Einfach mitmachen!

Engagierte Bürger gesucht

Es ist wieder Wahlkampf, vor den Supermärkten wird politisch gefachsimpelt. Oft führen die Gespräche zur Erkenntnis, dass „die da oben“ ja eh machen, was sie wollen. Dabei ist die politische Einflussnahme im eigenen Stadtteil ganz einfach. Wie man die Entwicklung Oberneulands selbst mitgestalten kann, erklärt Beiratssprecherin Tamina Kreyenhop.

„Der neue Spielplatz auf dem Gelände des Elefantenkindergartens, neue Baumpflanzungen, die Unterstützung von Sportvereinen und Feuerwehr – darüber bestimmen wir im Stadtteil selbst“, sagt Tamina Kreyenhop, die Sprecherin des Oberneulander Beirats, dem sogenannten Stadtteilparlament. Es verfügt über Globalmittel, 23.000 Euro im Jahr, die jeder Bürger und jede Bürgerin beantragen kann – der Beirat entscheidet dann, wo das Geld fließt.
„Das können kleine und größere Investitionen sein“, so Kreyenhop. „Und da, wo wir merken, dass das Land zuständig ist, ziehen wir die Themen auf die große Agenda.“ So kam aus der Bevölkerung des Büroparks Oberneuland der dringende Wunsch nach einem Zebrastreifen von der Lisa-Keßler-Straße über das Achterdiek – solche Dinge können und sollen nicht aus Globalmitteln finanziert werden. Der Verkehrsausschuss, mit seinem Sprecher Simon Zeimke, kämpfte daraufhin über Jahre für den Bau und konnte ihn nach zähen Verhandlungen und unzähligen Vor-Ort-Terminen endlich durchsetzen.

Kampf um die Bürgerbeteiligung am Mühlenfeld
Das wohl größte Thema, das den Beirat in dieser Legislatur beschäftigt, ist die Bebauung des Mühlenfeldes. „Nachdem uns auf einer turbulenten Einwohnerversammlung über 300 Wohneinheiten und eine schmale Sichtschneise auf die Mühle vorgestellt worden waren, haben wir als Beirat den Auftrag der Bevölkerung wahrgenommen und deutlich Einspruch gegen diese Überfüllung des Feldes eingelegt“, berichtet Kreyenhop. Im Oktober 2020 wurden daraufhin überarbeitete Pläne mit weniger Wohneinheiten gezeigt, die öffentliche Auslegung erfolgte im Dezember 2021. Beirat und Bürger konnten ihre Stellungnahmen zur öffentlichen Auslegung im Frühjahr 2022 einbringen.
Über 400 schriftliche Einwendungen sind bei der Stadt eingegangen, eine „außergewöhnlich große Zahl“, hört man aus Mitarbeiterkreisen der Behörde. „Und jetzt müssen wir erleben, dass den Einwänden der Bürgerinnen und Bürger und des Beirats ohne weitere Erklärung zumeist nicht gefolgt wird und der Bebauungsplan noch in der letzten Deputations- und der letzten Bürgerschaftssitzung der aktuellen Regierung verabschiedet wird“, protestiert Kreyenhop. „Oberneuland darf sich hier zu Recht über eine Politik aufregen, für die Bürgerbeteiligung nur Lippenbekenntnisse sind.“

Sanierung der Oberneulander Landstraße
Allein deshalb brauche es mehr Engagierte, die sich für Oberneuland einsetzen und den Stadtteil gestalten wollen. Viele haben sich bei einer kürzlichen Befragung durch den Weser-Kurier über die schlechten Straßenzustände beschwert. „Auf Anregung unseres Beiratsmitglieds Frank Müller-Wagner finanzieren wir jetzt aus dem ‚Stadtteilbudget Verkehr‘ für einen Abschnitt der Oberneulander Landstraße eine Planung für Fahrrad- und Fußwege sowie eine breitere Straße ohne Baumfällungen, weil die Stadt dafür ‚kein Personal‘ hat, wir aber endlich möchten, dass die Straße vernünftig saniert wird“, so Kreyenhop. „An solchen Bewegungen in Oberneuland kann man sich beteiligen, man kann mitbestimmen, man kann unmittelbar gestalten. Das ist für mich seit 30 Jahren ein großer Anreiz. Ich habe wirklich das Gefühl, dass wir Oberneuland prägen.“

