Erhalt des Lebensraums
Ökologische Grabenräumung im Blockland
Nicht nur Lebensraum für naturraumtypische und gefährdete Tier- und Pflanzenarten, sondern auch Entwässerungssystem für das Bremer Blockland und die Stadt Bremen sind die kilometerlangen Grabensysteme, die Wiesen und Weiden durchziehen.
Denn nur mithilfe von Entwässerung ist es möglich, das Blockland landwirtschaftlich zu nutzen. Um die zu gewährleisten, müssen die Gräben vor Verlandung bewahrt werden. Grabenräumung und Erhalt des Lebensraums von naturraumtypischen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten erscheinen dabei aber unvereinbar. Im Rahmen des Projekts „Ökologische Grabenräumung“ werden seit 2009 im Auftrag des Bremer Senatsressorts Umwelt, Klima und Wissenschaft 270 von ca. 560 Grabenkilometer schonend gereinigt.
Da das Blockland nur eine geringe Anzahl von Kompensationsflächen hat, müssen die Maßnahmen in Absprache mit den Landwirten erfolgen. Das klappt seit vielen Jahren, machte Karin Hobrecht, Schutzgebietsmanagement Blockland, deutlich. Es sei ein freiwilliges Programm, bei dem die vom Bremer Umweltressort beauftragte Firma privates Gelände betreten muss. Mehr als 30 gefährdete Arten haben in und an den Grabensystemen ihren Lebensraum. Den zu erhalten und Biodiversität zu gewährleisten, ist Auftrag der ökologischen Grabenräumung. Dafür erstellt die Botanikerin Karin Hobrecht in einem seit drei Jahren nicht geräumten Gebiet ein Kataster über unterschiedliche Verlandungsstufen und gefährdete Pflanzenarten. Anhand des aktuellen Zustands wird so ein Grabenräumungsplan mit Definition der Ablageseite für den Schlamm entwickelt. Angestrebt ist ein Räumungsintervall von fünf Jahren. „Eigentlich dürften wir mit der Grabenräumung bereits Anfang September beginnen, wir warten aber das Ende der Bewirtschaftung durch die Landwirte ab“, sagte Karin Hobrecht. So bleiben als Zeitfenster für die ökologische Grabenräumung vier Wochen im Oktober. In diesem Zeitraum müssen etwa 80 Grabenkilometer schonend gereinigt werden. Pro Stunde, so Zoologe Jan Wasser, können zwei bis drei Kilometer Graben vor dem Verlanden bewahrt werden. Geräumt wird nicht en bloc, sondern in Mosaiken, in denen verschiedene Verlandungsstufen nebeneinanderliegen. „Es sieht gut aus“, beschrieb Karin Hobrecht die Erfolge der ökologischen Grabenräumung im Laufe der vergangenen 14 Jahre. Das Gesamtvolumen innerhalb von vier Jahren beläuft sich auf 830.000 Euro, von denen dreiviertel aus EU-Fördermitteln stammen.
Bevor der Mähkorb in das Grabenwasser eintaucht, werden gefährdete Wasserpflanzenarten entnommen und in einen anderen Graben oder -bereich wieder eingesetzt. Auch mit den am Ufer wachsenden gefährdeten Arten wird schonend verfahren, indem sie im Vorfeld für den Baggerfahrer gut sichtbar markiert werden. Der hat sich aber im Laufe der Jahre einiges an Pflanzenkenntnissen angeeignet. Sein Bagger mit Plastikkettenbereifung wurde extra für das Projekt entwickelt und schont Wiesen und Grabenränder.
Das Vorkommen der Krebsschere habe in den letzten zwei Jahrzehnten stark ab-genommen, so die Botanikerin Karin Hobrecht. Mithilfe der schonenden Grabenräumung konnte der Status quo aber gehalten werden, sagte sie. Auch mit den im Schlamm klebenden Tieren wird schonend verfahren. Denn neben Baggerfahrer Bodo Bischoff lief der Biologiestudent Jan Wasser an diesem Oktobertag mit und kontrollierte die Ablage mit Kennerblick auf Amphibien und Fische. Mit geübtem Griff überführte er die Tiere wieder in ihren Lebensraum. „Es hat sich gezeigt, dass es sich lohnt“, stellte die Schutzgebietsmanagerin fest. Genau diese Arten seien es auch gewesen, deretwegen das Blockland zum FFH-Gebiet, Natura-2000-Gebiet und Landschafts- und Naturschutzgebiet erklärt worden sei, sagte Arno Schoppenhorst, Schutzgebietsmanagement Blockland.
Das Ausräumen der Gräben sei eigentlich nichts Neues, betonte Hans Ulrich Müller, Hanseatische Naturentwicklung GmbH haneg. Grabenräumung habe es schon im 12. Jahrhundert bei der Kultivierung durch die Holländer gegeben und wurde später von den Landwirten mithilfe von Loteisen durchgeführt. Die im Zuge der Maschinisierung entwickelte Grabenfräse aber räumte dann einmal pro Jahr sehr unökologisch. „Mit dem Programm haben wir das Optimum dessen erreicht, was für Ökologie und Entwässerung getan werden kann“, betonte Müller. Auch Landwirt Bernhard Kaemena zeigte sich zufrieden mit dem Programm, das ein Baustein für den Erhalt von Biotopen sei. So konnten sogar geschützte Arten, die sich im Blockland gut entwickelten, in andere Gebiete exportiert werden.
Text und Foto: Sabine v.d. Decken