Frisch, frisch, frisch

Spargelernte startete Mitte April in Oberneuland

Für viele Genießer der Frühlingsdelikatesse hat Mitte April die sehnlichst erwartete Spargelzeit in Oberneuland begonnen. Das heißt nun auch geschmacklich: Der Frühling ist da!

Und das liegt für die Oberneulander auch noch fast vor der Haustür, denn Ende der 1980-er Jahre begann auf dem Oberneulander Hof Kaemena der Spargelanbau. Auf 4,5 Hektar wächst seitdem eine frühe und eine späte Sorte Asparagus sowie grüner Spargel.

Feinschmecker wissen Bescheid
Wenn sich der zarte grüne Flaum der frisch ausgetriebenen Eichen zeigt, wussten Landwirte früher, dass die Spargelzeit beginnt. Im digitalen Zeitalter sind es digitale, im Spargeldamm integrierte Thermometer, die über die Temperaturverhältnisse im Boden informieren.
Auch im eigenen Garten kann Spargel angebaut werden. Bis zur ersten Ernte dauert es allerdings drei Jahre. Wie bei Hajo Kaemena kann auch dieser Spargel nur zehn Jahre lang geerntet werden. Spargel benötigt idealerweise einen eher sandigen Boden und einen sonnigen Standort, am besten mit Nord-Süd-Ausrichtung. Das Gemüse hat ziemlich lange Wurzeln, deshalb sollte das Pflanzloch etwa 40 Zentimeter tief und breit sein. Der richtige Zeitpunkt, um Spargel zu pflanzen, ist von April bis Ende Mai.
Hajo Kaemena baut zwei niederländische Sorten Bleichspargel an, die sich geschmacklich nicht unterscheiden, sondern nur in ihrer „Reifezeit“ variieren. Die optimale Temperatur an der Wurzel liegt für die Spargelpflanze bei 12 Grad Celsius. Dann beginnt sie auszutreiben. Bei 20 Grad Celsius wächst der Spargel bis zu zehn Zentimeter pro Tag.
Für den optimalen Spargelgenuss ist richtiges Schälen ganz wichtig. Hajo und Bea Kaemena verwenden dafür am liebsten einen Sparschäler mit Zangenkonstruktion. Den Kopf nicht zu schälen, sondern unterhalb des Spargelkopfs mit dem Sparschäler anzusetzen und von oben nach unten zu schälen, ist die adäquate Art. Man beginnt, die Schale dünn zu entfernen. Je weiter man nach unten schält, umso dicker wird abgeschält. „Man sollte nicht zu geizig sein und etwa 20 Prozent des Gewichts abschälen“, rät Kaemena. Das sei auch die Menge, die mit der Spargelschälmaschine entfernt wird. Der Schälabfall muss nicht im Biomüll landen, sondern ist eine hervorragende Basis für Spargelsuppe.
Für den richtigen Spargelgeschmack und Genuss aber sei es immer wichtig, wirklich frischen Spargel zu kaufen. Denn durch eine lange Lagerung verliert er erheblich an Geschmack. Die Frische erkennt man an den saftigen Schnittkanten. Frischer Spargel bricht sofort, alter Spargel verhält sich wie Gummi. Alter Spargel hat eingetrocknete Schnittflächen und hat bereits stark an Geschmack eingebüßt. Ausländischer Spargel ist immer mehrere Tage unterwegs, bis der Kunde ihn endlich auf den Teller bekommt. Daher ist nichts frischer als hiesiger Spargel, denn der liegt einen Tag nach dem Spargelstich bereits im Verkaufsstand.
Es gibt moderne Spargelheber oder auch antike Spargelbestecke aus Silber, um das edle Gemüse stilvoll auf den Teller zu legen. Als Vorlege-, aber auch als Essbesteck finden manchmal Spargelzangen Verwendung. Klassischerweise wurde Spargel früher in der gehobenen Gesellschaft und auch noch bei den englischen Royals mit den Fingern der linken Hand gegessen. Denn die alten Messer waren nicht rostfrei, so dass die Berührung mit dem Gemüse zu starken Rosterscheinungen führte. Beim Genuss ohne Besteck sollten Fingerschälchen mit warmem Wasser und Zitrone bereitgestellt werden. Á la Knigge wird Spargel mit der Spitze nach links auf dem Teller platziert und stets von der Spitze zum Stiel gegessen. Bei aller Freude über den Frühlingsgenuss tut sich aber auch etwas auf dem Oberneulander Hof Kaemena…

