Die Lage entscheidet über das Konzept

„Avalon“ eine kleine Insel in Oberneuland

Es gibt Wohnlagen, die aufgrund ihrer Wertbeständigkeit komplett überzeugen. Manche spiegeln zudem die Historie des Stadtteils wider oder erzählen die Geschichte der früheren Bewohner, lassen aber dennoch genügend Raum für moderne Bebauungsansätze. Insbesondere dann, wenn ein für den Stadtteil charakteristisches Gesamtbild erhalten bleibt und die Vorgaben des neuen Konzeptes genügend Freiraum für individuelle Gestaltungsansätze ermöglichen.

Die Geschichte eines Dorfes, Stadtteils oder Ortes ist nicht nur die Geschichte der dort lebenden Menschen. Oftmals geben gerade historische Gebäude, Straßen oder Grünanlagen das Gesellschaftsbild längst vergangener Zeiten wieder. In Oberneuland sind es vor allem die ehemaligen Landgüter und Parks, die auch heute noch das Ortsbild bestimmen. Aber auch zahlreiche große Anwesen und Villen, die inzwischen in die Jahre gekommen sind und deren Grundstücksgröße nicht mehr zeitgemäß ist.
Aus diesem Grund sind insbesondere in der Straße Im Holze in den vergangenen zwei Jahren mehrere Grundstücke aufgeteilt worden, um Raum für Eigenheime und familienfreundliche Bebauungen zu ermöglichen. Eines dieser Grundstücke ist das ehemalige Domizil der Bremer Unternehmerfamilie Jürgens, das über viele Jahre nicht mehr bewohnt wurde und dessen parkähnlich angelegtes Grundstück verwilderte. (Wir berichteten bereits im vergangenen Jahr mehrfach.)
Seit Anfang des Jahres ist nun der neue Bebauungsplan für das ca. 35.000 qm große Areal rechtskräftig. Unter dem Namen „Avalon“ wird das Projekt mit acht unterschiedlich großen Grundstücken durch das Immobilienberatungshaus Robert C. Spies vermarktet. Drei der acht Baugrundstücke haben bereits neue Eigentümer und demnächst werden auch die ersten Bauaktivitäten beginnen. Über ein Jahr hat es gebraucht, um das Areal von Altlasten und Verwilderung zu befreien, eine Zufahrt von der Straße Im Holze zu schaffen und die Grundstücke voll zu erschließen, damit die zukünftigen Besitzer und Bauherren möglichst schnell starten können.
Die auf dem Grundstück über viele Jahre nicht gepflegten Bäume wurden durch ein umfangreiches Baumkataster dokumentiert und ein Gutachten über die Verkehrssicherheit jedes einzelnen Baumes erstellt. Um Schäden vorzubeugen und der potenziellen Gefährdung durch kranke Bäume oder Totholz entgegenzuwirken, ist in zeitlich definierten Abständen eine Baumkontrolle für jeden Grundstücks- und somit auch Baumeigentümer Pflicht, die hier vollumfänglich erfüllt werden musste. Die Begutachtung wurde durch einen unabhängigen Sachverständigen durchgeführt, ebenso wie ein Gutachten zum Lebensraum von Brutvögeln, Insekten oder schützenswerten Arten.
Die gute Nachricht, nicht nur für die neuen Eigentümer der acht Grundstücke, sondern auch für viele Anwohner, die trotz einer neuen und einheitlichen Zaunanlage weiterhin einen Blick auf „Avalon“ werfen können: Der parkähnliche Charakter des Areals bleibt erhalten!
Auch das kleine Wäldchen, überwiegend aus alten Eichen bestehend, bleibt als „Herzstück“ des Grundstücks bestehen. Der dahinter liegende Pavillon aus dem vergangenen Jahrhundert – ein letzter Zeuge der Geschichte des Areals – wird nicht zurückgebaut, sondern saniert. Inzwischen wurde auch schon kräftig aufgeforstet und junge Bäume, als Ersatz für die nötig gewordenen Fällungen, gesetzt.
Immer noch wirkt das Areal wie ein unberührtes Paradies für allerlei Tiere wie Rehe, Hasen und Vögel. Nur die farblich markierten Felder zeigen an, dass die acht Grundstücksgrenzen festgelegt wurden. Die bebaubaren Grundstücksflächen sind laut Bebauungsplan auf die weitgehend von Baumbestand freien Bereiche des Parkwalds begrenzt. Für die Zufahrt zu den Grundstücken wird der Verlauf der bestehenden Klinkerstraße wieder aufgenommen und aus Gründen des Baumschutzes in seinem mittleren Teil in eine baumwurzelfreie Zone verlegt und als Wohnstraße angelegt. Vor diesem Hintergrund wird auch darauf verzichtet, dass Müllfahrzeuge mit ihren größeren Wenderadien hineinfahren. Daher soll im Zufahrtsbereich zur Straße Im Holze auf privatem Grund eine Müllsammelstellfläche zum Aufstellen von Müllgefäßen für den Tag der Müllabfuhr errichtet werden. Der Müllsammelstellfläche gegenüberliegend soll eine Paketstation dazu beitragen, Lieferverkehre durch Paketdienste zu vermeiden. Zudem soll es am nördlichen Rand des Plangebietes ein Servicegebäude mit einer Pumpstation für die Feuerwehr und einen Carport geben.
Im Weiteren sieht die Planung vor, dass auf den acht Baugrundstücken nur Einzelhäuser mit einer Wohneinheit und einer zusätzlichen Einliegerwohnung zulässig sind. Mit der Vorgabe einer Mindestgrundstücksgröße, -breite und -tiefe, der Begrenzung der Anzahl der Wohneinheiten sowie der Festsetzung einer offenen Bauweise mit Einzelhäusern wird sich die Bebauung somit behutsam in das Ortsbild der ehemaligen Parkanlage und der baulichen Umgebung einfügen. Hierzu trägt auch eine Bebauung bei, die über maximal zwei Vollgeschosse verfügen darf.
Momentan steht noch die alte Villa der ehemaligen Eigentümerfamilie auf dem Gelände, die aber wohl zeitnah zurückgebaut werden soll. Dahinter befindet sich ein kleiner Teich, der renaturiert wurde und einen Lebensraum für Wasservögel, Frösche und Insekten bildet.
Durch die hohen, alten Bäume sowie die Neupflanzungen bleibt der parkähnliche Charakter des Areals erhalten und macht dem Namen „Avalon“ wahrlich alle Ehre. Aber vielleicht kommen ja durch die neuen Eigentümerfamilien zusätzlich einige Obstbäume hinzu? Denn Avalon, der mystische Ort aus der Artussage, geht zurück auf ein uraltes Wort für Apfel. Demnach ist Avalon die „Insel der Äpfel“.

Text und Foto: Meike Müller