Die Persönlichkeit der Bäume
Umweltbetrieb Bremen veranstaltetet Baumführung durch Höpkens Ruh
Im Rahmen der Umweltbetrieb Bremen-Veranstaltungsreihe „Im Rhythmus der Jahreszeiten“ in Kooperation mit der VHS führte Gärtnermeister und Fach-agrarwirt Heiko Müller durch den hinteren Teil des sieben Hektar großen Landschaftsparks Höpkens Ruh. Während der zweistündigen Führung„Die Persönlichkeit der Bäume“ klärte Müller über Historie sowie Erhalt und Entwicklung des Parks auf, der zum Schutzgebiet Natura 2000 gehört.
Noch heute basiert Höpkens Ruh auf einem typischen 90 Meter breiten Streifen, entstanden im Rahmen der Kolonisation durch die Holländer. Hervorgegangen aus einem Sommersitz ließ sich Dr. Johann Friedrich Schultze um 1800 durch den Botanischen Garten in Göttingen zu einem englischen Landschaftsgarten inspirieren. Seit 1859 war das Landgut im Besitz von Kaufmann und Reeder Johann Höpken, der Schultzes Werk sehr gelungen fand und weiter vervollkommnete. 1873 vererbte Höpken den Park der Stadt Bremen und hinterließ ein detailliertes Regelwerk über Wegeführung, Baumbepflanzung und öffentliche Gastronomie. Seit 1937 liegt neben der Verwaltung auch die Pflege des Parks komplett in städtischer Hand.
Heiko Müller stellte während der zweistündigen Führung 20 imposante Exemplare einheimischer Bäume und ihre exotischen Nachbarn vor. Als Baumkontrolleur schärfte er den Blick für Problemfälle. Viele exotische Bäume zeugen vom regen Handel der Bremer Kaufleute und prägen noch heute das Bild des nach Art eines englischen Landschaftsgartens angelegten Parks. Müller machte darauf aufmerksam, dass heutzutage die Rasenflächen alle 14 Tage gemäht werden. Als der Park angelegt wurde, gab es noch keine Rasenmäher, sodass sich das heutige Erscheinungsbild durch die Pflegemaßnahmen von heute vom historischen Park deutlich unterscheidet. Die Parkanlage gliedert sich in die Bereiche Lustgarten im vorderen Bereich, den „empfindsamen Garten“ mit Obelisken, Nutzgarten sowie Wassergarten im hinteren Bereich des Gartens. Verbunden werden diese Bereiche durch Sichtachsen, die von dem Gartengestalter Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785–1871) als „Schaffung von Bilderrahmen“ bezeichnet wurden.
Müller startete mit der Führung im „Lindendom“, einem mit Linden umstandenen Rondell. Mittlerweile, so Müller, ständen hier nur noch nach 1945 gepflanzte Lindenbäume. Auch der im angrenzenden Gartenbereich des „Sympathischen Gartens“ stehende Obelisk entspricht nicht mehr dem ursprünglichen pyramidenförmigen Steinpfeiler, der im Krieg zerstört wurde. Er wurde durch einen kleineren
ersetzt, berichtete Heiko Müller. Die ursprünglich neben dem Obelisken stehende Hängeesche musste durch eine andere Hängeform, eine Blutbuche, ersetzt werden. Als Fachagrarwirt ist Müller für einen Unterhaltungsbezirk mit 50.000 Bäumen in der Vahr, Oberneuland und Borgfeld zuständig, die alle 15 Monate vom Umweltbetrieb kontrolliert werden. Alle sind in Katasterblättern mit Standort, Alter, Pflegemaßnahmen und Krankheitssymptomen registriert. Nach einer Reihe einheimischer Bäume wies Heiko Müller auf die Zerr-Eiche hin, ein aus Süd- und Südosteuropa stammendes Gehölz, das mittlerweile versuchsweise als Straßenbaum gepflanzt wird. Zurzeit befasst sich der Umweltbetrieb, so der Fachagrarwirt, zunehmend mit „Klimabaumarten“, die die veränderten Klimabedingungen tolerieren. So werden statt Stieleichen an Straßen Traubeneichen gepflanzt. In Höpkens Ruh allerdings waren noch viele Stieleichen zu finden. Als Straßenbaum eigne sich mittlerweile sowohl Bergahorn wie auch die einheimische Rotbuche nicht mehr, da Trockenstress und wärmeliebende Pilze zu Kronenausbrüchen führten und die Bäume gefällt werden müssten.
Mit Absicht, so Müller, lässt der Umweltbetrieb Bremen abgestorbene Bäume als Nahrungs- und Nistangebot für Spechte und Insekten wie den Eremitenkäfer stehen, der in der Roten Liste gefährdeter Tiere Deutschlands als stark gefährdet aufgenommen ist. Gebiete, in denen der Eremit vorkommt, werden als Schutzgebiet ausgewiesen. Aufgrund des Vorkommens dieser prioritären Art wurde Höpkens Ruh zum Schutzgebiet Natura 2000 erklärt und gehört damit einem EU-weiten Schutzgebiet zur Erhaltung gefährdeter Arten und typischer Lebensräume an.
Text und Foto: Sabine von der Decken