navigation), wo sie unabhängig von dieser Ausstellung dauerhaft zu sehen sind. Zuletzt kann man im Hof dem Seenotrettungskreuzer Paul Denker einen Besuch abstatten. Gleich eine gute Gelegenheit, sich im Museum zurechtzufinden.
Es ist eine Wanderausstellung, die gemeinsam mit der Stiftung Historische Museen Hamburg, dem Altonaer Museum, dem Deutschen Schifffahrtsmuseum und dem Leibniz-Institut für Maritime Geschichte in Bremerhaven sowie dem Euro-päischen Hansemuseum in Lübeck erarbeitet wurde. Hier in Bremen ist die erste Station, sie ist bis zum 25. September zu sehen. Wie üblich gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm, über das man sich unter www.focke-museum.de informieren kann.
Text: Eberhard Matzke, Foto: Focke-Museum/Martin Luther, Eberhard Matzke