„Imkern tut so gut”
Hobbyimker aus der Region: Sylvie Klingler aus Oberneuland
Was gibt es Schöneres, als seinen eigenen Honig herzustellen. Das Oberneuland Magazin besucht in
diesem Jahr die Hobbyimker aus der Region und schaut ihnen über die Schulter…
„Ich brauche ein Hobby“, war Sylvie Klinglers Wunsch im Coronajahr. Von da war der erste Schritt bis zum Imkern nicht mehr weit. Beflügelt wurde die Entscheidung noch durch den Kauf des kleinen Wäldchens im Hohenkampsweg, in dem nun seit 2020 ihre Bienenvölker wohnen. „Es tut so gut“, sagte die Musikerin und Musiklehrerin, die das Imkern als Ausgleich zum berufsbedingten Stress betreibt.
Noch gehört Sylvie Klingler zu den Jungimkern, obwohl sie im vergangenen Jahr bereits 180 Kilogramm Honig von ihren fünf Völkern erntete. Im Gegensatz zu anderen Imkern aber arbeitet sie mit zwei verschiedenen Systemen. Grund hierfür war, dass ihr Mann sie aufgrund einer Bienenallergie nicht mehr tatkräftig unterstützen konnte. Während der Suche nach einer rückenschonenderen Variante in der Imkerei stieß sie auf die Golzbeute. „Das kann ich alleine wuppen“, sagte die Jungimkerin. Bei diesem System müsse sie nichts tragen und könne die Völker erweitern. Nur wenige, so Sylvie Klingler, verwendeten das Golzmodell.
Ende der 1950er Jahre entwickelte der Hamberger Imker Wolfgang Golz mit der rückenschonenden Golzbeute eine Längs-lager- bzw. Trogbeute nach dem Motto „Imkern ohne Heben“. Bei diesem Beutentyp werden alle Waben auf einer Ebene von oben bei einer individuellen, idealen Arbeitshöhe bearbeitet. Einzelne Rähmchen können dabei gezielt durchgeschaut werden. Nahe dem Flugloch besitzt die Golzbeute einen großen zweigeteilten Brutraum, der vom Honigraum durch ein senkrecht stehendes Absperrgitter getrennt ist. Moderne Golzbeuten haben unter dem Brutraum Varroagitter und Diagnoseschublade, um den Varroatotenfall kontrollieren zu können. Die meisten Beuten sind mit zweimal 17 Waben ausgestattet. Beim Imkern mit der Golzbeute wird der Honigraum nur bei Bedarf mit Waben belegt. Beim Entfernen von Abdeckung und Dämmplatten erhält der Imker sofort einen Überblick über beide Räume. Sie wird auch „Altherren-beute“ genannt, da bei dieser Beute keine schweren Lasten gehoben werden müssen. Bei frei stehenden Beuten kann man von allen Seiten an der Golzbeute arbeiten. Im Winter kann der Honigraum in der Golzbeute relativ einfach von der Wintertraube getrennt werden, indem das Absperrgitter durch eine Holzplatte ersetzt und der Honigraum mit Isolierung aufgefüllt wird. Die Golzbeute ist eine ernst zu nehmende Alternative für Individualisten, Anfänger und ökologisch orientierte Hobbyimker, eignet sich aber nicht für Wanderimker. Für Einsteiger ist es wichtig, ein Beutesystem, das in der Region gebräuchlich ist, zu verwenden, da Bienenvölker, Beuten und Waben problemlos zugekauft oder verkauft werden können.
Gestartet aber ist Sylvie Klingler mit der übereinandergestapelten Deutsch-Normal-Beute, die Raum für zwölf Rahmen bietet. Brut- und Honigraum stehen hier übereinander, sodass der Honigraum abgenommen werden muss, um den Brutraum kontrollieren zu können.
Das beruhigende Moment, das Sylvie Klingler mit der Imkerei verbindet, beobachtet sie auch beim Imkern mit ihren Schülern von der Gesamtschule Ost. Unbeschulbare Kinder seien bereit, alles zu tun, wenn es um Bienen und das Imkern ginge, berichtete die Musik- und Kunstpädagogin. Bevor sie eigene Bienen hatte, war Sylvie Klingler kein Honigesser. Das hat sich mittlerweile geändert. Ihren Honig verschenkt sie gerne, hat aber in der Nachbarschaft schon viele „Stammkunden“. Da Bienen einen Flugradius von nur ca. dreieinhalb Kilometern um ihren Stock herum haben, geht die Oberneulander Imkerin davon aus, dass es sich bei ihrem Honig um Obstblüten- und Lindenhonig handelt. Oberneuland sei voller Linden, sagte sie, die durch die Imkerei eine stärkere Sensibilität für alles, was so blüht, entwickelte. Besondere Freude bereitet ihr zudem das umfangreiche Wissen rund um Bienen und Imkerei.
Immer noch hat Sylvie Klingler trotz Imkerkurs beim Imkerverein Bremen das Gefühl, ganz am Anfang zu stehen. Und immer noch erlebt sie Überraschungen. Aber es klappe ganz gut, sagte sie zufrieden im vierten Jahr. Im ersten Jahr wurde ihr Volk von einem anderen Bienenvolk wegen zu wenig Blütentracht überfallen und der Honig ausgeraubt. Sylvie Klingler fand vor ihrer Beute nur noch einen Haufen toter Bienen. Im zweiten Jahr lief dafür alles super. Jetzt ist sie gespannt auf das Bienenjahr 2024.
Text und Foto: Sabine von der Decken