Kaemena blüht immer mehr auf

Vor einem Jahr startete Hajo Kaemena sein Blühpatenprojekt, bei dem er Teile seiner Ackerflächen vom Aussterben bedrohten Wildbienen zur Verfügung stellt. Mit fachlicher Beratung durch den Biologen und Wildbienenexperten Rolf Witt schuf er bereits auf 13.000 Quadratmetern Brut-, Nist- und Überwinterungsmöglichkeiten sowie spezielle, den Bedürfnissen der Wildbienen angepasste Nahrungsangebote. Innerhalb des recht kurzen Zeitraums haben sich bereits 402 Blühpaten gefunden.

„Das sieht aber wild und ungepflegt aus“, so der Kommentar des einen oder anderen Blühpaten beim Anblick der für die Wildbienen angelegten Flächen. „Sie haben ein falsches Bild vor Augen“, rückt Hajo Kaemena gerade. Denn nicht die kunterbunt und spektakulär blühenden Pflanzen bilden Nahrungsgrundlage der Wildbienen, sondern die Vorlieben und Nahrungs-Spezialisierung der Wildbienen richtet sich auf eher kleine, unscheinbar blühende Kräuter. Mit der von Hajo Kaemena unter der Beratung des Wildbienenexperten ausgesäten Kräutermischung blüht es auf den Oberneulander Flächen zwar wild, aber eher hanseatisch zurückhaltend, deshalb aber nicht weniger effektiv. Aufgrund der sorgsam ausgewählten, den spezifischen Bedürfnissen der Wildbienen angepassten Samenmischung mit Hornklee, Schafgarbe, Glockenblume, Habichtskraut, Kuckuckslichtnelke und vielen anderen regionalen Kräutern konnte Rolf Witt bereits mit der Hosenbiene und der zweihöckrigen Mauerbiene zwei vom Aussterben bedrohte Arten auf Hajo Kaemenas ehemaligen Getreideackerflächen bestimmen. Diese stehen auf der Vorwarnliste für die Rote Liste der bedrohten Arten Niedersachsens. „Scheinbar haben wir das richtige Nahrungsangebot gefunden“, freut sich Kaemena über den Erfolg.
Mitte Mai säte der Oberneulander Landwirt die Kräutermischungen in seine Flächen ein. Für deren Artenreichtum hat Hajo Kaemena mit der manuellen Ausmerzung unerwünschter Kräuter, die nicht zur Nahrung der Wildbienen gehören, viel getan. Aufgrund der Dürre aber, so der Landwirt, habe sich die Fläche nicht ganz so optimal entwickelt. 30 Arten wachsen hier, die nach vier bis fünf Jahren zur Erhaltung der Artenvielfalt untergepflügt und neu eingesät werden müssen.
Bereits in Planung ist die Aufstellung von Infotafeln, auf denen die Arten beschrieben werden, sowie die Anlage eines Erlebnispfads. Denn das Blühprojekt mit Wildwiesen, Totholz und Sanddünen habe großen Erklärungsbedarf. „Sonst sieht es nur aus wie ein großes gebuddeltes Loch“, schmunzelt Kaemena. Die aktuelle Lage sowie die Trockenheit haben den Oberneulander Landwirt aber in dieser Vegetationsperiode sehr gefordert. „Das ist halt die Natur“, sagt er erklärend.
Auf dem Hof Kaemena gibt es Blühflächen sowohl für Honig- wie auch für Wildbienenarten. Auf den für Honigbienen ausgewiesenen Flächen wachsen einjährige Kräuter. Diese Flächen werden im Anschluss an die Vegetationsperiode umgepflügt, um neu eingesät zu werden. Da Wildbienen in Erdhöhlen nisten, werden auf Wildbienenwiesen mehrjährige Kräuter angesät. „Kommt dieser Haufen wieder weg?“, fragt auch Bea Kaemena angesichts eines großen Sandhügels auf der blühenden Wiese. Nein, es ist genauso gewollt. Denn Wildbienen sind Bodenbrüter, die ihre Eier im Sandboden ablegen und sie schichtweise mit Pollen bedecken, damit die frisch geschlüpfte Brut nicht unter Nahrungsmangel zu leiden hat. Zudem legte Hajo Kaemena die „Sanddünen“ auf der Blühfläche an, damit die Wildbienen es nicht weit zur Nahrungsaufnahme haben. Denn je nach Art beträgt der Flugradius nur 50 bis 300 Meter. Damit die Sandberge nicht von Ruderalpflanzen überwuchert werden, rodet er in regelmäßigen Abständen. Beim Anlegen der Düne achtete er auf einen sonnigen, sandigen Standort und Steilwände, damit seine Wildbienen an diesen Stellen ihre Bruthöhlen bauen können.
„Man kann unheimlich viel falsch machen“, weiß Kaemena. Sein Wissen verdankt er der wissenschaftlichen Begleitung seines Projekts durch den Wildbienenexperten. In der Region ist Hajo Kaemena der Einzige, dessen Blühflächen unter wissenschaftlicher Begleitung blühen. Für ihn ist es zwar eine Herzenssache, die wissenschaftliche Basis aber ist ihm wichtig. Hajo Kaemena und Rolf Witt beobachten ganz genau, welche Arten auf Hof Kaemena siedeln und fördern diese optimal durch spezielles Nahrungs- und Nisthilfenangebot in ihrer Entwicklung.
Als Kaemena vor einem Jahr sein Blühprojekt startete, rechnete er mit etwa 100 Blühpatenschaften. Jetzt sind es viermal so viele geworden. „Wir haben ganz viele positive Rückmeldungen erhalten.“ Im ersten Jahr, so der Landwirt, entstanden aufgrund des teuren Saatguts, der vielen Arbeit und der Erstellung einer Webseite hohe Kosten. Aber es wird weitergehen und Kaemena will für das Projekt weitere Ackerflächen zur Verfügung stellen. „Kaemena blüht auf“ kam besser an als gedacht.

Text und Foto: Sabine von der Decken