Der Maulwurf: Buddeln ist sein Lebenszweck
Wildtier des Jahres
So mancher, der vielleicht stolz auf seinen gepflegten Rasen ist, kann richtig verzweifelt werden und versucht ihn zu fangen. Wie Gärtner Knoll vor fast 150 Jahren bei Wilhelm Busch. Damals mag das üblich gewesen sein. Heute ist das verboten, und das ist gut so. Obwohl Maulwürfe noch keine bedrohte Art sind, ernennt die Deutsche Wildtier-Stiftung den unter Naturschutz stehenden Europäischen Maulwurf zum Tier des Jahres 2020. Die Stiftung will mit ihrer Entscheidung darauf aufmerksam machen, wie wichtig die Artenvielfalt unterhalb der Erdoberfläche ist.
Per Gesetz geschützt heißt: Es ist verboten, ihn auch nur zu stören, geschweige denn, zu töten. Dennoch wird ihm häufig übel nachgestellt. Dabei sind die Haufen im Rasen lediglich ein ästhetisches Problem. In einem Beet stören sie nicht und niemanden, denn der Maulwurf ist kein Pflanzenfresser. Er ernährt sich von Regenwürmern, Raupen, Schnecken, Engerlingen.
Stellt ein Gartenfreund fest, dass seine Möhren oder Blumenzwiebeln angefressen sind, dass Pflanzen durch Wurzelschäden eingehen, ist dies meist einer Wühlmaus zu schulden. Da darf er gegen angehen, die ist nicht geschützt. Auch dieses Tier macht Erdhaufen, die sind aber länglich, sehr flach und enthalten oft Wurzelreste. Man sieht deutlich ihre Gänge, die dicht unter der Oberfläche verlaufen. Die sind etwa fünf Zentimeter breit und acht Zentimeter hoch. Die Gänge des Maulwurfs hingegen befinden sich tiefer in der Erde. Manchmal allerdings legt der Maulwurf auch Oberflächengänge an, die denen der Wühlmäuse sehr ähneln können. Ehe man etwas gegen Wühlmäuse unternimmt, muss man also sorgfältig prüfen, ob es sich nicht um einen Maulwurf handelt, denn der ist streng geschützt. Die Wühlmaus ist klein, hat Augen und Ohren, die man bei einem Maulwurf so nicht sehen kann. Das allein schließt eine Verwechslung mit dem Maulwurf aus. Gärtner, die einen Maulwurf töten, weil sie ihn für eine Wühlmaus halten, machen sich deshalb strafbar.
Der Maulwurf hat keine Ohrmuscheln, sondern verdeckt seine Gehörgänge durch Hautlappen. Die Augen sind sehr klein, fast unter dem Fell verborgen und er sieht nicht sehr gut, was aber in der Dunkelheit der Gänge auch nicht nötig wäre. Dafür kann der Maulwurf hervorragend Erderschütterungen spüren sowie gut riechen und tasten. Besonders wichtig sind für ihn die Tasthaare an der Schnauze. Seine Schnauze ist relativ lang und spitzkegelförmig ausgeprägt. Zum Graben nutzt er seine perfekt entwickelten Hände, die wie Grabschaufeln aussehen. Mit dem Maul gräbt der Maulwurf nicht, auch wenn sein Name danach klingt. Wahrscheinlich kommt der Name vom althochdeutschen Moltewurf. Molte bedeutet Erde. Der Maulwurf ist perfekt an seinen Lebensraum angepasst. Sein schwarzes samtweiches Fell hat keinen Strich, und so kann sich das Tier bequem in dem engen Tunnelnetz vorwärts und rückwärts bewegen. Um an seine Nahrung heranzukommen, hat der Maulwurf eine besondere Technik entwickelt, die im Grunde wie ein Spinnennetz funktioniert. Der Maulwurf legt ein weitverzweigtes Tunnelsystem an, hält sich dann in seinem Kessel auf und lauscht auf Geräusche in seinem Labyrinth. Hört er Insekten, Larven, Regenwürmer oder andere Tiere, die in sein Gangsystem geraten, flitzt er hin. Außerdem geht er noch alle drei bis vier Stunden auf Patrouille. Wie bei allen Tunnelarbeiten muss der Erdaushub irgendwo hin: Der Maulwurf drückt ihn mit den Grabschaufeln aus dem Gang. So entstehen die Maulwurfshügel.
Prinzipiell kann man sich über Maulwürfe freuen, denn ihre Anwesenheit zeigt, dass der Boden gesund ist und es zahlreiche Kleinlebewesen im Boden gibt, die die Nahrungsgrundlage der Maulwürfe sind. Der Maulwurf lebt, wie gesagt, von tierischer Nahrung, wie Regenwürmer und Raupen. Da er sehr gerne „Schädlinge“ frisst, ist er ein ausgesprochener Nützling im Garten. Denn schließlich sind manche Insekten und deren Larven bei Gärtnern, land- und forstwirtschaftlichen Betrieben überhaupt nicht gerne gesehen. Die für die Bodendurchlüftung nützlichen Regenwürmer können 80-100 % seiner Nahrung ausmachen. Regenwürmer? Aber die sind doch ebenfalls nützlich. Stimmt. Regenwürmer sind jedoch so fruchtbar, dass noch keine schädlichen Auswirkungen auf die Anzahl von Regenwürmern durch Maulwürfe bekannt geworden sind.
Das Einzige, was stört, sind also die Erdhaufen im Rasen. Wer klug ist, trägt sie mit einer Schaufel ab und verwendet sie für Blumentöpfe. Eine besser durchgearbeitete Erde gibt es nicht. Die Stelle im Gras aber bleibt und wächst nur langsam wieder nach. Was kann jemand tun, der seine Wiese von Maulwurfshügeln frei haben möchte? Eine Falle aufzustellen ist strafbar. Man kann versuchen, den Maulwurf zu vergrämen, ihn zu veranlassen, sein Revier zu wechseln. Das kann gelingen, denn Maulwürfe sind Einzelgänger. Sie mögen keine Artgenossen in ihrer Nähe. Wir wissen: Der Maulwurf ist ziemlich sensibel, was Gerüche und Geräusche angeht. Obwohl, wie es oben heißt, der Maulwurf nicht gestört werden darf, empfiehlt der NABU Deutschland Folgendes: „Man kann zum Beispiel Holzpfähle in die Haufen schlagen und so oft wie möglich dagegen klopfen, sodass sich der Maulwurf manchmal einen ruhigeren Ort aufsucht und den Garten dafür verlässt (Anm. d. Red.: Ebenfalls im Handel sind solarbetriebene Varianten). Man kann auch aus Zweigen vom Lebensbaum, Holunder oder Knoblauch eine Brühe ansetzen und in kleineren Mengen in die Gänge schütten. Der Maulwurf soll und darf dabei nicht ertränkt werden, aber die Brühe riecht sehr intensiv, was der feinen Nase des Maulwurfs nicht passt. Oft muss man so etwas aber mehrmals machen, ehe der Maulwurf weiterzieht. Halb eingebuddelte Flaschen, in denen der Wind Geräusche verursachen soll, helfen nicht. Kleine Windräder, die man mit dem Stab in einen Maulwurfshaufen steckt, sollen ebenfalls helfen.“
Text: Eberhard Matzke und NABU Deutschland, Foto: Deutsche Wildtier-Stiftung