Schutz der Wildbienen
Blühpfad auf Hof Kaemena
Hajo Kaemena führte Anfang Juli interessierte Oberneulander über den neu angelegten Wildbienenpfad, der auf einer vor zwei Jahren angelegten Blühfläche 1 entstand.
Vor Ort informierte er über das Leben bedrohter Insekten, speziell der Wildbienen. An dem sich durch die Blühfläche mit Sandflächen, Lehmsteilwänden und Staudenbeet schlängelnden Weg stehen etliche Informationstafeln, die über Leben und Lebensbedingungen der Wildbienen detailliert informieren.
„Als Landwirt habe ich mir Gedanken gemacht, inwieweit die Landwirtschaft das Insektensterben zu verschulden hat“, so der Oberneulander Landwirt, und festgestellt, dass „auf intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen bedrohte Insektenarten nicht vorkommen“.
Die Geburtsstunde von„Kaemena blüht“ vor 10 Jahren
Aus diesem Beweggrund legte Kaemena vor zehn Jahren erste Blühstreifen auf seinen Flächen an und entwickelte das Projekt „Kaemena blüht“. Ziel des Projekts ist, aus Ackerflächen wieder Biotope werden zu lassen und mit Blühflächen vornehmlich Wild- statt Honigbienen zu helfen. Hajo und Bea Kaemena haben mittlerweile zehn Blühprojekt-Parzellen auf ihren Flächen angelegt. „Das mache mehr Sinn als eine einzige große Fläche“, weiß der Landwirt, der sich mit der Materie intensiv auseinandersetzt. „Mein Vater würde sicherlich wenig Verständnis dafür haben, dass er gutes Ackerland nicht bewirtschaftet“, sagt Kaemena grinsend.
Spezielle Nahrungsangebote für Wildbienen
Mit fachlicher Beratung durch den Biologen und Wildbienenexperten Rolf Witt wurden den Bedürfnissen der Wildbienen angepasste spezielle Nahrungsangebote sowie Brut-, Nist- und Überwinterungsmöglichkeiten geschaffen. Für das Projekt konnte der Landwirt bereits mehr als 600 Blühpaten gewinnen, die es dem Landwirt ermöglichen, drei Hektar aus der landwirtschaftlichen Nutzung herauszunehmen, um sie den vom Aussterben bedrohten Wildbienen zur Verfügung zu stellen.
Diplom-Biologe Rolf Witt ist total begeistert von Kaemenas Blühprojekt. Auf dessen Fläche entdeckte er bereits die „Gelbe Schornsteinwespe“, eine Wildbienenart, die er seit 20 Jahren nicht mehr gefunden hat. Um einen nachhaltigen Beitrag zum Schutz gegen Artenschutz zu bilden, müsse man allerdings auf Langfristigkeit setzen, machte Kaemena unmissverständlich deutlich. Einjährige Blühstreifen seien in aller Regel nur für Honigbienen interessant, nicht aber für bedrohte Wildbienenarten. „Mit den einjährigen, bunt blühenden Streifen rettet man keine einzige bedrohte Wildbiene, von denen es in der Region Bremen etwa 300 Arten gibt“, so Kaemena. Denn etwa drei Viertel der Wildbienen nisten im Boden, bohren an ausgewählten Stellen Löcher in die Erde und legen darin ihre Nisthöhlen an, die mit der Bodenbearbeitung der einjährigen Flächen im Winter wieder zerstört werden.
