Hermann Hildebrand Haus

Hoffnung, Unterstützung und eine liebevolle Umgebung für Kinder in Not

Vinnenweg, Stadtteil Oberneuland. Eine große historische Villa auf einem weitläufigen, parkähnlichen Gelände. Im Gemäuer vor dem Eingang steht der Name Hermann Hildebrand Haus.

Auf den ersten Blick wirkt das Gebäude nicht so imposant wie die bedeutenden Themen, die mit diesem Ort verknüpft sind. Errichtet im Jahr 1867, hat diese Institution eine lange Geschichte hinter sich und leistet seit über einem Jahrhundert einen maßgeblichen Beitrag zum Wohlergehen von Kindern. Seit 1946 ist es eine Einrichtung der stationären Kinder- und Jugendhilfe des gemeinnützigen freien Trägers „Verein Bremer Säuglingsheime“. Die Villa im Vinnenweg ist ein Zufluchtsort und Lichtblick für Kinder und Jugendliche, die aus verschiedensten Gründen nicht bei ihrer Familie leben können. Im Hermann Hildebrand Haus bekommen sie Schutz und Fürsorge, eine liebevolle Gemeinschaft und temporär ein stabiles Zuhause. Im Gespräch mit Ulrich Kenkel, Geschäftsführer vom Hermann Hildebrand Haus.

Ein Lebensort, an dem Kinder mit Sicherheit wachsen und sich entwickeln können 1941 wurde das Hermann Hildebrand Haus, das zuvor bereits für soziale Zwecke genutzt wurde, im Vinnenweg in Betrieb genommen. Fünf Jahre später erfolgte die Übernahme durch den „Verein Bremer Säuglingsheime“. Eine lange Historie, die man nicht so einfach kurzfassen kann, erklärt Ulrich Kenkel und macht einen Zeitsprung. „Ab den 90er Jahren entwickelte sich diese Einrichtung dann so, wie sie heute ist: eine Notaufnahme und Inobhutnahmeeinrichtung für Kinder zwischen 0 und 14 Jahren“. Aktuell hat die Einrichtung 35 Plätze, aufgeteilt in vier Gruppen sowie weitere Inobhutnahme-Außenplätze bei Fachkräften innerhalb einer Familie. Zu dem Hermann Hildebrand Haus gehört auch eine heilpädagogische Wohngruppe mit sieben Plätzen für Kinder und Jugendliche, die langfristig bleiben, die Erziehungsstellen für Fachberatungen und ein Verbundprojekt (E-Team) für ambulante Arbeit. Eine Chronik der Fürsorge seit über 80 Jahren und eine anerkennende Leistung einer sozialen Institution, die in dieser Art die größte Noteinrichtung in Bremen ist.

Inobhutnahme – der letzte Ausweg
Um Kinder und Jugendliche ausreichend vor Gewalt, Verwahrlosung oder Vernachlässigung zu schützen, kann das
Jugendamt eine vorläufige Schutz- und Unterbringungsmaßnahme beschließen. Die Inobhutnahme ist eine entscheidende staatliche Maßnahme, um dieser fragilen Personengruppe in akuten Krisensituationen Schutz und Sicherheit zu bieten. „Die Inobhutnahme wird als letztes Mittel angewandt, wenn andere Hilfs- oder Unterstützungsangebote nicht ausreichen oder greifen“, erklärt Kenkel. Im Hermann Hildebrand Haus werden pro Jahr um die 170 Kinder aufgenommen. Davon gehe laut Kenkel circa die Hälfte zurück in die Herkunftsfamilie, die anderen werden fremd platziert – in Pflegefamilien oder anderen Maßnahmen wie Erziehungsstellen. Die Inobhutnahme erfolgt unter gesetzlichem Rahmen und nach dem Prinzip der gemeinsamen Hilfeplanung und einem gemeinsamen Fallverständnis. Neben den herausfordernden Aspekten bietet die Inobhutnahme auch Chancen: eine vorübergehende Befreiung von Belastungen und Zugang zu professioneller Unterstützung. Durch eine gezielte Intervention und eine individuelle Betreuung wird versucht, in Obhut genommene Minderjährige vor weiterem Schaden zu bewahren und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu erholen und zu entwickeln. Für die Kinder und Jugendlichen kann dies ein Neuanfang und eine Chance für eine bessere Zukunft sein.

