Deichschutz in Oberneuland und Borgfeld

Erkenntnisse und Maßnahmen

Deichschutz und Entwässerung gibt es bereits seit dem Mittelalter. Für Bremer Bürger sind sichere Deiche fast schon eine Selbstverständlichkeit. Den Schutz vor Sturmfluten von See her und vor Hochwasser aus dem Binnenland gewährleisten die Deiche an Weser, Lesum und Wümme. Weite Teile Bremens – immerhin 85 Prozent der Fläche – sind nach wie vor überflutungsgefährdet. Der Deichverband hat die Hochwassersicherheit und die Be- und Entwässerung daher entsprechend den Anforderungen ständig ausgebaut und verbessert.

Dieser Auszug aus dem Internetauftritt des Bremischen Deichverbandes am rechten Weserufer macht deutlich, dass Bremen nicht nur durch die Sturmfluten über die Weser gefährdet ist, sondern, wie auch in den Wochen um den Jahreswechsel deutlich geworden ist, über die Überflutungsgebiete östlich der Stadtgrenzen bis hin nach Niedersachsen. „In Oberneuland hat während der letzten Wochen keine Gefahr bestanden“, so stellt Rolf Dülge (Foto) als Technischer Leiter des Deichverbandes fest. Die einzige „nasse“ Stelle am Hollerdeich wurde mit Sandsäcken verstärkt. Jeden Morgen sind drei Teams des Deichverbandes den gesamten Deichverlauf abgelaufen und haben nach Schäden geschaut, aber glücklicherweise in Oberneuland nichts gefunden.
Anders in Borgfeld. Wo sich die Wümme in guten Zeiten malerisch durch die Landschaft schlängelt, war um den Jahreswechsel „Land unter“. Mit sehr hoher Priorität wird daher in den Gebieten Warf-Butendiek und Timmersloh jetzt an Maßnahmen gearbeitet, da diese Bereiche zeitweise „hallig“ waren. Hier werden auch kurzfristig umzusetzende Erdbaumaßnahmen angedacht, die künftig eine solche Situation verhindern sollen. Eine klare Erkenntnis aus den letzten Wochen ist die „Bedrohungslage“ durch die Wümme. „Es ist nicht nur die große Weser, insbesondere die Wümme führte in den letzten Wochen zu einer deutlichen Bedrohung“, so Rolf Dülge.
Als Folge des Hochwassers um den Jahreswechsel hat inzwischen die Stadt Bremen und hier das zuständige Umweltressort beschlossen und auf einer Beiratssitzung in Borgfeld erläutert, die Deiche der Wümme um bis zu einem halben Meter zu erhöhen. Dies wird nicht kurzfristig geschehen können, da zunächst umfangreiche Untersuchungen und Berechnungen voraus gehen müssen. Sicher ist aber, dass auch hier Maßnahmen zum Schutz der Anwohner angedacht und in Angriff genommen werden. Außerdem werden gefährdete Strom-anlagen im Sommer laut des Betreibers Wesernetz höher gelegt werden, wie auch die einiger Anwohner. Die Umweltdeputation wird sich im Mai mit den Ergebnissen der Untersuchungen beschäftigen.
Mittelfristig müsse für Borgfeld und die oberhalb davon gelegenen Bereiche eine Gesamtbetrachtung durchgeführt werden, die in den Generalplan Küstenschutz oder ein ähnliches Förderprogramm einfließen soll. Dieser gilt aktuell nur für das Gebiet der Wümme unterhalb von Borgfeld und listet dort als wesentliche Maßnahme eine Anpassung der Deichneigung auf 1:3 mit einem Gesamtvolumen von 8,1 Millionen Euro auf. Da aber wieder einmal in den letzten Wochen die hohe Relevanz der Deiche deutlich wurde, wird nach Ansicht von Rolf Dülge hier sicher noch nachgebessert, was mit den dargestellten Maßnahmen in Angriff genommen wurde.
Aber im Grundsatz ist er zufrieden, dass alle Deiche gehalten haben. Dazu mussten jedoch auch einige sehr rigide Maßnahmen ergriffen werden, wie die Sperrung der Zufahrt zu den Deichstraßen. Beispielsweise ist der Hodenberger Deich und die darauf verlaufende Straße eine Besonderheit. Im Normalfall läuft eine Deichstraße immer am Fuße des Deiches binnenseitig und nicht oben darauf. Das Befahren mit Fahrzeugen jeder Art bedeutete für die stark beanspruchten und durchnässten Deiche eine hohe Belastung. Das Verbot des Befahrens und Begehens brachte jedoch in den vergangenen Wochen eine hohes Konfliktpotenzial mit sich. Viele Besitzer mussten und wollten zu ihren eingestellten Pferden auf den Höfen, obwohl dies alles im Grundsatz verboten war. Langfristig sei es die beste Lösung, die Straße zu verlegen. Aber Dülge weiß um die rechtlichen Probleme, die sich aus einem solchen Vorhaben ergäben.
Weit über die Grenzen Bremens und Niedersachsens hinaus habe man die große Bedrohung durch das Hochwasser und die entstandenen Schäden erkannt. Als Folge werden die verantwortlichen Stellen an Plänen arbeiten, deren Ergebnisse dann – so hofft Rolf Dülge – aus öffentlichen Mitteln finanziert werden.
Durch die Beiträge der bremischen Bürger an den Deichverband können die jährlichen Unterhaltungsmaßnahmen, zum Beispiel die Mahd, und kleinere Ertüchtigungen der Deichlinie entlang der Wümme auf der Gesamtlänge von 22,1 Kilometern vorgenommen werden. In jedem Fall wird man für ein weiteres Hochwasser konkrete Pläne in der Schublade haben, um besser vorbereitet zu sein. Außerdem haben sicherlich viele Bremer festgestellt, dass sichere Deiche nicht wirklich eine Selbstverständlichkeit sind, sondern harte Arbeit und kluge Entscheidungen dahinter liegen.

CB, Foto: Wagschal