Wetterwandel

Gärten für den Klimawandel

Das Wetter scheint heute mehr und vor allem häufiger Extreme bereitzuhalten als früher. Dafür sollte man auch seinen Garten rüsten.

Zentimeterhoch steht das Wasser auf der Rasenfläche und kann über Tage nicht abfließen, weil der Boden vom immer wieder auftretenden Starkregen der letzten Wochen vollkommen durchnässt ist. Solche Bilder sieht Gartengestalter Andreas Leucht in den letzten Jahren immer häufiger. „Das Wetter verändert sich“, ist der Experte überzeugt. „Wir haben es immer häufiger mit extremen Wetterereignissen zu tun“, so seine Beobachtung – und zwar in zwei Richtungen: wiederholt viel zu viel Niederschlag in extrem kurzer Zeit auf der einen Seite und auf der anderen sehr lange Phasen ganz ohne Regen, teils bei großer Hitze.

Vorbereitet sein

Weder auf das eine noch auf das andere Phänomen – und schon gar nicht auf eine Mischung aus beiden – sind nach der Erfahrung von Andreas Leucht die Gärten heute vorbereitet – und die Gartenbesitzer übrigens auch nicht. „Das Thema, wie man einen Garten gegen Wetterextreme rüsten kann, ist noch nicht in den privaten Gärten angekommen“, erzählt Leucht.
Gleichwohl müssen Gartenbesitzer aber immer häufiger schmerzlich erfahren, dass so manche Pflanze dem Überangebot an Feuchtigkeit oder auch extremer und lang anhaltender Trockenheit nicht gewachsen ist. Leuchts Fazit: Gärten, soweit es geht, auf Wetterextreme vorbereiten. Ein besonders anschauliches Beispiel ist der Rasen. „Er liebt eigentlich leichte Feuchtigkeit, kommt auch mal mit ein bisschen Trockenheit zurecht, darf aber weder ganz austrocknen noch dauerhaft im Nassen stehen“, fasst der Gartengestalter die Idealbedingungen für den grünen Teppich zusammen.
Um den grünen Teppich auch unter erschwerten Bedingungen möglichst gesund und vital zu erhalten, setzt Andreas Leucht neben robusten Rasensorten auf eine Drainierung: Unter dem Rasensoden legt er eine fünf bis zehn Zentimeter starke drainierende Schicht aus feinkörnigen Lava-Splitt-Gemischen an. Die sorgt dafür, dass überschüssige Feuchtigkeit schnell aus dem Wurzelbereich des Rasens abfließen kann und verhindert so schädliche Staunässe. „In Trockenperioden bringt das allerdings keinen Vorteil“, erklärt Andreas Leucht. Da ist die einzige Lösung: Bewässerung, etwa mit in die Rasenfläche integrierten Versenkregnern.

Gezielte Auswahl

Doch der Rasen ist nicht der einzige Gartenbewohner, der mit den Wetterextremen zu kämpfen hat: Stauden und Gräser sind ebenfalls betroffen. So mögen es viele der besonders beliebten Gräsersorten, etwa Chinaschilf oder Lampenputzergras, eher trocken; ihnen macht also vor allem der Starkregen zu schaffen. Das gilt auch für trockenheitsliebende Stauden wie Lavendel, Salbei oder Mexikonessel. Stehen sie zu lange zu nass, verkürzt das zumindest ihre Vegetationsperiode oder versetzt ihnen gar den Todesstoß. Um dem entgegenzuwirken, empfiehlt der Garten-Experte, die Drainfähigkeit des Bodens durch Splitte großflächig zu verbessern.
Natürlich gehört die standortgerechte Pflanzung, also eine Sortenauswahl anhand der im Garten vorherrschenden Bedingungen, eigentlich zum kleinen gärtnerischen Einmaleins. Allerdings wird dieses Vorgehen, das – wenn es fachkundig gemacht wurde – eine langlebige und gesunde Pflanzung annähernd garantierte, durch die zunehmenden Wetterextreme deutlich erschwert. Deshalb richtet er sein Augenmerk verstärkt auf solche Arten und Sorten, die aus Regionen der Erde stammen, in denen seit jeher ähnliche Wetterphänomene herrschen, wie man sie in unseren Breiten erst in jüngerer Zeit erlebt: „Gehölze aus den verschiedensten Regionen der Erde haben sich im Laufe der Zeit hieran angepasst. Esskastanie, Amber- oder Schnurbaum und Gleditschie dürften langfristig zu den Gewinnern der Wetterveränderungen gehören“, prognostiziert er. Eher schwer haben dürfte es hingegen in Zukunft zum Beispiel die Birke, vor allem, wenn die Frühjahreweiterhin sehr trocken sind. Dann stockt der Austrieb, es bilden sich nur wenige und zu kleine Blätter.
Bei den Stauden betont Andreas Leucht den Stellenwert sorgfältiger Planung und zählt auf, dass es auch unter den Klassikern durchaus solche gibt, die mit Extremen gut zurechtkommen: Astilbe, Storchschnabel und Wolfsmilch zum Beispiel, während etwa das Purpurglöckchen damit zu kämpfen hat.

Mehr Schädlinge & Krankheiten

Doch die Wetterveränderung hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf viele Pflanzen. Mittelbare Folge ist ein zunehmender Pilz- und Schädlingsbefall: Die viele Feuchtigkeit begünstigt die Vermehrung von Pilzsporen, so dass Krankheiten wie Boden- und Blattpilze auf dem Vormarsch sind; auch die kürzer werdenden Kälteperioden tragen dazu bei: Es bleibt mehr Zeit, in denen Schädlinge und Sporen sich vermehren können. Statt als Reaktion auf diese Entwicklung vermehrt zu chemischen Mitteln zu greifen, empfiehlt er auch hier, sich intensiv mit der Sortenwahl auseinanderzusetzen. So sei die Ölweide eine gute Alternative für den zunehmend von Mehltau und Schrotschuss gebeutelten Kirschlorbeer.
Im Übrigen sind es nicht nur die Pflanzungen, auf die man vor dem Hintergrund eines sich verändernden Wetters im Garten einen kritischen Blick werfen sollte. Auch das Thema Entwässerung befestigter Flächen wird zunehmend wichtiger und bedarf fachkundiger Planung. „Die wirklich notwendige Größe von Terrasse, Einfahrt und Stellplätzen, die Formate der Plattenbeläge und der Fugenanteil sollten ebenso durchdacht werden wie die Ableitung des Oberflächenwassers“, fasst Andreas Leucht zusammen. Eine fachkundig vorbereitete und bepflanzte Vegetationsfläche bleibt jedoch die sinnvollste Antwort auf den Wetterwandel.

Foto: Gärtner von Eden