Neue Heimat in Skandinavien

Oberneulanderin Frederike Deinhard wanderte mit Pony nach Schweden aus

Für sie, die 2007 als Reiterkönigin das Ringstechen des Reit- und Fahrverein Oberneuland RFVO gewann, sei immer klar gewesen, dass Sindbad mit nach Skandinavien zieht. Trotz Arthrose überstand das Pony den langen Transport sehr gut. In diesem Jahr wird er 30 Jahre alt und steht mit anderen Pferden im Offenstall auf einem Trabergestüt. Nachts holt Frederike Sindbad aufgrund seines hohen Alters aber rein. Früher stand das Pony auf dem Ellernhof. Schon seit vier Jahren reitet Frederike ihn nicht mehr. Aber sie geht regelmäßig mit ihm durch den Wald spazieren. Das Hoch und Runter in der hügeligen Landschaft tue ihnen beiden gut, sagt die junge Frau und berichtet, dass sie dabei auch schon Elche getroffen haben.
Zwei Jahre nach ihrer Hochzeit kauften Frederike und Johan ein Haus, das sie aber erst vor zwei Jahren bezogen. Bis dahin hatte das Haus weder Strom noch Wasser. Eine Küche habe sie zwar immer noch nicht, aber einen Holzofen und eine Mikrowelle. Das reiche ihr erst einmal. Denn Johan und Frederike sind beide voll berufstätig und haben nur am Wochenende Zeit für die Renovierung.
„Schweden ist toll“, sagt die 34-Jährige, die als Fremdsprachenlehrerin arbeitet. In ihrer Gemeinde gibt sie zudem Muttersprachenunterricht. Zur Stützung der sprachlichen Identität richtet er sich an alle Kinder, bei denen ein Elternteil deutschsprachig ist. Der Unterricht des Schulfachs findet nach Schulschluss statt und die Teilnahme ist wie bei einer AG freiwillig. Allerdings erhalten die teilnehmenden Kinder Creditpoints für das Gymnasium. Etwas Vergleichbares, so Frederike Deinhard, kenne sie aus Deutschland nicht. Bekunden mindestens fünf Eltern Interesse am Muttersprachenunterricht, sei die Gemeinde verpflichtet, einen Deutschlehrer anzustellen. In der Auswahl der Themen ist Frederike im Muttersprachenunterricht frei, der Lehrplan fordert nur den Erwerb der Sprachkompetenz. Sie lesen gemeinsam Bücher, Gedichte oder singen Lieder, aber alles auf Deutsch. Ziel sei es, dass Kinder sich selbstbewusst in der Sprache bewegen können. Viele der Kinder kennen Deutschland nur aus Erzählungen. Während des Unterrichts werden kulturelle Unterschiede thematisiert. Der Unterricht biete auch viele Vorteile für den Spracherwerb anderer Sprachen. Über den Muttersprachenunterricht lernte die Bremerin viele andere in der Region lebende Deutsche kennen. Frederike Deinhard ist momentan Klassenlehrerin einer siebten Klasse. Ihre Schule sei „schuhfrei“, alle Kinder hätten Schulcomputer und das kostenlose Schulessen werde täglich frisch gekocht, berichtet sie begeistert. Ganz selten stehe sie allein in ihrer Klasse. In aller Regel arbeitet sie gemeinsam mit Lehrer- und Schülerassistenten im Team.
Sie kam 2015 mit der Flüchtlingswelle in Schweden an und lernte schnell im Rahmen der angebotenen Sprachkurse. Nach einem Jahr kam sie in ihrer neuen Heimat sprachlich gut klar. Johan und sie aber kommunizieren in aller Regel auf Englisch, nur manchmal sprechen sie schwedisch miteinander. Weil Johan in der Schule auch Deutsch gelernt hat, gibt es zudem durchaus auch mal deutsche Tage. Aber drei Sprachen in einer Beziehung seien manchmal auch etwas viel, sagt sie.
Die Schweden seien entspannt und ruhig. Alles passiere, wie es eben passiert. Die Leute hätten hier mehr Zeit füreinander, stellt sie fest. Seit zwei Jahren unterrichtet Frederike Deinhard in den Klassen 6 bis 9 die Fremdsprache Deutsch. Neben ihrem Vollzeitjob absolviert die studierte Grundschullehrerin an der Uni Göteborg noch ein Zusatzstudium, um die offizielle schwedische Lehrerlizenz zu bekommen. Sie geht davon aus, dass sie ihren Abschluss in zwei Jahren in den Händen halten wird. 15 Kilometer wohnt sie von ihrem Arbeitsplatz an der Schule entfernt. Allein fünf Kilometer von der Strecke entfallen auf den Weg zu ihrem Briefkasten. „Wir wohnen mitten in der Natur“, sagt sie. Das sei auch der Grund, weshalb sie gerne auf Luxus verzichte. Noch im März hatten sie 40 Zentimeter Neuschnee und ihre Straße wurde nicht geräumt. Wegen des Schneechaos konnte sie trotz Winterreifen nicht zur Schule fahren. Im Sommer sind die Tage in Schweden lang und hell, im Winter wird es ab 15 Uhr dunkel. „Das war hart“, sagt sie über die erste Zeit, sagt aber auch, dass sie sich langsam daran gewöhnt hat. Mittsommer hat sie in Schweden noch nie gefeiert, ihr liebstes Fest ist das traditionelle Krebsessen zum Ende des Sommers. Frederike Deinhard hat mittlerweile viele schwedische Freunde, bekommt aber auch viel Besuch aus Deutschland. Im Gegensatz zu Bremen kann sie aber in ihrer neuen Heimat nicht das Fahrrad benutzen, um ihre täglichen Wege zurückzulegen.

Text: Sabine v.d. Decken, Foto: Frederike Deinhard