Ein Abend der offenen Fragen

Mühlenfeld-Bebauung

Zur Podiumsdiskussion lud der Bürgerverein Oberneuland e.V. Senatsbaudirektorin Dr. Iris Reuther und Tamina Kreyenhop in den
Lür-Kropp-Hof ein. Gesprächsthema: die Bebauung des Mühlenfeldes.

Dass es ein Abend der Emotionen würde, war wahrscheinlich allen Beteiligten klar. Dass es ein Abend der offenen Fragen blieb, wohl weniger. Die Senatsbaudirektorin Iris Reuther hatte sich zur Unterstützung Stadtplaner Torsten Kaal mitgebracht und freute sich sichtlich, endlich mal wieder an einer Live-Veranstaltung teilzunehmen.
Kay Entholt begrüßte die Damen in seiner Funktion als Vereinsvorstand und Moderator des Abends und überreichte Iris Reuther zunächst eine Unterschriftensammlung. Mehrere Hundert Oberneulander hatten sich mit dieser gegen die Bebauung mit Wohnblocks und Reihenhäusern ausgesprochen.
„Ich habe die Einladung so verstanden, dass wir über das Projekt Mühlenfeld sprechen. Darauf bin ich eingestellt und deswegen habe ich Herrn Kaal dabei“, stellte die Senatsbausenatorin gleich zum Auftakt klar. Und erläuterte, wie ein solches Großprojekt eigentlich geplant wird. Sie sei sich der Kontroverse durchaus bewusst, aber das Thema Wohnungsbau beträfe alle Stadtteile, sowie Senat und Bürgerschaft. Und für alle gelte, dass gewisse Wohnungsformen und Gebäude-typen Standard seien. „Für das Feld sind Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften, Mehrfamilienhäuser und ein Reihenhaus-Ensemble auf unterschiedlich großen Grundstücken vorgesehen. Insgesamt 198 Wohneinheiten“, erläutert sie. „Der Investor verpflichtet sich zu 25 Prozent gefördertem Wohnraum, der für 20 Jahre an Mietkonditionen zwischen 6,10 und 6,50 Euro pro Quadratmeter gebunden ist.“
In der Konzeption müssen Schallschutz, Parkmöglichkeiten, Infrastruktur und auch Versiegelung berücksichtigt werden. „Ich kenne die Mühle gut und denke, dass sie einen souveränen Auftritt verdient“, sagt Iris Reuther, und dass die Entwicklung dieser Standards eine wichtige Frage im Senat seien.
Als Beiratssprecherin bat Tamina Kreyenhop um „Wertschätzung der Dorfgemeinschaft. Die Mühle ist ein Kleinod und hat für uns Oberneulander eine ganz besondere Bedeutung. Sie ist unsere Sehenswürdigkeit und unser Fotomotiv.“ Aus diesen Beweggründen habe sie den Investor frühzeitig gewarnt, schließlich gingen alle bei einer geplanten Bebauung von maximal 70 Einfamilienhäusern aus. „Der 1. Entwurf hat uns als Beirat dementsprechend sehr überrascht. Jetzt wünschen wir uns, dass es ein bisschen Oberneuland bleibt.“
„Keine Flachdächer, die Mehrfamilienhäuser sollen im Grünen stehen und die Einfamilienhäuser individuell sein – das ist die Referenz, die wir an Oberneuland gemacht haben. Außerdem sind nur 25 Prozent geförderter Wohnungsbau geplant, obwohl mittlerweile 30 Prozent in Wohngebieten vorgesehen sind“, so Reuther. „Wir haben hier nichts gegen geförderten Wohnungbau“, macht Tamina Kreyenhop deutlich. Und meint: „Eine Planung mit 30 Prozent und ohne Reihenhäuser wäre uns lieber. Es ist schon faszinierend, wie die Klimakonzepte ins Hintertreffen geraten, wenn es um die Wohnungspolitik geht.“
Der Investor hat gegenüber Tamina Kreyenhop gesagt, dass die Stadtplanung die Gebäudeanzahl in die Höhe getrieben habe. Und Reuther kontert, das sei der politischen Beschlusslage geschuldet. „Bis 2030 werden 500 Wohneinheiten zusätzlich in Oberneuland benötigt“, erläutert Torsten Kaal.
Wie hoch denn die maximale Höhe der Gebäude sei – war eine der ersten Fragen aus dem Publikum, deren Antworten im Endeffekt offen blieben. „Das kann ich nicht sagen, die Intention des Abends ist es nicht, über die Zentimeter zu sprechen“, machte Torsten Kaal klar. Genauso ging es bei Nachfragen zum Verkehrskonzept, Regenwasser-Entwässerung, Parkmöglichkeiten oder Mehrgenerationenhaus. Seitens Iris Reuther und Torsten Kaal wurde entweder auf Gutachten, die in der Erstellung seien, verwiesen oder die Antwort mit „diese Frage nehmen wir gern mit“ charmant umschifft. Besonders erstaunt hat die Antwort, dass die Behörde im Schnitt mit zwei Bewohnern pro Wohneinheit rechnet, aber die Reihenhäuser gleichzeitig ein Angebot an junge Familien darstellen sollen. Im November wird der Bebauungsplan voraussichtlich öffentlich ausgelegt. Ob dieser noch verhandelbar sei, wollte ein Besucher wissen, „schließlich handelt es sich hier um ein ‚Sahnegrundstück’, da sollte auch eine ‚Sahnebebauung’ entstehen.“ Daraufhin verwies Iris Reuther auf den nächsten Schritt im Bauleitverfahren: „Im Rahmen der öffentlichen Auslegung des B-Planes werden die von Bürger:innen geäußerten Anregungen und Bedenken aufgenommen und in einer Abwägung entsprechend behandelt werden.“

Text und Foto: Antje Scheinert