Konzept mit regionalen Gehölzen wie der Oberneulander Hecke Für das Wildwiesenprojekt auf Hof Kaemena säte er zertifiziertes Regiosaatgut aus, das speziell auf die Bedürfnisse der in dieser Region vorkommenden Wildbienen abgestimmt ist. „Es gibt Wildbienen“, so Kaemena, „die sich auf die Kuckuckslichtnelke spezialisiert haben, ein Kraut, das früher in vielen Wiesen vorkam“. Gemeinsam mit Rolf Witt entwickelte der Oberneulander Landwirt ein Konzept, das auf der Schaffung von Nahrungsquellen und Nistmöglichkeiten basiert. Mithilfe der Kombination von regionalen Gehölzen wie der Oberneulander Hecke sowie regionalen Kräutern und Stauden wird das Pollenangebot für die bedrohten Arten ergänzt und verlängert. Im Mai säte Kaemena das für heimische Feldraine und Säume bestimmte Saatgut mit Hornklee, Schafgarbe, Glockenblume, Habichtskraut, Kuckuckslichtnelke und vielen anderen regionalen Kräutern auf seinen Flächen aus. Denn ein Drittel aller nestbauenden Wildbienen sind auf den Pollen standorttreuer Blühpflanzen und entsprechende Nisthilfen angewiesen, da ihr Flugradius je nach Art nur 50 bis 300 Meter beträgt. Da die Wildbienen nur eine Lebenszeit von drei bis vier Wochen haben, seien einjährige Blühstreifen für deren Artenschutz sinnlos. Auch Saatmischungen aus Baumarkt und vom Discounter helfen, da der Region nicht angepasst, für den Artenschutz der Wildbienen gar nicht. Für die hohle Pflanzenstängel und Tot-holz als Nisthöhlen nutzenden Arten bestückten Bea und Hajo Kaemena den Erlebnispfad mit altem Wurzelholz und Weidepfählen. „Ich verzichte mittlerweile auf das Osterfeuer“, so Kaemena, „und stelle das alte Holz lieber den Wildbienen als Nistmöglichkeit zur Verfügung“. Der Landwirt rät vom Kauf von Insektenhotels aus dem Baumarkt ab, sondern plädiert für Selbstgemachtes.
Wissenschaftliche Begleitung durch Wildbienenexperten
„Besucher sehen nur Unkraut“, sagt Hajo Kaemena lachend und verweis auf die Kleinblütigkeit des Regiosaatguts. Aber genau diese Kräuter haben die Pollen, die die sich vegetarisch ernährenden Wildbienen für ihre Ernährung brauchen. Unterschätzt haben sie bei der Anlage der Blühflächen den Aufwuchs an unerwünschten Kräutern wie Gänsefuß. In Handarbeit muss dieses „Unkraut“ entfernt werden, um den Konkurrenzdruck für die erwünschten Kräuter zu mindern. „Das macht die Sache recht aufwändig“, so Hajo Kaemena. Kaemenas Blühprojekt unterscheidet sich von anderen Blühprojekten durch Langfristigkeit, vor allem aber durch die wissenschaftliche Begleitung durch den Wildbienenexperten Rolf Witt aus Edewecht, der nicht nur viel Wert auf die richtige Bepflanzung, sondern auch auf das Vorhandensein von Nisthilfen zur Überwinterung legt. In regelmäßigen Abständen besucht der ostfriesische Bienenexperte den Kaemenahof. Auch im heimischen Garten kann man einiges für den Artenschutz der Wildbienen tun. Schon eine freie, nicht bepflanzte Sandfläche im Garten bietet Wildbienen Nistmöglichkeiten. Im Kübel gepflanzte regionale Kräuter bieten auch auf dem Balkon Nahrung für Wildbienen, zu denen auch Hummeln zählen. Je weniger man im Garten macht, umso besser ist es für die bedrohten Wildbienen- und Insektenarten. Um den Wildbienen das komplette Nahrungsangebot seiner Fläche zugutekommen zu lassen, verzichtet der Oberneulander Landwirt zur Erdbeerblüte auf die Unterstützung von Imkern und deren Bienenvölkern.
Noch ist die Ausschilderung zum Blühpfad nicht fertig. Für den Besuch geht es zu Fuß am Hof (hier Parkmöglichkeit) 300 Meter vorbei und dann rechts in den Weg. Der Pfad ist bis Spätherbst durchgehend geöffnet, dann werden die Infotafeln bis zum Frühjahr eingelagert, der Pfad ist aber weiterhin offen. Pfad und Flächen haben in diesem Jahr sehr unter der Trockenheit gelitten und sind immer noch in der Phase der Fertigstellung.
Text und Foto: Sabine von der Decken / Hajo Kaemena