Einbringen ist auch als „Nicht-Politiker“ möglich
Der Beirat tagt in der Regel einmal im Monat – aber nicht in den Ferien. Um hier mitzumachen, muss man gewähltes Mitglied sein. Das passiert alle vier Jahre und wieder am 14. Mai 2023. Aber man kann sich auch als „Nicht-Politiker“ einbringen, als sogenannter „sachkundiger Bürger“. „Um die Beiratsarbeit fachlich auf breitere Füße zu stellen, kann jeder Beirat Ausschüsse bilden“, erklärt Tamina Kreyenhop. „In Oberneuland setzen sie sich aus jeweils sieben Mitgliedern zusammen, die mehrheitlich dem Beirat angehören müssen. Die übrigen drei Mitglieder sind ‚sachkundige Bürger‘, die bevorzugt aus Oberneuland kommen und sich mit dem jeweiligen Fachgebiet gut auskennen.“
In Oberneuland gab es in der letzten Legislatur vier Ausschüsse, die bis auf den Bauausschuss ebenfalls öffentlich tagen. Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt, Verkehr und Landwirtschaft kümmert sich um Anträge auf 30er-Zonen, Baumpflanzungen und Straßenausbauten. Der Ausschuss für Bildung, Soziales, Jugend und Sport hat vor allem die Schulen und Kitas des Stadtteils im Blick, kümmert sich um ihre Versorgung, Ausstattung und Bauplanungen. Der Projektausschuss kommt immer dann zusammen, wenn es konkrete Projekte im Stadtteil gibt, die es zu entwickeln gilt. „In Oberneuland ist das derzeit die Entwicklung am Achterdieksee, wo wir mehr Angebote für Jugendliche schaffen wollen“, weiß Kreyenhop. „Unser sachkundiger Bürger Peter Albert (parteilos) hat hierfür umfangreiche Pläne erarbeitet, die es nun in der nächsten Legislatur abzuarbeiten gilt.“
Der Bauausschuss tagt alle 14 Tage, damit Bauakten zügig bearbeitet werden können. Alle anderen Ausschüsse kommen je nach Informationslage zusammen und können wie der Beirat Vertreter der Behörde einladen, um spezielle Themen tiefer zu bearbeiten. „Es gibt wirklich kurze Wege und viel Konsens bei uns im Stadtteil, die Arbeit macht großen Spaß und fühlt sich wirksam an“, sagt die Beiratssprecherin. „Auch Menschen mit Berührungsängsten zur Politik können vor Ort schnell und unkompliziert mitmachen und wir im Beirat freuen uns immer über neue Sichtweisen, Ideen und Unterstützung. Das macht Oberneuland lebendig, das macht es zu unserem Stadtteil.“

Info: So setzt sich der Beirat zusammen
In Bremen dürfen Sie am 14. Mai 2023 neben der Bürgerschaft auch die Beiräte neu wählen. Beiräte gibt es in insgesamt 22 Stadt- bzw. Ortsteilen – so auch in Oberneuland.
Maßgeblich für die Anzahl der Beiratsmitglieder ist die Einwohnerzahl der amtlichen Bevölkerungsstatistik am 31. Dezember des vorletzten Jahres vor Ende der Wahlperiode.
13.823 Einwohner zählte Oberneuland am 31.12.2021. Damit besteht der Beirat aus 13 Mitgliedern. Diese müssen 18 Jahre alt sein und mindestens drei Monate im Beiratsgebiet wohnen.
Im Gegensatz zu den Mitgliedern in der Bürgerschaft, die für ihr Mandat bezahlt werden, sind Beiratsmitglieder ehrenamtlich tätig.