Steigender Bedarf und wachsende Anforderungen
Die Verweildauer im Hermann Hildebrand Haus ist relativ lang und nimmt laut dem Einrichtungsleiter zu: deutlich über drei Monate. Auch der Bedarf an Plätzen für Schulkinder ab sechs Jahren sei gestiegen. „Als einzige stationäre Aufnahme für Kinder in Bremen wissen wir, dass es wenig Alternativen gibt und versuchen immer Möglichkeiten zu schaffen – aktuell z.B. durch den Ausbau einer zweiten Gruppe“, so Kenkel. „Wir bemühen uns, den Aufenthalt hier so angenehm wie möglich zu gestalten – in der akuten Krise nicht immer einfach“, führt er aus. Die größte Herausforderung bestehe darin, die Kinder in die vorhandene soziale Struktur zu integrieren, da die Gruppendynamik nicht gesteuert werden könne. Kenkel verdeutlicht: „Kein Kind will hier freiwillig sein. Trauer, Verzweiflung und Wut werden mitgebracht. Diese Gefühle können nicht einfach abgestellt werden. Wenn wir diese Kinder hier nicht auffangen, ist da niemand da und mit diesem Bewusstsein gehen wir an die Arbeit heran.“ Die hohe Anzahl von Inobhutnahmen erfolge laut Kenkel aufgrund der Überforderung von Alleinerziehenden. Er spricht von hoch bedürftigen Müttern, die mit Scham und Versagensgefühlen aktiv das Jugendamt kontaktieren. „In solchen Fällen versuchen wir zu kooperieren, zu unterstützen und zu begleiten“, so Kenkel. „Unsere Grundhaltung „der Kinder wegen“ bedeutet auch immer „der Eltern wegen“, verdeutlicht er. „Das gehört dazu, wenn ich das nicht mitdenke, klammere ich einen wesentlichen Teil aus. Das Ziel ist die Rückkehr nach Hause.“

Bildung, Gesundheit und Sport
Im Hermann Hildebrand Haus erhalten die Kinder und Jugendlichen nicht nur emotionale Unterstützung, Schutz und Fürsorge, sondern auch Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Für Kenkel sei besonders die interne und externe Zusammenarbeit von großer Bedeutung. Das Team im Hermann Hildebrand Haus umfasst einen medizinischen Dienst, eine Heilpädagogin und eine Psychologin. Bei der Ankunft neuer Kinder werden dann gemeinsam erste Förderungsmaßnahmen eingeleitet, u.a. um die gesundheitliche Situation zu verbessern und den Entwicklungsstand zu klären. Die Villa im Vinnenweg verfügt außerdem über ein großes, altersgerecht gestaltetes Außengelände für Spiel im Freien und Bewegung. „Es wäre wünschenswert, mehr Kooperationen mit örtlichen Sportvereinen zu etablieren, die auch bereit sind, Angebote für die Kinder, die nicht lange bei uns bleiben, zu entwickeln“, so der Geschäftsführer.

Unterstützung benötigt: Sach- oder finanzielle Spenden
Die Minderjährigen kommen oft mit nur wenigen persönlichen Gegenständen in der Einrichtung an, ein Mangel an Kleidung ist besonders spürbar. Neben den grundlegenden Bedürfnissen ist die Kleidungssituation für die Schulkinder eine zusätzliche Belastung. Spielzeug ist im Hermann Hildebrand Haus aktuell ausreichend vorhanden. Personen, die etwas abgeben möchten oder unsicher sind, ob dies gebraucht wird, können sich gerne an die Verwaltung wenden. Finanzielle Spenden sind ebenfalls sehr hilfreich, um den Kindern auch individuelle Wünsche zu erfüllen oder medizinische Kosten zu decken, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden.
Die Kinder und Jugendlichen im Hermann Hildebrand Haus haben in der Inobhutnahmeeinrichtung die Möglichkeit, ihre Vergangenheit teilweise zu bewältigen und positive Erfahrungen für die Zukunft zu sammeln. Interessierte, die auch unterstützen möchten, können sich auch gerne telefonisch erkundigen. „Es findet sich immer eine Möglichkeit“, ermutigt der Einrichtungsleiter abschließend.

Text und Foto: Doreen von Oesen

Info:

Der Namensgeber
Das Herman Hildebrand Haus ist benannt nach dem früheren Bremer Wohlfahrtssenator und Bürgermeister Hermann
Hildebrand (1849 – 1939). Er machte sich einen Namen, da er sich in besonderer Weise für die Interessen Notleidender einsetzte.

Der Trägerverein
Der Trägerverein „Verein Bremer Säuglingsheime“ setzt sich für Kinder ein, deren Erziehungs- und Versorgungsanspruch in den Herkunftsfamilien aktuell oder dauerhaft nicht gewährleistet ist. Der Trägerverein ist zudem Gesellschafter von PiB – Pflegekinder in Bremen gGmbH und Teil des Verbundprojektes „E-Team“ der Bremer Inobhutnahme-Einrichtungen.

Das Motto
Das Motto vom Herman Hildebrand Haus „der Kinder wegen“ ist Versprechen als auch Verpflichtung zugleich. Für eine
lebenswerte Zukunft brauchen Kinder Schutz und Hilfe, Zuversicht und Perspektive, Wertschätzung und Empathie.
(Auszug Website)

Spendenkonto:
Die Sparkasse in Bremen
IBAN: DE52 2905 0101 0001 0685 27
BIC: SBREDE22XXX