Von Mensch zu Mensch
Galerie Mönch
Wieder einmal ist es Christine und Jochen Mönch gelungen, zwei außergewöhnliche Künstlerinnen in einer Doppelausstellung zu zeigen. Sowohl die Bremer Malerin Ulrike Strauch-Göbel als auch die Ludwigsburger Bildhauerin Tamara Suhr sehen den Menschen als zentrales Thema ihres Sujets. Noch bis zum April 2022 sind die Arbeiten der Künstlerinnen in der Galerie Mönch an der Oberneulander Landstraße zu sehen.
Nach einer absolvierten Ausbildung studierte Ulrike Strauch-Göbel Psychologie und Sozialpädagogik an der Uni Bremen. Von 1993 bis 1999 schloss sie ein Weiterbildungsstudium im Bereich Kunst an der Bremer Hochschule für Künste an.
„Das Weiterbildungs-Studium für Malerei und Bildende Kunst sowie diverse Kurse in Bereichen der Bildhauerei, Druck-Graphik etc. bestärkten mich in dem Beschluss, die Malerei zu meinem beruflichen Inhalt zu machen“, erklärt Ulrike Strauch-Göbel. Seit 2003 sind ihre Arbeiten bundesweit in zahlreichen Einzelausstellungen und bei Ausstellungsbeteiligungen zu sehen. „Mensch“ und „Wahrnehmung“ sind zwei Themen, mit denen sich die 1956 in Wolfsburg geborene Künstlerin in ihrer Arbeit stark beschäftigt.
Beim Thema „Mensch“ sind es zumeist Frauen, denen sie ihre Aufmerksamkeit schenkt. Unbedingt vermeiden möchte Ulrike Strauch-Göbel, dass ihre Frauenbilder ins Klischeehafte abgleiten oder ihre Figuren lieblich-trivial wirken könnten. Genormte Körper, wie sie in Hochglanzmagazinen und Werbung zu sehen sind, gibt es bei ihr nicht. „Jeder Mensch hat etwas Schönes an sich“, ist die Künstlerin überzeugt.
Ihre Figuren versteht sie als Archetypen zumeist selbstbewusster Frauen aus verschiedenen Kulturen. Ulrike Strauch-Göbel lässt ihre Figuren nie eine Pose einnehmen, sondern eine ganz besondere Haltung, in der diese teilweise extreme Körperdrehungen und Positionen einnehmen. Fast immer sind es starke Frauen, die Ruhe und Ernsthaftigkeit ausstrahlen. Oft richtet sich ihr Blick nach innen – auch dann, wenn sie dem Betrachter vermeintlich direkt ins Gesicht blicken. Die überwiegend mit Acryl auf Leinwand gemalten Bilder strahlen, auch wenn sie teilweise in matten Tönen gehalten sind, mit starker Ausdruckskraft. Dazu tragen in manchen Inhalten auch Tiere bei, die den Frauen zur Seite stehen, und die ebenfalls ihre Blicke auf die Betrachter richten. Für den Bereich der „Wahrnehmung“ stehen sicherlich die abstrakten Darstellungen von Landschaften oder Blumenarrangements, in denen Ulrike Strauch-Göbel das Motiv mit großzügigen Pinselstrichen in farbige Flächen aufgliedert.
Die Künstlerin Tamara Suhr wurde 1968 in Tübingen geboren und lebt und arbeitet heute in Ludwigsburg. Ihre Ausbildung begann sie 1989 bis 1991 mit dem Studium an der Freien Kunstschule Nürtingen. Von 1992 bis 1998 studierte sie an der Hochschule für Künste in Bremen Bildhauerei bei Professor Bernd Altenstein, bei dem sie 1998/99 zur Meisterschüler-Klasse gehörte.
Schwerpunkt ihres bildhauerischen Oeuvres ist ebenfalls der Mensch. Ihre Figuren sind von intensiver und ausdrucksstarker Kraft. Balance und Gleichgewicht sind ein wichtiges Thema, ebenso wie Kinder, Könige und Märchenfiguren.
Sie heißen Willi, Marie, Lotte, Jakob oder Valentin. Es sind Prinzen, Schwimmer oder Fischer, aber vor allem sind sie kleine Menschen, genauer gesagt, kindlich wirkende Wesen. Oder vielleicht das Abbild des Kindes im Erwachsenen oder des inneren Kindes? Aufgrund ihrer Größe zunächst schützenswert an-mutend, aber dennoch mit ihren riesigen Augen angstfrei und mutig in die Welt schauend. Schnell verschwindet der Impuls, die Bronzefiguren „einfach nur süß“ zu finden. Nicht nur aufgrund des gewählten Materials wirken die Mädchen und Jungen auf den zweiten Blick fest im Leben stehend – präsent und angstfrei – sie müssen weder beschützt noch bemuttert werden. Sie stehen, hocken, angeln oder strecken etwas in die Luft, ohne Hemmungen, Taktik und Berechnung – einfach nur, weil sie es wollen. Sie sind das Abbild des Mutes und der Zuversicht, durch die großen Augen auf die Welt blickend und willens, den Moment im Vertrauen erleben zu können.
Tamara Suhr modelliert ihre Figuren zunächst in Ton und Wachs, aus denen die Formen für den späteren Bronzeguss gebildet werden. Im Anschluss wird die Oberfläche patiniert, farbig bearbeitet und poliert. So sind auch vor der aktuellen Ausstellung in der Galerie Mönch viele handwerklich-künstlerische Schritte nötig gewesen, bis die neuesten Werke ihren Weg von Ludwigsburg nach Oberneuland gefunden haben.
Text und Foto: Meike Müller