„Es ist an der Zeit umzudenken…“
Seit mehr als 40 Jahren wird auf Hof Kaemena Spargel angebaut. Jetzt aber sei Zeit, in die Zukunft zu sehen und umzudenken, sagte Spargelbauer Hajo Kaemena. Denn es scheint so, als ob die Kinder von Bea und Hajo Kaemena nicht in deren Fußstapfen treten werden. Und so wird die Tür irgendwann zugemacht und dann heißt es: „Das war es mit Hof Kaemena.“
Es seien die Steigerungen der Lohnkosten, die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Suche nach Erntehelfern und Verkäuferinnen, die das Saisongeschäft wenig lukrativ und sehr anstrengend werden lassen. Mit den Billigproduzenten in Griechenland und Spanien können deutsche Spargelbauern nicht mehr konkurrieren. Und als kleiner Betrieb, der der Oberneulander Hof Kaemena ist, lohne Mechanisierung und Digitalisierung nicht. Der 55-jährige Oberneulander Spargelbauer arbeitet nach wie vor mit der alten Technik wie 50 Jahre alten Beregnungsrohren aus Metall statt mit Tröpfchenbewässerung aus Einmalplastikschläuchen.
Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind Hajo Kaemena ein großes Anliegen. Dem Wunsch nach frühem Spargel beugt sich der Landwirt insofern, als er seine 186 Spargeldämme mit Folien abdeckt und so ein wärmeres Klima an der Spargelwurzel schafft. „Folie verwenden wir aber nicht wirklich gerne“, betont er, „können uns aber nicht erlauben, darauf zu verzichten.“ Nachhaltigkeit ist der Grund, weshalb er auf seinen Äckern recycelbare Plastikfolien mit einer Lebensdauer von zehn Jahren einsetzt, die ähnlich lange halten wie eine Spargelpflanze beerntet werden kann. Zum Saisonende werden die Spargelfolien dann aufgerollt und über den Winter bis zur kommenden Saison gelagert. Durch die Verwendung von Folien wird nicht nur die Bodentemperatur erhöht und der Zeitpunkt der Spargelernte beeinflusst, sondern auch die Verdunstung und das Unkrautwachstum verringert. Dadurch muss weniger bewässert werden und Herbizide nicht zum Einsatz kommen.
Hajo und Bea Kaemena stellten fest, dass das Spargel- und Erdbeergeschäft in den letzten fünf Jahren aufgrund der Kostenentwicklung und des Klimawandels sehr viel anstrengender und stressiger geworden ist als in den 20 Jahren davor. Zwar hatten sie keine Totalausfälle zu verzeichnen, aber aufgrund der Wetterkapriolen hohe Ausfälle. So machte das Hochwasser auch den Spargelfeldern auf Hof Kaemena zu schaffen. Schon im Oktober waren die Flächen nicht mehr zu befahren.
Spargelpflanzen können acht bis zehn Jahre beerntet werden. Vor drei Jahren pflanzte Hajo Kaemena zum letzten Mal neue Pflanzen auf seinem Oberneulander Acker an. Die kann er, falls er ausrechend Arbeitskräfte findet, noch fünf Jahre lang beernten. Dann wird er keinen neuen Spargel mehr anpflanzen und der Spargelanbau in Oberneuland wird Geschichte sein.
Hatten sie seit 30 Jahren kundenfreundliche Öffnungszeiten, werden sich auch die im Rahmen der wirtschaftlichen Optimierung verändern. Mit halbierten Öffnungszeiten verkauft Hof Kaemena nach wie vor auch in diesem Jahr Spargel und Erdbeeren bei Schlachter Becker an der Oberneulander Heerstraße, an der Schwachhauser Heerstraße/Ecke Metzer Straße, in Borgfeld bei Heike Klattes Milchmanufaktur und bei Edeka Maaß. Von Montag bis Donnerstag haben immer jeweils zwei Stände von 9 bis 17 Uhr geöffnet, freitags sind alle vier Stände geöffnet, samstags drei Stände von 9 bis 13 Uhr. Am Sonntag können Erdbeeren und Spargel bei Edeka Maaß von 9 bis 12.30 Uhr gekauft werden.
„Ich muss massiv einsparen“, erklärte Hajo Kaemena mit Bedauern. Im Zuge der Einsparungen wurde auch der Spargelmontag mit um 50 Prozent reduzierten Preisen abgeschafft, das Angebot von „Spargel von gestern“ bleibt aber bestehen.
Parallel zu den Lohnkosteneinsparungen bei den Verkaufsständen will der Spargelbauer auch bei den Erntehelfern reduzieren, folglich wird sich die geerntete Spargelmenge verringern. Als einen sanften Ausstieg beschreibt Kaemena die Lösung, die für ihn und seine Ehefrau Bea die am zufriedenstellenste ist.

Text: Sabine von der Decken, Foto: privat