Bienen sind Naturschutzhelfer

Bremer Imkertag auf dem Lür-Kropp-Hof

Mit einem vielfältigen Programm beging der Bremer Imker-verein von 1875 e.V. sein diesjähriges Imkerfest beim Lehrbienenstand am Lür-Kropp-Hof. Mit im Programm waren Fachvorträge zur Zulassung von Varroa-Behandlungsmitteln ebenso wie ein Bienenwettfliegen, Führungen über das Gelände, Tipps für einen bienenfreundlichen Garten und die Exper-tengesprächsrunde zum Thema „Insektenschutz“.

Aktuell hat der Bremer Imkerverein 380 Mitglieder und ist damit der größte Imkerverein Norddeutschlands. „Wenn nicht sogar der größte Deutschlands“, wie August-Wilhelm Schinkel, Vorsitzender des Imkerverein Bremen von 1875, mutmaßte. In den Jahren nach der Wende erlebte die Imkerei einen großen Einbruch. Ostdeutsche Imker mussten sich selbst um die Vermarktung ihres Honigs kümmern. Das führte zum Rückgang der Imkerei in den neuen Bundesländern, so Schinkel. Mittlerweile aber seien die Imkerzahlen wieder im Anstieg begriffen.
Galt Bienenhaltung früher in erster Linie der Honigproduktion, findet heutzutage ein Umdenken zugunsten von Bestäu-bungsleistung statt. Hatte 1951 noch jeder Imker ca. zwölf Völker, sind es heute in Großstädten drei bis vier Völker pro Imker. Wer allerdings glaube mit einem Volk im Garten Besonderes für den Naturschutz zu leisten, täusche sich, so der Vorsitzende des Imkervereins. „Ein Bienenvolk im Garten hat nichts mit Naturschutz zu tun.“ Denn die Imkerei sei ein zeitaufwendiges Hobby. Für den Naturschutz sei es sinnvoller, auf eine bienenfreundliche Bepflanzung im Garten zu setzen und für Wild- und Honigbienen mit einem Trachtband für Nahrung von Anfang März bis Ende Oktober zu sorgen. Mit dieser Methode komme man dem Naturschutzgedanken wesentlich näher.
Wer sein Herz aber an die Imkerei verloren habe, der solle mit zwei bis drei Völkern starten, so der Rat des Vorsitzenden. Jedes Jahr veranstaltet der Imkerverein für Anfänger einjährige Imkerkurse. Denn Internetwissen reiche nicht aus für die Imkerei. In seinen Kursen legt der Bremer Imkerverein großen Wert auf Praxis. In den letzten Jahren stellt der Bremer Imkerverein eine Verjüngung und die Zunahme des Frauenanteils bei seinen Mitgliedern fest. Seit mehr als zehn Jahren schon findet zusätzlich zum Sommerferienprogramm für Kinder außerschulischer Unterricht am Lehrbienenstand und traditionell einmal pro Jahr der Imkertag statt. Während des Imkerfests führte Edith Wangenheim zur Schaubeute und informierte dort Kinder und Erwachsene über das Leben eines Bienenvolks. Beim Bienenwettflug konnten die Besucher sehen, wie schnell markierte und ausgesetzte Bienen den Weg zurück zum Bienenstock fanden.
Zum Expertengespräch begrüßte Wilhelm-August Schinkel, Mitglied des Präsidium Deutscher Imkerbund, Christine Cramm, eine der drei Vorsitzenden des BUND, Derik Eicke, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins und Bürgerschaftsabgeordneter, sowie Hilmer Garbade, Landwirt im Blockland und Präsident des Bremischen Landwirtschaftsverband. Die Experten zeigten die bremische Entwicklung des Insektenschutz auf. So verwies die Vorsitzende des BUND auf aus Ackerflächen entstandene Blühflächen und den seit zwei Jahren bestehenden Insektenschaugarten am Weserwehr. Hilmer Garbade betonte, dem Höfesterben durch die Zusammenar-beit mit der Naturschutzorganisation entgegenwirken zu wollen und auf die Bewirtschaftung möglichst vieler kleine Flächen im Sinne des Naturschutzes setzen zu wollen. Landwirte müssten allerdings wirtschaftlich arbeiten können, dabei aber Natur- und Artenschutz nicht aus den Augen verlieren, so der Präsident des Bremischen Bauernverbandes. Auch Christine Cramm hob die Bedeutung der konstruktiven Zusammenarbeit von Naturschutzorganisation und Landwirtschaft hervor. Mittlerweile zögen Landwirtschaft, Naturschutzverbände und Politik zum Wohle von Klima- und Artenschutz an einem Strang, so Derik Eicke. Für den Naturschutz könne man mit der Begrünung fast jeder Fläche auch im Raum viel tun, sagte Wilhelm-August Schinkel. Was man der Natur wegnehme, müsse man ihr auch wiedergeben, so sein Grundsatz. Es sei wichtig, mithilfe von Begrünung, Wasser in der Stadt zu halten, so Eicke. Dazu müsse man Städte anders denken und kreativ werden. Fakt sei aber auch, sagte Schinkel, dass jeder Einzelne für Arten- und Klimaschutz ein wenig Verzicht üben müsse. Als Beispiel für kreative Lösungen nannte der Vorsitzende des Imkervereins Agri-Photovoltaik, eine Kombination aus landwirtschaftlicher Bewirtschaftung und Stromerzeugung durch Photovoltaik auf derselben landwirtschaftlich genutzten Fläche, sowie Agroforst, eine Nutzungsform, bei der Gehölze in Kombina-tion mit landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Kulturen und / oder mit der Haltung von Nutztieren angebaut werden. Bei Agri-Photovoltaik handele es sich um eine Zweinutzung, so Garbade. Es gehe aber nicht auf allen Flächen, Klimaschutz mit Energiegewinnung zu kombinieren. Bei der Bewirtschaftungsform Agroforst könne Austrocknung und Erosion der Böden gemindert werden.
Weiteres wichtiges Thema sei die Lebensmittelsicherheit in Deutschland als wichtigem Standort für Lebensmittelproduktion. „Einfache Lösungen gibt es nicht“, resümierte Hilmer Garbade. Denn der Wiesenvogelschutz würde sicherlich Einwände gegen Agroforstbewirtschaftung haben.
Die Umsetzung des Konzepts der „Schwammstadt“ für Bremen würde der BUND sehr begrüßen, betonte Cramm. „Öffentliches Grün muss anders gedacht werden.“ Die Notwendigkeit des Umdenkens sah Derik Eicke auch bei der Gartenpflege. Es gebe nichts Schlimmeres als einmal pro Woche den Rasen zu mähen. Er verwies auf die „Oberneulander Hecke“ als eine Maßnahme im Rahmen des bereits praktizierten Natur- und Artenschutzes im Stadtteil. Hilmer Garbade plädierte in dem Zusammenhang für mehr verwilderte Flächen im Garten, Christine Cramm für mehr Umweltbildung und das Verbot von Bebauung von Kleingartenflächen.
Text und Foto: Sabine v.d. Decken

Zum Foto: Am Expertengespräch nahmen Christine Cramm, Wilhelm-August Schinkel, Derik Eicke und Hilmer Garbade (v.li) teil.