Erstaunliche Anpassungen der Spechte

Gewinner der Dürresommer

Wer jetzt durch die Wälder streift, hat gute Chancen, Spechtbruten zu entdecken. Zum einen profitieren die fleißigen Baumeister von den Dürreschäden im Wald und haben sich in den vergangenen Jahren entsprechend prächtig vermehrt. Doch vor allem die sorglos zwitschernden Küken in den Baumhöhlen verraten jetzt die Brutplätze. Spechtbruten seien oft über dutzende Meter zu hören, erklärt der NABU in einem Beobachtungstipp.

„Das hat schon was von Ballermann-Party“, schmunzelt NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann über eine der lautstärksten aller heimischen Vogelbruten, „die fühlen sich in ihrer Höhle anscheinend dermaßen sicher, dass sie schon geradezu nach Futter grölen.“ Das Getschilpe und Gezeter der halbflüggen Jungen sei ein guter Hinweis, folge man den Rufen, leiten sie zu einem Baumstamm mit Spechthöhle in mehr oder minder luftiger Höhe. Mit gebührendem Abstand und Ruhe können dann die hübschen Altvögel beobachtet werden. Unermüdlich bringen sie Insektenlarven heran, die sie aus den umliegenden Bäumen sammeln. „Buntspechte haben eine Hornspitze mit Widerhaken auf ihrer Zunge, wie mit einer Harpune angeln sie damit Bockkäferlarven aus ihren Gängen im Holz“, erklärt der gelernte Förster Hofmann. Um die Zunge etwa fingerlang ausfahren zu können, reiche die Muskulatur einmal um den ganzen Schädel herum.
Noch weitere erstaunliche Anpassungen haben die Spechte im Laufe der Evolution durchgemacht: Damit sie keine Gehirnerschütterung beim Hacken ihrer Höhlen bekommen, ist der Schnabel in einem komplizierten Gewirr aus Sehnen und Knorpel gelagert. „Jeder Schnabelhieb wird dadurch abgepuffert und teils in Drehbewegungen umgewandelt“, so der NABU. Die Schwanzfedern sind deutlich härter als bei anderen Vögeln, sie stützen den Vogel, wenn er sich am Stamm festkrallt. „Selbst die Krallen sind abgewandelt: Statt drei nach vorn und eine nach hinten haben Spechte je zwei Krallen nach vorn und hinten für besseren Halt.“
„Der Buntspecht ist eindeutig ein Gewinner der Dürresommer“, stellt Hofmann fest, „die absterbenden Bäume stecken natürlich schnell voller Insekten, die den Baum besiedeln.“ Spechte gehören als Steuerelement zur Verwertungskaskade des Waldes, einem komplizierten Geflecht von Abhängigkeiten, die der Mensch noch lange nicht durchschaut. Besonders die künstlich nach den Bedürfnissen der Holzindustrie gepflanzten Forste leiden unter dem Klimawandel.
„Naturnahe Wälder haben ganz andere Widerstandskräfte als die Plantagen aus teils exotischen Bäumen“, stellt der NABU fest, „wenn jetzt mit vermeintlich dürreresistenteren Douglasien und Küstentannen aufgeforstet wird, ist das genau der falsche Weg.“ Die Natur vermag sich erstaunlich schnell mit Millionen Jahre alten Mechanismen zu heilen. Dazu müsse der Mensch es aber aushalten, dass nicht überall die am besten wirtschaftlich verwertbare Baumart wachse.

Text: NABU Bremen